Die Neuzugänge des THW Kiel. © Krokowski

Mit einer Schrecksekunde begann die Pressekonferenz, zu der wie immer der Hauptsponsor Provinzial in seine Räumlichkeiten eingeladen hatte: Tobias Reichmann, Neuzugang vom SC Magdeburg, war in einen Unfall verwickelt - direkt vor dem Provinzial-Hauptgebäude am Sophienblatt. "Mir ist nichts passiert, jemand ist mir beim Abbiegen hinten drauf gefahren", gab der junge Rechtsaußen wenig später jedoch Entwarnung.

Lang war die Tafel, an der die zahlreichen Neuzugänge, die THW-Geschäftsführer Uli Derad und Sabine Holdorf-Schust, Pressesprecher Björn Goos und die Ausichtsratsmitglieder Platz genommen hatten. Erstmals war auch Marcus Ahlm in seiner neuen Funktion als Kapitän mit von der Partie. Nach den Begrüßungsworten von Provinzial-Vertriebsvorstand Matthew Wilby, der den im Urlaub weilenden Ulrich Rüther vertrat, gab Ahlm sein Statement zur neuen Saison ab. "Die Neuzugänge passen sehr gut zu unserer Truppe", sagte der Kapitän. "Wir haben viel trainiert, werden das Augenmerk in den nächsten Tagen vermehrt auf taktische Elemente legen. Wir wollen uns als Mannschaft weiter entwickeln, denn nur dadurch kommt der Erfolg." Mit seiner neuen Rolle, so Ahlm, habe er sich indes intensiv auseinandergesetzt. "Ich habe jetzt mehr Verantwortung, ich freue mich darauf. Ich spiele seit sechs Jahren in Kiel, kenne das Umfeld und den Verein. Nun hoffe ich, dass auch die Spieler mit mir zufrieden sind."

Momir Ilic und Peter Gentzel © Krokowski

Die Vorstellungsrunde eröffnete mit Peter Gentzel der "Oldie" unter den Neuzugängen. "Jetzt hat es endlich geklappt, dass ich für den THW spielen kann. Die Erwartungen, die ich vor meinem Wechsel hatte, haben sich mehr als erfüllt. Wir hatten eine harte Vorbereitung, aber hier läuft alles sehr professionell ab. Beim THW kann man sich zu einhundert Prozent auf den Handball konzentrieren." Diese Professionalität des Umfeldes sei wohl ein Geheimnis des Erfolges, so Gentzel. Angesprochen auf sein Verhältnis zu Thierry Omeyer, schmunzelte der 40-jährige Schwede: "Ich versuche, mein Französisch zu verbessern. Bisher allerdings mit wenig Erfolg. Ansonsten ergänzen sich Thierry und ich sehr gut, weil wir unterschiedliche Torwart-Typen sind." Befragt nach seinen Zielen, zog Gentzel die Augenbrauen hoch: "Ich bin nach Kiel gekommen, um Titel zu gewinnen. Ich hoffe auf eine erfolgreiche Saison."

Momir Ilic: "Es passt einfach alles!"

Aron Palmarsson. © Krokowski

Diese Hoffnung hegt natürlich auch Momir Ilic. Der aus Gummersbach an die Förde gewechselte Halblinke zeigte sich "begeistert" von seiner neuen sportlichen Heimat. "Die Stadt, die Mannschaft, die Spieler - es passt einfach alles", schwärmte Ilic. "Alles in diesem Verein ist noch viel besser als ich es mir vorgestellt hatte." Es sei ein Traum, für den besten Verein zu spielen. "Vor allem mit Spaß am Handball wollen wir unsere Ziele erreichen."

Probleme hatte Aron Palmarsson in seinen ersten Tagen in Kiel, schließlich beherrscht der Isländer noch nicht seine neue Sprache. Deshalb musste Gislason die Ausführungen seines neuen Schützlings übersetzen. Palmarsson sagte, er hätte gewusst, dass der Unterschied zwischen dem isländischen und dem deutschen Handball groß sein würde. "Aber dieser Unterschied ist noch viel größer als gedacht. Ich muss mich durch jeden Tag kämpfen. Ich hätte nicht geglaubt, dass man Handball in solchen Dimensionen betreiben kann." Jetzt gehe es für ihn darum, den körperlichen Rückstand zu seinen Teamkollegen aufzuholen und schnell die Sprache zu lernen. "Ich hoffe, dass dies nicht allzu viele Monate dauern wird." Dabei schmunzelte Palmarsson, wohl wissend, dass in Kiel viele Uhren schneller ticken als anderswo.

Christian Sprenger: "Ich bin unglaublich stolz, Teil dieses Teams zu sein."

