Aus den Kieler Nachrichten vom 06.02.2013:
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Wael Jallouz spielt ab Sommer 2013 für
den THW Kiel.
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Mohamed Fliss |
Kiel. Am Montag erlebte
Wael Jallouz
in der Alsterdorfer Sporthalle live das Pokalspiel zwischen
dem HSV Hamburg und der TSV Hannover-Burgdorf mit, gestern
in Kiel ein mittelgroßes Schneetreiben - beides schien den
Rückraumspieler, der im Sommer als erster Tunesier der
Vereinsgeschichte das Trikot des THW Kiel überstreifen wird,
nicht beeindruckt zu haben. Hannover sei die bessere Mannschaft
gewesen, sagte
Jallouz, der gestern
nach Flensburg reiste, um sich auch die Pokalpartie der SG gegen
die Löwen anzusehen.
Und der Schnee? "Ich lasse mich von dem Wetter nicht beirren,
auch wenn es in Kiel im Winter monatelang so bleiben sollte."
Den Medizincheck absolvierte der 21-Jährige mit Bravour, die
Ärzte bestätigten ihm Werte, die "Zebras" in der Regel erst nach
einem Jahr Trainingsarbeit mit
Alfred Gislason
haben. Der Verein stellte
Jallouz mit Frederic
Tarhouni einen Landsmann als Kontaktperson an die Seite, der ihm unter
anderem bei den Behördengängen half. Der 49-Jährige ("ich fühle mich
schon wie sein zweiter Papa") war auch im Dezember in Hammamet dabei,
als
Jallouz vor mehr als 80 Journalisten
im Hotel "El Sultan" seinen Drei-Jahres-Vertrag unterschrieb.
Tarhouni lebt in Melsdorf, der Heimat der meisten THW-Spieler. Auch
Jallouz wird voraussichtlich in Melsdorf
wohnen. "Ich brauche ein wenig Platz, wenn mich meine Familie besuchen
wird." Den ersten Schritt wird der Nationalspieler, der Anfang Juni
umziehen wird, allerdings alleine machen. Als Sechsjähriger spielte
er noch Tennis, drei Jahre später entdeckte er den Handball für sich,
Volkssport Nummer eins in seiner Heimatstadt Hammamet. "In anderen
Städten spielen alle auf den Straßen Fußball, wir werfen die Bälle
an das Garagentor."
Von seinem Empfang in Kiel war Jallouz
sehr angetan. "Alle haben mir das Gefühl gegeben, dass ich kein Fremder
für sie bin." Der Rechtshänder, der bei der
Weltmeisterschaft in Spanien acht Tore zum
25:23-Sieg gegen Deutschland beigesteuert hatte, wirkt auch
in ungewohnter Umgebung extrem gelassen. Ja, er sei in seiner Heimat
inzwischen ein Idol. Nein, er hätte keine Angst davor, in Kiel zu
scheitern. Auch in Glaubensfragen hinterlässt er einen klaren Eindruck.
Als Muslim müsste er sich eigentlich an den Ramadan halten. Eine rund
vierwöchige Fastenzeit im Sommer, in der erst nach Sonnenuntergang
gegessen und getrunken werden darf. Für einen Leistungssportler ein
eher ungünstiger Tagesablauf, deshalb will sich
Jallouz dem auch nicht unterwerfen. "Es
kann nicht der Sinn meiner Religion sein, dass die Gesundheit leidet,
und ich meine Arbeit nicht mehr richtig ausüben kann." Für ihn sei
es nicht wichtig, den Glauben durch Äußerlichkeiten zu beweisen. "Ich
trage ihn in meinem Herzen."
(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 06.02.2013)