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26.03.2011 Bundesliga

KN-Abpfiff: Löst AG Kopenhagen die Löwen als Spielzeug ab?

Aus den Kieler Nachrichten vom 26.03.2011:

Verliert Jesper Nielsen die Lust an seinem Spielzeug? Seit drei Jahren füttert der Unternehmer die Rhein-Neckar Löwen. Der Handball-Bundesligist sollte sich, so sein Wille, aus der Retorte zum besten Verein der Welt entwickeln. Und dann diese Schlagzeile: Nielsen holt Bielecki, Stefansson, Gunnarsson, Lijewski und Sigurdsson zu AG Kopenhagen. Eine Zeile mit Wucht, würde sie doch den Ausverkauf der Löwen bedeuten. Doch einen Tag später ruderte Nielsen, der auch den dänischen Tabellenführer finanziert, in einem Interview mit dem "Mannheimer Morgen" zurück. Er wäre falsch zitiert worden, sagte Nielsen, der mit dem Verkauf von Mode-Schmuck wohlhabend geworden ist. "Ich habe nur gesagt, dass ich Spieler dieser Kategorie nach Kopenhagen holen möchte." Stand heute wird wohl nur der Isländer Stefansson tatsächlich diesen Weg beschreiten. Der 37-Jährige wird sich kaum wehren können, sein Monatsgehalt von rund 40 000 Euro netto wird ihm von Nielsen überwiesen.
Mit der Leichtigkeit eines Lausbubs wischt Nielsen immer wieder Gesagtes vom Tisch und erklärt das Gegenteil zur neuen Wahrheit. So eiste er im Sommer den Rechtshänder Mikkel Hansen vom FC Barcelona los. Der 23-Jährige, der bei der WM zuletzt Torschützenkönig wurde, sollte ein Löwe werden. Da Barcelona aber einem Transfer in die Bundesliga nur mit einer hohen Ablöse zugestimmt hätte, sollte der schlaksige Däne mit dem Björn-Borg-Stirnband in Kopenhagen geparkt werden. Und heute? "Wir werden ihn in den nächsten Jahren nicht bei den Löwen sehen", sagt Nielsen, der 250 Millionen Euro kassiert haben soll, als er jüngst seine Unternehmensanteile veräußerte. Hansen, so der Plan, wird eine dänische Sportikone und unterschreibt bei AG einen Rentenvertrag.

Tempo - das ist das Stichwort für Nielsen, der sechs Monate im Jahr auf Mallorca lebt. Um seine Leidenschaft für den Sport ausleben zu können, leistet sich der 41-jährige Däne eine Flugbereitschaft, die ihn angeblich 150 000 Euro im Monat kostet. So war es ihm möglich, an einem Nachmittag seine Löwen in Sarajewo zu besichtigen und am Abend in Kopenhagen in der Loge eines Fußball-Erstligisten zu sitzen.

15 Jahre spielte er Handball beim Drittligisten Albertslund/Glostrup und sein Traum war stets, einen eigenen Verein zu besitzen. Nach der Pleite des Erstligisten FC Kopenhagen und der Fusion mit seinem Heimatklub hat er einen - AG Kopenhagen. Der Tabellenführer führt die Liga mit zwölf Punkten Vorsprung an und ist am 24. Spieltag noch ungeschlagen. 7500 Zuschauer kommen zu den Heimspielen, Feste, die stets ausverkauft sind. In Dänemark scheint zu klappen, was im Badischen einfach nicht gelingen will - mit viel Geld Titel gewinnen.

Kopenhagen, so die Strategie, sollte der Ausbildungsbetrieb für die Löwen werden. Aber Nielsen wäre nicht Nielsen, wenn es nicht schon wieder einen neuen Plan gäbe. So sollen seine Spielzeuge nun in nicht mehr allzu ferner Zukunft das Champions-League-Finale bestreiten. Gelegentlich, so der Eindruck, überholt sich der Freund schneller Autos selbst. So soll er ohne Absprache mit dem damaligen Trainer Ola Lindgren und Manager Thorsten Storm entschieden haben, dass Robert Gunnarsson ein Löwe werden soll. Den Schweizer Andy Schmid wollte er unbedingt im Löwen-Trikot sehen, den Vertrag mit Oliver Roggisch verlängerte er eigenmächtig, obwohl Storm, so ist zu hören, das limitierte Raubein lieber durch den jungen Alexander Becker ersetzt hätte. Drei Fehlentscheidungen.

Nielsen hat offensichtlich das Kind in sich bewahrt. Allerdings mussten seine Löwen auch schon spüren, dass hinter der Kumpel-Fassade ein knallharter Typ steckt: So strich er ihnen in der vergangenen Saison die Abschlussfahrt nach Mallorca und lud stattdessen die weibliche B-Jugend ein: Sie hatte den süddeutschen Pokal gewonnen...

(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 26.03.2011)


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