Tobias Reichmann. © Krokowski

Reichmann berichtete von seinen Heilungserfolgen nach seinem Kreuzbandriss. "Ich hoffe, in den nächsten zwei Wochen langsam wieder ins Mannschaftstraining einsteigen und im November wieder spielen zu können." Seinen Wechsel an die Förde hat er nicht bereut: "Hier ist alles so groß, dass man es kaum in Worte fassen kann. In Kiel kann man sich nur auf den Sport konzentrieren." Er hoffe zudem auf den ein oder anderen Erfolg.

Ebenfalls aus Magdeburg wechselte Nationalspieler Christian Sprenger nach Kiel. Auch er hatte nur Lob für seinen neuen Arbeitgeber parat. "Ich hatte vor meinem Wechsel geglaubt, der SCM sei das Nonplusultra in Sachen Professionalität.

Christian Sprenger. © Krokowski

Hier aber ist alles noch eine Stufe besser." Als Gislason ihn erstmals beim Boßeln am Silvestertag auf einen Wechsel angesprochen hatte, habe er sich schnell seine Gedanken gemacht. "Der SCM und der THW sind zwei Traditionsvereine, für die es sich lohnt, zu spielen." Er hoffe auf die Meisterschaft. "Ich bin unglaublich stolz, Teil dieser Mannschaft sein zu dürfen. Ich will Titel gewinnen."

Als offizielles Saisonziel gab Geschäftsführer Uli Derad aus, dass man "weiterhin erfolgreichen und attraktiven Handball spielen" wolle. Die ersten Wochen in Kiel seien sehr anstrengend gewesen, äußerte der Geschäftsführer. "Aber es war auch eine inspirierende Zeit." Er sei begeistert von der Einstellung und dem Teamgeist der Mannschaft. Und natürlich auch von Alfred Gislason, der sehr akribisch arbeite. "Das ist genauso motivierend für mich wie die sehr gute Zusammenarbeit mit dem Aufsichtsrat und den Mitarbeitern der Geschäftsstelle." In den ersten Wochen habe ihn vor allem die Stimmung in der Stadt beeindruckt. "Es ist ein Unterschied, ob man hört, dass hier Handball gelebt wird, oder ob man es live erlebt." Handball sei eben etwas Besonderes in der Stadt am Meer.

Die Geschäftsführer Sabine Holdorf-Schust und Uli Derad. © Krokowski

Natürlich stand auch die Frage, ob der THW in den kommenden Tagen einen weiteren Neuzugang begrüßen wird können, im Raum. Uli Derad: "Daniel Narcisse ist momentan auf dem Weg nach Kiel. Wir werden in den kommenden Tagen formelle Dinge mit Daniel und seinem Club Chambery HB klären. Prinzipiell sind wir uns einig, solange die Tinte noch nicht trocken ist, kann man sich aber nie sicher sein. Und in diesem Fall muss die Tinte unter zwei Verträgen trocknen." Gislason würde ein Engagement von Daniel Narcisse begrüßen. "Daniel ist absolute Weltklasse, aber davon habe ich ja bereits schon viele Spieler. Ich wäre aber extrem zufrieden, wenn der Transfer klappen würde. Daniel kann uns mit seiner Schnelligkeit und Explosivität in den schweren Spielen helfen. Er passt ins Team, hat keinerlei Starallüren. Und er ist ein kompletter Spieler, kann auf beiden Halbpositionen, auf der Mitte und sogar auf Linksaußen in Abwehr und Angriff eingesetzt werden."

Alfrd Gislason: "Wir wollen mit attraktivem Handball um alle Titel mitspielen."

Alfred Gislason. © Krokowski

Die Favoritenrolle sieht Alfred Gislason in dieser Saison als ungeklärt an: "Der HSV Hamburg hat überragende neue Leute bekommen und ist deutlich stärker als im vergangenen Jahr, die Rhein-Neckar Löwen haben sehr kräftig große Namen eingekauft und der TBV Lemgo ist bis auf eine Ausnahme komplett zusammengeblieben", analysierte Gislason. "In diesem Jahr liegen diese drei Clubs und wir eng beeinander", sagte er - und gab noch eine überraschende Erklärung ab: "Viele schreiben Flensburg ab, aber ich glaube, die SG wird positiv überraschen." Die Konkurrenz habe mächtig aufgerüstet, so Gislason, "aber wir haben uns fest vorgenommen, dafür zu sorgen, dass sie es nicht leicht haben werden, an uns vorbei zu ziehen."

