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08.03.2003 Interview

Staffan Olsson: "Noch nicht ausgeträumt!"

Mit seinen fast 39 Jahren hat Staffan Olsson fast alles in der Karriere eines Handballers erreicht. Der große "alte Schwede" war Weltmeister, Europameister, wurde mit dem THW Kiel Deutscher Meister, DHB-und EHF-Pokalsieger. Nur am olympischen Gold scheiterte der Mann mit dem markanten Haarschopf 1996 und 2000 jeweils im Finale - ebenso wie mit den Zebras in der Champions League vor drei Jahren. Im kommenden Mai nimmt Olsson nach sieben äußerst erfolgreichen Jahren Abschied vom THW, seine Träume hat der geniale Handballer indes noch nicht begraben. Vor dem CL-Viertelfinale sprach ZEBRA-Mitarbeiter Sascha Klahn (living sports) mit Staffan Olsson.
Zebra:
Staffan, in der Bundesliga ist die zuletzt andauernde Siegesserie gerissen und im DHB-Pokal folgte das Aus ausgerechnet in Flensburg. Wie empfindest Du selbst die momentane Situation beim THW Kiel?
Staffan Olsson:
Staffan Olsson.
Klicken Sie zum Vergrößern! Staffan Olsson.
Derzeit spielen wir wohl nur mittelmässig. Aber das ist nach dem verpatzten Saisonstart eigentlich nichts Neues mehr. Damit müssen wir wohl die gesamte Saison irgendwie leben. Solch ein schlechtes Jahr hat jeder Verein irgendwann einmal, auch wenn man es in Kiel zuletzt nicht mehr oft erlebt hat.
Zebra:
Begründet durch ein allzu großes Verletzungspech?
Staffan Olsson:
Seit gut zwei Jahren befinden wir uns diesbezüglich in einer wirklich außergewöhnlichen Situation. Dagegen kann man nichts tun, nichts ändern. Und trotzdem haben wir uns zwischendurch immer wieder richtig gefangen und es sieht den Umständen entsprechend in dieser Saison noch verhältnismässig gut aus. Keinem kann man da irgend welche Vorwürfe machen. Zwischendrin waren wir schon wieder ziemlich gut eingespielt, jetzt befinden wir uns in einer Phase, in der viele Verletzte langsam zurückkehren und wieder in das Spiel integriert werden müssen.
Zebra:
Drücken die letzten Niederlagen trotzdem auf die Stimmung?
Staffan Olsson:
Die Stimmung und der Zusammenhalt innerhalb der Mannschaft ist nach wie vor sehr gut. Ich gehe davon aus, dass sich alle hundertprozentig auf ihre Aufgaben konzentrieren und alles geben.
Zebra:
Zeigt die Weltmeisterschaft in Portugal, die insbesondere für Euch Schweden enttäuschend verlief, doch noch Nachwirkungen?
Staffan Olsson:
Das empfinde ich nicht so. Ich kann und sollte allerdings nur für mich selbst sprechen. Vielleicht waren die Voraussetzungen für mich auch andere: Meine Knieverletzung hatte mich vor der WM weit zurückgeworfen, ich musste damit rechnen, dass es für mich persönlich noch nicht wieder sofort ganz rund laufen würde. Insofern habe ich die WM schon abgehakt, vielleicht hat es ein oder zwei Wochen gedauert. Jetzt bin ich einfach froh, dass ich wieder ordentlich Handball spielen kann -ÿund ich sehe, dass es Schritt für Schritt immer besser wird. Noch besser wäre es wahrscheinlich tatsächlich gewesen, wenn wir Weltmeister geworden wären! (lacht)
Zebra:
Jetzt ist die Champions League also die letzte Chance für den erfolgsverwöhnten THW Kiel.
Staffan Olsson:
Klar, die Champions League ist immer etwas besonderes. In der Bundesliga ist es für den THW zwar sehr wichtig, eine vernünftige Platzierung zu erreichen, um auch im nächsten Jahr international dabei sein zu können. Aber momentan hat die Champions League sicher Priorität.
Zebra:
Die Champions League ist auch Deine letzte Chance mit dem THW Kiel. Ist es Dir präsent, dass das nächste Spiel im ungünstigsten Fall womöglich Dein letzter Champions-League-Auftritt sein könnte?
Staffan Olsson:
Diese Gedanken habe ich nicht. Natürlich versuche ich seit dem Bekanntwerden meines bevorstehenden Abschieds aus Kiel jedes Heim- und Auswärtsspiel intensiver zu genießen. Aber das einzig schwierige und wirklich traurige Spiel wird sicher mein allerletztes Spiel in der Ostseehalle sein.
