Aus den Kieler Nachrichten vom 16.04.2003:
Die Titel sind vergeben, der THW Kiel steht acht Spieltage vor dem Saisonende mit leeren
Händen da. Bricht in der Bundesliga-Restspielzeit gähnende Langeweile aus? Manager
Uwe
Schwenker hält energisch dagegen. Seine Mannschaft habe eine schwierige Saison hinter sich,
gesteht er ein. Sie werde jedoch alles dransetzen, die Saison so positiv wie möglich zu
beenden.
Man wolle zwar nicht anfangen zu rechnen, sagt
Schwenker, aber den noch offenen Platz im
EHF-Pokal habe der THW nicht aus den Augen verloren. Platz fünf ist dafür Voraussetzung.
Wenn DHB-Pokal-Vize TuSEM Essen im europäischen Pokalsieger-Wettbewerb startet, dürfte auch
Rang sechs ausreichen. Dafür müssen Siege her. Heute (20 Uhr) soll ein Anfang gegen Wetzlar
gemacht werden. Die KN sprachen mit
Martin Schmidt über den letzten Saisonabschnitt und über
die Ursachen des schlechten Abschneidens.
- Kieler Nachrichten:
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Herr Schmidt, Sie haben bereits vor
Saisonbeginn erklärt, dass 2002/03 definitiv das letzte Bundesliga-Jahr für Sie sein soll.
Den Abschied haben Sie sich sicher anders vorgestellt...
- Martin Schmidt:
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Das ist völlig klar. Jeder Sportler würde am liebsten auf dem Höhepunkt
abtreten, das wäre auch für mich schön gewesen. Aber es ist jetzt wie es ist. Um es positiv
zu sehen: Vielleicht ist es ganz gut so. Der Abschied fällt nicht mehr ganz so schwer.
- Kieler Nachrichten:
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Welche Erklärung haben Sie für den sportlichen Einbruch?
- Martin Schmidt:
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Es gibt erklärbare Gründe und Dinge, die nicht zu erklären sind. Ganz offensichtlich spielte
das große Verletzungspech eine Rolle. Das konnten wir nicht kompensieren. Außerdem haben wir
mit Magnus Wislander eine ganz wichtige Galionsfigur verloren. Unerklärbar sind dagegen
Schiedsrichter-Leistungen, die objektiv gegen uns gelaufen sind. Warum das passiert ist, und
das in ungewohnt gehäufter und drastischer Form, das bleibt ein Rätsel. Es ist nicht meine
Art, Beschwerden über Schiedsrichter zu führen, aber die letzten Wochen haben der ganzen
Mannschaft weh getan. Vorrangig betreiben wir Ursachenforschung aber bei uns. Vielleicht
kommen viele Spieler nicht mit dem Misserfolg klar, sie verkrampfen. Wir haben in
Mannschaftssitzungen darüber gesprochen. Bisher ohne durchschlagenden Erfolg. Ein
Störelement ist im Team jedenfalls nicht vorhanden. Wir gehen freundlich und
freundschaftlich miteinander um. Das ist fantastisch und in der Liga wohl ziemlich einmalig.
Ich glaube eher an eine Verkettung vieler Kleinigkeiten. Wir müssen den Misserfolg einfach
akzeptieren. Das Gute im Sport ist, dass auch eine Saison wie diese irgendwann vorbei ist
und man wieder von vorn beginnen kann.
- Kieler Nachrichten:
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Was kann die Mannschaft noch an Positivem aus der Spielzeit retten?
- Martin Schmidt:
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Vielleicht schaffen wir mit einer Siegesserie noch einen EHF-Pokalplatz. Mit einem Sieg
gegen Wetzlar wollen wir den Anfang machen. Gegen die direkten Kontrahenten Gummersbach und
Nordhorn haben wir es zudem selbst in der Hand, näher heran zu rücken. Wenn nicht, hätte es
den Vorteil, dass die Mannschaft mit ihren vielen Neuzugängen ein Jahr Pufferzeit bekommt,
um zusammen zu wachsen. Sie hätte mehr Zeit sich einzuspielen.
- Kieler Nachrichten:
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Wie sieht Ihre sportliche Zukunft aus?
- Martin Schmidt:
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Ich habe mit Verantwortlichen vom SV Mönkeberg gesprochen, mich aber noch nicht entschieden.
Vielleicht trainiere ich mit Laufen und im Fitness-Studio ab. Meine berufliche Perspektive
lässt vermutlich nicht mehr viel Zeit für aufwändigen Sport. Nach meinem Examen in
Betriebswissenschaft habe ich in Lensahn eine Anstellung beim Lernzentrum, einem privaten
Bildungsträger, gefunden. Zurzeit arbeite ich als Assistent in der Betriebsleitung, mit
Beginn des nächsten Jahres soll ich die Geschäftsleitung übernehmen.
(Interview: Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 16.04.2003)