Nach neun Jahren voller nationaler und internationaler Erfolge
steht der Deutsche Meister THW Kiel vor dem Umbruch.
Trainer
Noka Serdarusic und Manager
Uwe Schwenker treiben bei
den Schleswig-Holsteinern, die in dieser Saison erst
zum dritten Mal im vergangenen Jahrzehnt ohne Titel bleiben werden,
die Umstrukturierung der Mannschaft voran.
"Wir sind dabei, eine Mannschaft mit langfristiger Perspektive
aufzubauen, ähnlich wie es uns 1993 gelungen ist", sagt
Schwenker
gegenüber
Sport1.
"Das wird sehr schwierig. Aber die Herausforderung ist
groß."
Neun Spieler gehen
Neuaufbau in Kiel: Mit dem Abgang von
Magnus Wislander war 2002 eine Ära
bei der erfolgreichsten deutschen Handball-Mannschaft des vergangenen
Jahrzehnts zu Ende gegangen. Damals wurde der Umbruch eingeleitet, jetzt
wird er vehement vorangetrieben:
Sechs Spieler verlassen den Klub zum Saisonende. Mit
Staffan Olsson,
Christian Scheffler und
Martin Schmidt gehen drei Urgesteine, die
zusammen 31 Jahre das schwarze-weiße Trikot getragen haben.
Zudem verlassen
Steinar Ege,
Davor Dominikovic und
Morten Bjerre die
"Zebras".
Fünf Neuzugänge bereits perfekt
Im Gegenzug wurden bereits fünf Spieler verpflichtet: Die Nationalspieler
Adrian Wagner (HSV) und
Christian Zeitz (SG Kronau) sollen die neue
Flügelzange beim THW bilden.
Martin Boquist (Göteborg) und
Roman Pungartnik (Wilhelmshaven)
werden Alternativen im Rückraum sein,
Marcus Ahlm (Ystad) soll am Kreis wirbeln.
Mit diesem Quintett könnte der THW bei null beginnen. Denn erstmals seit
dem Titelgewinn 1994 droht Kiel, den internationalen Wettbewerb zu
verpassen. In der Champions League kam am vergangenen Wochenende gegen
Ljubljana im Viertelfinale das Aus, im Pokal scheiterten die "Zebras" im
Viertelfinale in Flensburg.
Ziel internationaler Wettbewerb
Bleibt die Bundesliga, in der noch Rang vier und die Qualifikation für
den EHF-Pokal drin sind. "Wir werden alles versuchen,
aber Gummersbach, Essen und Nordhorn haben
die bessere Ausgangsposition", sagt
Noka Serdarusic gegenüber
Sport1.
"Unser Restprogramm ist viel schwerer."
Die letzten zehn Saisonspiele beginnen für den THW am Samstag mit dem
Gastspiel bei Frisch Auf Göppingen.
Immenses Verletzungspech
Derweil laufen parallel die Planungen. Trotz der immensen Anstrengungen
bislang schauen sich die Kieler weiter auf dem Markt um. "Wir haben schon
gemacht, was möglich war. Nun haben wir keinen Druck", sagt
Schwenker.
"Wir müssen abwarten, wie die Verletzten zurückkommen."
Das ist das große Problem des THW:
Nikolaj Jacobsen,
Piotr Przybecki und
Demetrio Lozano
laborieren seit Monaten an schweren Knieverletzungen,
werden dadurch immer wieder zurückgeworfen. Das Trio hat noch Verträge
bis 2004.
"Wären die drei fit gewesen, würden wir jetzt ganz woanders stehen",
meint
Schwenker.
"Doch das soll keine Ausrede sein."
Serdarusic hofft auf Ende der Pechsträhne
Auch
Serdarusic sagt trocken: "So ist der Sport." Allerdings wundert sich
der Erfolgscoach manchmal auch, warum die Probleme so massiv den THW
treffen.
"Das ging ja schon in der vergangenen Saison los, und hört einfach nicht
auf", sagt
Serdarusic. "Ich habe aber die Hoffnung, dass das irgendwann
zu Ende ist."
Und dann eine neue Serie voller Erfolge beginnt. Schließlich waren die
Zeiten neun Jahre lang rosig.
Imageverlust ohne Europacup
Sieben Mal wurden die Schleswig-Holsteiner Deutscher Meister, dreimal
Pokalsieger, zweimal Supercup-Sieger. Zweimal gewannen sie den EHF-Pokal,
und 2000 erreichte der THW das Finale der Champions League.
"Sollte der Europapokal-Wettbewerb in diesem Jahr verpasst werden, wäre
das Schaden finanziell eher gering. Das können wir überbrücken", meint
Schwenker.
Doch er fügt auch hinzu: "Für das Image des THW wäre das nicht lukrativ."
Es wäre wie 1993. Damals kam
Noka Serdarusic nach Kiel, und mit ihm der
Erfolg. Jetzt, zehn Jahre später, geht es noch einmal von neuem los.
Allerdings wird der Coach diesmal bleiben, denn
Serdarusic verlängerte
vor kurzem seinen Vertrag bis 2006.
(© 2003 Sport1, von Michael Schwartz)