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28.01.2013 Handball international

Kieler Nachrichten: Spitzenhandball nur noch in Deutschland?

Spanische Liga Asobal trotz Heim-WM am Boden

Aus den Kieler Nachrichten vom 28.01.2013:

Barcelona. Im Endspiel war die gigantische Palau Sant Jordi mit 16 500 Zuschauern ausverkauft, sogar Kronprinz Felipe war gekommen, um seinen spanischen Landsleuten die Daumen zu drücken. Ein würdiger Rahmen für ein Endspiel. Einer, der aber darüber hinwegtäuscht, dass die WM insgesamt eine Enttäuschung war. "Sie kommt zu einem ungünstigen Zeitpunkt", hatte Talant Duschebajew, Trainer von Atletico Madrid, schon Wochen vor dem ersten Spiel prophezeit, und er sollte Recht behalten. "Die Lage im spanischen Handball ist dramatisch. Und ich habe wenig Hoffnung, dass es besser wird."
Im Vorfeld der 23. Weltmeisterschaft hatten Valladolid und Leon, zwei Hochburgen, ihre Bewerbung zurückgezogen, weil ihnen die Unterstützung der Region und der Kommune fehlte. Dem Organisationskomitee (OK), das mit einem schmalen Etat ausgestattet war, gelang es nicht, einen Hauptsponsor zu finden, die Hallen waren auch dann nicht ausverkauft, wenn der Gastgeber spielte. In der öffentlichen Berichterstattung spielte das Turnier keine Rolle. Bestes Beispiel: In der Halbzeitpause des Achtelfinals zwischen Spanien und Serbien übertrug das spanische Fernsehen 15 Minuten lang eine Pressekonferenz mit Andres Iniesta, der die Entscheidung seines Klubkameraden Victor Valdes verteidigte, seinen Vertrag beim FC Barcelona nicht zu verlängern.

"Spanien ist nicht Deutschland", sagt Andrej Xepkin, der mit dem FC Barcelona sechsmal die Champions League gewann und in Kiel noch immer eine bekannte Größe ist, weil er maßgeblichen Anteil daran hatte, dass der THW Kiel im Mai 2007 erstmals diese Trophäe gewinnen konnte. "Handball steht bei uns klar im Schatten von Fußball und Basketball."

Der 47-Jährige fürchtet gar um die Zukunft der Liga Asobal. "Das Niveau sinkt immer weiter, die besten Spieler verlassen das Land." So schlossen sich im Sommer die Guardiola-Brüder den Rhein-Neckar Löwen an. Während die Etats der 18 Bundesligavereine zusammen bei 75 Millionen Euro liegt, geben die spanischen Klubs nur knapp ein Drittel davon aus. Neben dem FC Barcelona ist derzeit im europäischen Vergleich nur Atletico Madrid konkurrenzfähig. Und auch bei diesem Verein halten sich hartnäckig die Gerüchte, dass der dreimalige Champions-League-Sieger sich Stars wie Ivano Balic, Nikolaj Markussen, Jonas Källman und Kiril Lazarov nicht mehr länger leisten kann. Nicht ausgeschlossen, dass Atletico Madrid bald ganz von der Handball-Landkarte verschwinden wird und, mit stark reduzierten Personalkosten, als Ciudad Real einen neuen Anlauf nehmen wird.

Auch in der Bundesliga sehen die Funktionäre die Entwicklung mit Sorge. "Spitzenhandball darf nicht nur in Deutschland finanzierbar sein", sagt Frank Bohmann, Geschäftsführer der Handball-Bundesliga (HBL).

(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 28.01.2013)


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