Auf europäischer Ebene erwartet Gislason neben den deutschen Mannschaften Montpellier HB (FRA, "Ein überragendes Team."), MKB Veszprem (HUN, "Die haben wir kennengelernt, ein unglaublich guter und breiter Kader."), Ciudad Real (ESP, "Trotz der Abgänge sehr stark.") und Celje (SLO, "Haben wichtige Leute zurückgeholt") und den FC Barcelona (ESP, "Die haben richtig zugelegt.") ganz vorn. "Die Konkurrenz aus dem Ausland ist in diesem Jahr besonders groß", stellte Gislason fest. Deshalb sei es wichtig, dass die Vorbereitung sehr gut gelaufen sei. "Bis auf die Sprachprobleme von Aron hat die Integration der Neuzugänge sehr schnell geklappt. Man hat den Eindruck, als seien die Neuen schon immer Teil der Mannschaft gewesen. Sie werden uns in dieser Saison und in den nächsten Jahren sehr viel helfen." Ziel sei es, mit attraktivem Handball um alle Titel mitzuspielen. "Daran hat sich trotz der wichtigen und namhaften Abgänge nichts geändert."

THW-Pressesprecher Björn Goos, Matthew Wilby von der Provinzial und Aufsichtsratsvorsitzender Klaus-Hinrich Vater konnten rund 40 Medienvertreter begrüßen. © Krokowski

Der Aufsichtsratsvorsitzendes Klaus-Hinrich Vater erklärte, der Aufsichtsrat habe sich in den vergangenen zwei Monaten einen guten wirtschaftlichen Überblick verschafft. "Wir sind auf keine bösen Überraschungen gestoßen, die GmbH wurde solide geführt", sagte Vater. "Seien Sie sich sicher: Für den THW Kiel stellt es kein Problem dar, eine Verpflichtung wie die von Daniel Narcisse zu finanzieren." Er lobte die "ausgesprochen harmonische und kosntruktive Zusammenarbeit" mit der neuen Geschäftsführung und Trainer Alfred Gislason. "Alles läuft sehr erfreulich", bemerkte Vater, der einen weiteren Hallenumbau ankündigte: "Die Kameras verschwinden in einer Loge, so dass das Problem der Sichtbehinderung hinter den ehemaligen Stellplätzen behoben sein wird." Er habe, so Vater, Uli Derad in den ersten Wochen der Zusammenarbeit als "erfahrenen und gewieften Fachmann" kennengelernt, der vor allem beim Narcisse-Transfer durch seine "ausgesprochen ruhige Verhandlungsführung" zum Erfolg beigetragen habe. "Insgesamt ist die Zusammenarbeit zwischen Uli Derad und dem Aufsichtsrat vertrauensvoll und professionell!"

(Christian Robohm)

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Aus den Kieler Nachrichten vom 27.08.2009:

"Der Verein ist gut aufgestellt"

THW-Aufsichtsrat sieht keinen Bedarf an Zusammenarbeit mit Schwenker - Narcisse gestern in Kiel eingetroffen

Kiel - Er war nicht da, aber doch dabei. Bei der Saisonpressekonferenz des Handballmeisters THW Kiel in den Räumen des Hauptsponsors Provinzial drehte sich viel um den französischen Superstar Daniel Narcisse, der gestern Vormittag bereits auf dem Weg nach Kiel war, um hier einen Vier-Jahres-Vertrag zu unterzeichnen.

Geschäftsführer Uli Derad bemühte sich zwar, die Euphorie rund um den Transfer des 29-jährigen Olympiasiegers zu bremsen ("Noch ist nichts unterschrieben"), doch an der Tatsache, dass Narcisse bereits in der kommenden Saison für die "Zebras" spielen wird, ließ auch er keine Zweifel mehr. Im Juni hatte Trainer Alfred Gislason den ersten Kontakt zu Narcisse hergestellt, den er bereits beim VfL Gummersbach zwei Jahre lang trainiert hatte und der seinen derzeitigen Arbeitgeber Chambery HB unbedingt verlassen wollte. Dass der Wechsel tatsächlich geklappt hätte, sei, so Aufsichtsratschef Klaus-Hinrich Vater, aber auch Uli Derad zu verdanken. "Er hat die Verhandlungen mit großer Geduld und hoher Professionalität geführt." Derad habe sich in seinen ersten beiden Monaten als Nachfolger von Uwe Schwenker als "gewiefter Fachmann" erwiesen. Die Botschaft zwischen den Zeilen war klar, das Kapitel "Schwenker" ist geschlossen. "Ich sehe keinen Bedarf an einer Zusammenarbeit mit ihm", sagte Vater, der betonte, dass der Ex-Manager an dem Narcisse-Transfer "keinerlei Anteil" gehabt habe.