Zebra:
Gab es Phasen in dieser Saison, in denen Du es bedauert hast, Dich nicht schon im vergangenen Sommer erfolgreich mit dem Meistertitel und dem Europapokal aus Kiel verabschiedet zu haben?
Staffan Olsson:
Nein, keineswegs.
Zebra:
Dein Blick geht nicht schon allmählich zurück?
Staffan Olsson:
Handballspielen macht mir immer noch unglaublich viel Spaß! Was ich jetzt noch tun kann, ist die letzten drei Monate ordentlich Gas zu geben. Vielleicht ist es jetzt sogar etwas leichter sich zu motivieren. Ich schaue jedenfalls nur nach vorn.
Zebra:
Was wird aus Deinen beiden großen sportlichen Träumen von der Champions League und dem olympischen Gold?
Staffan Olsson:
Der Traum von der Champions League ist noch nicht ausgeträumt! Jedes Training mit unserer "neuen" Mannschaft nach der WM macht noch mehr Spaß, endlich können wir wieder vernünftig trainieren, mit zwei Mannschaften gegeneinander spielen und uns entsprechend vorbereiten. Es wird jedesmal besser. Nur schade, und das tut mir sehr leid, dass sich Morten ausgerechnet jetzt noch verletzt hat.
Zebra:
Und was wird aus dem Traum vom olymipschen Gold?
Staffan Olsson:
Zuerst bekomme ich noch eine neue Mannschaft in Schweden und werde hoffentlich viele neue Erfahrungen sammeln. Hammarby hat eine sehr junge Truppe, die meisten Spieler sind ungefähr 19 bis 22 oder 23 Jahre alt - das ist kein gestandener schwedischer Erstligist wie z.B. Redbergslid, der Klub von Magnus Wislander. Die haben noch keine Erfahrung und wollen erst etwas aufbauen.
Zebra:
Und was wird aus Athen? Sollten die Olympischen Spiele 2004 nicht Dein krönender Abschluss werden - oder spielst Du danach noch weiter?
Staffan Olsson:
Das wäre definitiv mein letztes Turnier (lacht)! Es ist allerdings kein besonderes Ziel mehr für mich, vielmehr ein großer Traum. Außerdem wird es verdammt schwer, noch die Qualifikation für die Olympischen Spiele zu schaffen. Eigentlich sollte bei der kommenden Europameisterschaft eine junge Truppe Turniererfahrung sammeln und die "Alten" sollten vor Athen dazustoßen. Jetzt muss bei der EM die beste Mannschaft spielen - egal ob jung oder alt. So einfach ist das.
Zebra:
Dein schwedischer Nationaltrainer Bengt Johannsson fordert sein Spieler stets auf, nicht sofort nach großen Turnieren eine Entscheidung darüber zu treffen, ob man seine Nationalmannschaftskarriere fortsetzen oder beenden möchte. Wann wirst Du Dich entscheiden?
Staffan Olsson:
Dafür gibt es kein festes Datum. Ich schätze, im Herbst werde ich eine Entscheidung treffen, wenn ich mit meinem neuen Verein in Schwung bin und mich in der neuen Heimat eingelebt habe. Dann werde ich merken, wie es läuft, und mich anschließend mit Bengt zusammen setzen. Noch mache ich mir darüber keine Gedanken.
Zebra:
Johannsson wurde in der schwedischen Presse zitiert, Du müsstest eh weiterhin in der Bundesliga spielen, um überhaupt in Betracht für die Auswahl zu kommen.
Staffan Olsson:
Ich habe ihn leider nicht persönlich gesprochen, glaube aber nicht, dass er das so gesagt hat. Und wenn doch, dann habe ich eben einfach Pech gehabt.
Zebra:
Noch stehen ein paar Bundesliga-Spiele auf Deinem Programm. Ist das Einlaufen in die Ostseehalle inzwischen anders?
Staffan Olsson:
Nein, noch nicht so anders. Ich weiß allerdings, dass ich es nicht mehr allzu oft tun werde. Daher genieße ich es etwas mehr als früher. Aber wie vorhin schon gesagt, der schwerste und schlimmste Fall wird das letzte Heimspiel in der Ostseehalle sein.
Zebra:
Zählst Du Deine Spiele schon und streichst die verbleibenden Partien in der Umkleidekabine an Deinem Spind ab?
Staffan Olsson:
Nein, soweit bin ich dann doch noch nicht.
Zebra:
Vielen Dank für dieses Gespräch, Staffan. Alles Gute für Deine Zukunft und die verbleibenden Spiele im THW-Trikot.
(Das Gespräch führte Sascha Klahn (living sports).)


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