Neues Spiel - neues Glück! Der THW Kiel kehrt nach schier
unendlich langer Wartezeit zurück aufs Bundesligaparkett der
Ostseehalle. Das Team steht mit sieben Abgängen und fünf
Neuzugängen vor einem einschneidenden Neuanfang. Thomas Fischer
und Sascha Klahn (living sports) trafen sich mit dem Mann mit den
vielen Fäden in der Hand, THW-Manager
Uwe Schwenker, zu einem
ausführlichen Interview rund um die neue Spielzeit und die große
Aufbruchstimmung beim THW.
- Zebra:
-
Herr Schwenker, die Mannschaft des THW Kiel ist neu formiert,
erfahrene Spieler wie
Olsson oder
Bjerre haben den Verein
verlassen und neue, jüngere Spieler sollen nun in den Vordergrund
treten. Was kann man von dem neuen Team erwarten?
- Uwe Schwenker:
-
Das ist zur Zeit noch schwer zu sagen. Grundsätzlich war es Zeit,
dass man den THW rundum erneuert. Wir haben eine super Mannschaft
gehabt, aber irgendwann nagt überall der Zahn der Zeit und wir
stellten uns selber die Frage "Wann, wenn nicht jetzt?", weshalb
wir letztendlich zu dem Entschluss gekommen sind, den THW gänzlich
neu zu präsentieren. Ich denke, wir haben es geschafft eine
leistungsorientierte, erfolgshungrige Mannschaft auf die Beine zu
stellen, die sowohl für die Fans als auch für die Sponsoren mit
einem hohen Identifikationspotential versehen ist und welche in
absehbarer Zeit dazu im Stande ist, auf die Erfolgsspur
zurückzukehren. Gleichwohl muss man den jungen Spielern auch eine
gewisse Integrationszeit lassen, vor allem, wenn man weiß, dass es
mit Mannschaften wie Lemgo, Flensburg, aber auch Magdeburg und
Essen sehr eingespielte Mannschaften in der Spitze gibt. Es ist
sicherlich schwierig, sofort dort zu stehen, wo man in den letzten
Jahren gestanden hat. Man hat jedoch jetzt schon gesehen, dass
bereits eine gewisse Aufbruchstimmung existiert und es macht
einfach Spaß, mit diesen jungen Leuten zu arbeiten. Deshalb glaube
ich, dass, wenn wir vom Verletzungspech weitgehend verschont
bleiben, wir in der Lage sind, eine gute Saison zu spielen und
werden versuchen, solange wie möglich oben dabei zu sein.
- Zebra:
-
Was heißt für Sie eine "gute Saison"?
- Uwe Schwenker:
-
Eine gute Saison heißt für uns, dass wir im Titelkampf mit dabei
sein wollen. Ein Traum wäre es natürlich, sich am Ende der Saison
für einen Champions League-Platz zu qualifizieren, aber es wäre
momentan vermessen von uns zu sagen, wir seien einer der
Titelfavoriten. Wenn wir von dem einen oder anderen Experten dazu
eingestuft werden, fühlen wir uns geehrt und es ist auch eine
gewisse Bestätigung für die Verpflichtungen, die wir eingegangen
sind, aber man muss einer jungen Mannschaft einfach auch ein
bisschen Zeit geben, sich zu finden. In solch einer starken Liga
wie der 1. Handballbundesliga ist es nicht einfach, sofort auf
allerhöchstem Niveau zu spielen, aber mit Fortschreiten der Saison
werden wir sicherlich immer besser Tritt fassen und umso besser
werden wir auch spielen.
- Zebra:
-
Sie haben sich also keinen bestimmten Tabellenplatz als Ziel
gesetzt?
- Uwe Schwenker:
-
Nein. Ich denke, dass es das schönste und wichtigste für einen
Spieler ist, als Gewinner von der Platte zu gehen. Diesen Ansporn
hat eigentlich jeder Sportler und ganz besonders natürlich ein
Profi. Insofern wollen wir eigentlich jedes Spiel gewinnen und so
viele Punkte wie möglich holen - wenn der Gegner besser ist,
können wir dies auch neidlos anerkennen. Wir werden sehen, was am
Ende dabei herauskommt.
