23.07.2013 | Handball international / Bundesliga |
Alfred Gislason. |
"Eine Mannschaft in Arabien aufzustellen, das wäre ohne Probleme machbar", ergänzte der Isländer und hat dabei Katar im Auge. Aus Afrika könnten Kairo und aus Südamerika Buenos Aires sowie aus Asien ein südkoreanisches Team ins Boot geholt werden. Vorbild ist für den Basketball-Fan die nordamerikanische Profiliga NBA. "Die Teams müssten ebenfalls längere Auswärtsreisen machen, genauso wie in der NBA", meinte der Isländer, der sich als Organisator die Europäische Handball-Föderation (EHF) vorstellt, weil diese die Champions League mit dem Final4-Turnier in Köln zu einem Premium-Produkt ausgebaut hat.
Dass der Trainer eines Welt-Klubs auf eine solche globale Idee kommt, scheint auf den ersten Blick naheliegend. Für die Zebras und deren Fans hätte diese Vision allerdings nicht nur Vorteile. Gislason könnte sich nämlich vorstellen, dass die deutschen Vereine in der Weltliga sich aus der Bundesliga zurückziehen - und erst im Play-off-Viertelfinale wieder einsteigen in Duellen gegen die ersten vier Teams der abgelaufenen Bundesliga-Saison. Und zwar mit dem Nachteil, im Best-of five- Modus nur zwei Heimspiele zu bekommen.
Kein Wunder, dass er gestern bereits an der Förde im Gegenwind stand. "Unser Trainer kann ja Ideen haben", meinte der für den Sport zuständige Geschäftsführer Klaus Elwardt, "aber wir müssen erst einmal in der Bundesliga und Europa unsere Probleme lösen, bevor wir an eine Weltliga denken." Der überraschte Stefan Adam reagierte nicht anders: "Alfreds Modell ist definitiv keine Position des THW Kiel." Der 40-Jährige ist als Geschäftsführer der Zebras für Finanzen, Marketing, Organisation und Kommunikation zuständig. Auch er hält es für dringlicher, den Abwärtstrend in Europa zu stoppen, und dies sei eine Aufgabe für diejenigen, die sich mit Wirtschaft und Marketing beschäftigen.
Die Diskussion über die Einführung einer Play-off-Runde in der Bundesliga ist für Adam beispielsweise ein aktuelles Anliegen: "Im Moment geht es nicht mehr um die Endspiel-Idee, sondern eher um ein Mini-Play-off mit zwei Halbfinals und einem Endspiel. Ein klassischer Play-off-Wettbewerb der besten Acht im Modus best of five nur denkbar, wenn die Bundesliga verkleinert werden würde." Das wiederum sei aus Sicht des THW schwierig, denn: "Wir haben ein treues Stammpublikum und eine verlässliche Anzahl von Heimspielen, die sich zielgerecht vermarkten lassen." Laut Adam geht es aus Kieler Sicht bei einer Systemänderung darum, "intelligente Ideen zu entwickeln, ohne unsere Position zu schwächen."
Im Übrigen sei Handball mit Basketball nicht zu vergleichen. "In den USA findet die Nationalmannschaft gar nicht statt, dort ist die NBA der Wettbewerb", sagt Adam, der seit sieben Jahren Aufsichtsratsmitglied von Abonnements-Meister Brose Basket Bamberg ist: "In Deutschland kann die Basketball-Bundesliga nur deshalb eine klassische Play-off-Sportart sein, weil es zwischen September und Juli keine Nationalmannschafts-Termine gibt." Davon können die Handballer nur träumen.
(von Gerhard Müller, aus den Kieler Nachrichten vom 23.07.2013)
(23.07.2013) | Ihre Meinung im Fan-Forum? |