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11.02.2012 Verein

Zebra-Journal: Als Kretzsche es in Island richtig krachen ließ

Plauderrunde bei THW-Weihnachtsfeier ließ tief blicken

Aus dem Zebra-Journal der Kieler Nachrichten vom 08.02.2012:

Talkrunde: TV-Moderator Gerhard Delling, Stefan Kretzschmar und Alfred Gislason.
Klicken Sie zum Vergrößern! Talkrunde: TV-Moderator Gerhard Delling, Stefan Kretzschmar und Alfred Gislason.
Dass eine Weihnachtsfeier mehr bieten kann als gutes Essen und geistreiche Getränke, bewies der THW Kiel mit der ersten "inteam"-Veranstaltung in der Business-Lounge der Sparkassen-Arena. Rund 250 Freunde, Förderer und Sponsoren lauschten bei der gemeinsamen Weihnachtsfeier mit der Mannschaft einer launigen Talkrunde, in der THW-Trainer Alfred Gislason und Star-Gast Stefan Kretzschmar Einblicke in ihre gemeinsame Vergangenheit gewährten (siehe auch Bericht).
"Bin ich hier beim Tennis?" Der wortgewaltige ehemalige National-Linksaußen und heutige Sport1-Moderator Stefan Kretzschmar, sonst nie um einen Spruch verlegen, wähnte sich auf dem Podium in der falschen Sportart. Zwischen TV-Moderator Gerhard Delling, der durch den Abend führte, und einem entspannten und gleichzeitig angriffslustigen Alfred Gislason sah Kretzschmar zunächst keinen Stich: "Die Sätze fliegen zwischen euch nur so hin und her, dass mir hier beinahe schwindelig wird." Doch es dauerte nicht lange, dann durfte auch der frühere Schützling von Gislason beim SC Magdeburg mit in die Diskussion einsteigen - vielleicht mehr, als ihm manchmal lieb war. "Als ich nach Magdeburg kam, musste ich erst einmal klar machen: Das ist nicht der SC Kretzschmar, das ist nicht der Club des "King of Currywurst", öffnete Gislason das Nähkästchen, aus dem in den folgenden 90 Minuten noch viele weitere Anekdoten folgen sollten.

Kretzschmar habe ihm in der Landeshauptstadt Sachsen-Anhalts anfangs "tierische Probleme" bereitet, gestand Gislason. Ausgerechnet in Gislasons isländischer Heimat hatte es "Kretzsche" einmal richtig krachen lassen. "Weil sonntags in Reykjavik nichts los ist, wollten wir halt am Abend vor dem Spiel einen Drink nehmen", erinnerte sich die Magdeburger Nummer 73. Aus dem einen Drink wurden zehn, "und auf dem Nachhauseweg lockte noch eine Disco". Im Champions-League-Spiel habe er zwölf Tore gemacht. "Das beste Spiel meines Lebens." Doch einem Alfred Gislason entging der Fehltritt des Kultspielers nicht. "Als ich mir tags darauf die Aufzeichnung des isländischen Fernsehens ansah, erklärte der Reporter, dass ihn Kretzschmars Leistung überrascht habe - schließlich hätte er ihn am Vorabend des Spiels noch um vier Uhr in der Disco gesehen." Die Konsequenz: "Ein richtiger Einlauf, vom Feinsten", wie Kretzschmar es ausdrückte. Gislason nannte es anders: "Mich nervt es einfach, wenn Menschen, die mit soviel Talent ausgestattet sind, nichts daraus machen", sagte der ehemalige Magdeburger Coach mit Seitenblick auf seinen ehemaligen Linksaußen. Beim THW Kiel habe er nichts an der Disziplin der Mannschaft zu bemängeln, schob der Er- folgstrainer nach: "Ich habe Vertrauen zu meinen Spielern, denn sie wissen genau, was sie in ihrer spärlichen Freizeit tun oder lassen sollten. Ich weiß, dass sie nicht übertreiben, denn alle sind genauso besessen vom Erfolg wie ich."

Diese Besessenheit sei es auch, warum er während des Spiels in seiner eigenen Welt sei, gab Gislason unumwunden zu: "Ich lebe und liebe dieses Spiel. Später schäme ich mich aber manchmal, wenn ich mich noch einmal im Fernsehen rumhampeln sehe." Vor allem im November und Dezember habe er es schwer, vom Handball abzuschalten. "Ich arbeite sieben Tage für den Sport und den Erfolg, Freizeit habe ich dann noch we- niger als sonst." Auch wegen dieser Akribie sei Gislason ein harter Trainer gewesen, berichtete Kretzschmar. "Er gehörte ja auch der Sorte Spieler an, die mit gebrochenem Bein noch gespielt hätten. Das erwartet er auch heute von seinen Akteuren." Er erinnerte sich an eine "schmerzhafte Bandscheiben-vorwölbung", mit der er ein wichtiges Spiel bestreiten sollte. Auch Gislason hatte die "Verletzung" seines Spielers noch vor Augen: "Das war für mich in etwa so schlimm wie Kreislaufprobleme." Also musste Kretzschmar spielen. Mit zunehmender Erfahrung sei er aber viel ruhiger geworden, warf Gislason ein. "Heute höre ich auf die Ärzte."

Auch, weil Gislason hofft, noch lange in Kiel bleiben zu können. "Allerdings weiß ich auch, dass man es sich beim THW nicht erlauben kann, zwei oder drei Jahre hintereinander nicht Meister zu werden." Entspannung vom Dauerstress und dem Druck in der Welthauptstadt des Handballs finde er in seinem Haus in Sachsen-Anhalt, wo nicht einmal sein Handy Empfang habe. "Und beim Fahrradfahren. Normalerweise fahre ich zweimal die Woche mindestens zwei Stunden. Das war im Dezember aber schwierig: Erstens hatten wir ein Riesen-Programm zu absolvieren, zweitens war es zu kalt, und drittens hatten sie mir mein Fahrrad geklaut." Auch das war eine Erkenntnis von "inteam", der besonderen Weihnachtsfeier: Gislason geht es nicht anders als vielen anderen Kielern auch.

(Aus dem Zebra-Journal der Kieler Nachrichten vom 08.02.2012)


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