Mit einem Etat von 7,5 Millionen Euro wird der Rekordmeister in die Saison starten. "Unsere Spieler müssen keinen Gehaltsverzicht befürchten", meinte Götz Bormann, im Aufsichtsrat für die Finanzen zuständig. Das Konzept, überwiegend auf Sponsoren aus der Region zu setzen, hätte den THW in der Wirtschaftskrise vor Schaden bewahrt. "Der Verein ist gut aufgestellt."

Wie gut, das überraschte auch Neuzugang Christian Sprenger. "Ich hatte gedacht, dass der SC Magdeburg das Nonplusultra in Sachen Professionalität gewesen ist", meinte der Rechtsaußen, der zuvor elf Jahre für die "Gladiators" gespielt hatte. "Aber Kiel ist noch eine Nummer größer." Dass die Pressekonferenz trotzdem mit leichter Verzögerung begann, hatte andere Gründe. Tobias Reichmann, einer von nun sieben "Neuen", war kurz zuvor in einen Autounfall verwickelt worden. Bei der Einfahrt auf den Parkplatz der Versicherung knallte ihm ein anderes Auto in seinen Leihwagen. Die Beifahrerin des Unfallverursachers wurde leicht verletzt ins Krankenhaus gebracht. Reichmann fehlte nichts. "Jetzt kann es nur noch aufwärts gehen", meinte der Linkshänder, der wegen eines Kreuzbandrisses pausieren muss, aber in den nächsten Tagen wieder voll ins Mannschaftstraining einsteigen will. "Erst die Verletzung, jetzt ein Unfall, was soll mir noch passieren?"

Der Serbe Momir Ilic ("Kiel ist der beste Verein der Welt") und der Schwede Peter Gentzel ("Ich will in meinem letzten Jahr einen Titel gewinnen") fassten vor rund 50 Journalisten ihre Begeisterung für den neuen Arbeitsplatz auf Deutsch zusammen. Der Isländer Aron Palmarsson wurde von Landsmann Alfred Gislason gedolmetscht. Dabei blieb unbemerkt, dass der 19-jährige fließend Englisch spricht und Neffe des isländischen Fußballhelden Eidur Gudjohnsen (FC Barcelona) ist. Palmarsson hatte seine isländischen Kumpels Anton und Stefan mitgebracht, die sich nun mit ihm sein Appartement in Melsdorf teilen werden.

Was ist von dem THW Kiel der kommenden Saison zu erwarten? Die Frage beantwortete Gislason, dem die Freude über den Narcisse-Transfer ins Gesicht geschrieben stand. "Die Mannschaft hat das gleiche Niveau wie die in der vergangenen Saison." Der THW werde erneut um alle Titel mitspielen.

(Von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 27.08.2009)

 

Foto-Aktualisierung vom 27.08.

Saisoneröffnungspressekonferenz 2009: Uli Derad. Links Sabine Holdorf-Schust, rechts Björn Goos.		Saisoneröffnungspressekonferenz 2009: Sabine Holdorf-Schust. Rechts Uli Derad.		Saisoneröffnungspressekonferenz 2009: Provinzial-Vorstand Matthew Wilby und THW-Aufsichtsratsvorsitzender Klaus-Hinrich Vater.		Saisoneröffnungspressekonferenz 2009: THW-Aufsichtsratsvorsitzender Klaus-Hinrich Vater, THW-Trainer Alfred Gislason, Aron Palmarsson und Marcus Ahlm.
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Saisoneröffnungspressekonferenz 2009: Uli Derad.		Saisoneröffnungspressekonferenz 2009.		Saisoneröffnungspressekonferenz 2009: Die THW-Neuzugänge.		Saisoneröffnungspressekonferenz 2009: Die THW-Neuzugänge mit Provinzial-Vorstand Wilby.
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Saisoneröffnungspressekonferenz 2009: Momir Ilic und Peter Gentzel.		Saisoneröffnungspressekonferenz 2009: Marcus Ahlm und Christian Sprenger.		Saisoneröffnungspressekonferenz 2009: THW-Pressesprecher Goos, Provinzial-Vorstand Wilby und THW-Aufsichtsratsvorsitzender Vater.		Saisoneröffnungspressekonferenz 2009.
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Saisoneröffnungspressekonferenz 2009: Das THW-Management.		Saisoneröffnungspressekonferenz 2009: Aron Palmarsson.		Saisoneröffnungspressekonferenz 2009: Christian Sprenger.		Saisoneröffnungspressekonferenz 2009: Tobias Reichmann.
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Saisoneröffnungspressekonferenz 2009: Alfred Gislason.
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