- Zebra:
-
Spüren Sie Parallelen zum Neuaufbau der Saison 1993/94, welche den
Anfang des erfolgreichsten Jahrzehnts des THW Kiel einläutete?
- Uwe Schwenker:
-
Es ist auf einer anderen Ebene etwas ähnliches. Es ist
spannend und macht Spaß für das gesamte Umfeld diese neue
Herausforderung anzunehmen und an neuem Erfolg zu arbeiten. Die
Rahmenbedingungen allerdings sind insofern schwieriger, als dass
die Konkurrenz wesentlich stärker ist als 1993/94. Heute gibt es
eine Spitzengruppe von sechs, sieben Mannschaften, die für sich um
die vorderen Plätze, sprich um den Titel kämpfen kann und will. Es
ist schon eine interessante Herausforderung aber eben auch
schwieriger, wirklich ganz vorne dabei zu sein.
- Zebra:
-
Der allgemeine Leistungsdruck aus dem Umfeld und den Zuschauern
ist heute wahrscheinlich auch ein anderer...
- Uwe Schwenker:
-
Druck ist in der Art und Weise eigentlich nicht vorhanden. Es
überwiegt momentan eindeutig die Motivation, Spaß und Freude,
etwas neues auf die Beine zu stellen. Leistungsdruck sind wir
gewohnt, da dieser eigentlich immer auf uns eingewirkt hat. Den
größten Druck machen wir uns selber, indem wir versuchen, so gut
wie möglich abzuschneiden.
- Zebra:
-
Ihr Trainer "Noka" Serdarusic hat zuletzt mangelnde Konstanz in
der Vorbereitungsphase bemängelt. Liegt die Mannschaft im Soll
oder sind Sie ein wenig enttäuscht, dass der THW mit den großen
Ligakonkurrenten noch nicht ganz mithalten konnte?
- Uwe Schwenker:
-
Das ist ein schwieriges Thema. Letztendlich ist eine
Vorbereitungsphase, um allen Spielern die Möglichkeit zu geben,
sich zu beweisen, verschiedene Deckungsvariationen und taktische
Vorgaben zu trainieren. Dass wir mit fünf neuen Spielern noch
nicht eingespielt sein können, versteht sich von selbst und dass
Mannschaften, die auf ihren eingespielten Stamm zurückgreifen
können, bessere Ergebnisse in der Vorbereitung erzielen, ist wohl
auch völlig klar. Was die Ergebnisse einer Vorbereitung wirklich
wert sind, erkennt man, wenn man die Augen auf den großen Bruder
Fußball richtet. Dort gibt es den Ligapokal-Sieger HSV, welcher in
der Vorbereitung sehr souverän gespielt hat, nun aber dennoch am
Ende der Tabelle wiederzufinden ist. Von daher zählen für mich
wirklich nur die kommenden Bundesligabegegnungen, wenn es wirklich
um Punkte geht. Dann wird sich zeigen, wie gut und effektiv unsere
Vorbereitung wirklich war.
- Zebra:
-
Die letzte Saison verlief für Kieler Verhältnisse eher
durchwachsen. Was entgegnen Sie Kritikern, die behaupten, der
Umbruch käme ein Jahr zu spät?
- Uwe Schwenker:
-
Nun, wann genau der richtige Zeitpunkt ist, das weiß man nie und
wenn wir im letzten Jahr nicht diese Vielzahl von Verletzten
gehabt hätten, hätten wir auch gleich auf einem ganz anderen
Niveau gespielt. Ich denke, dieses Thema ist hinreichend von
vielen Experten, Fans und natürlich auch von uns diskutiert und
erörtert worden. Als Konsequenz daraus haben wir nun beschlossen,
mit einer neuen, jungen Truppe in die nähere Zukunft zu gehen. Das
war der richtige Schritt, ob es der richtige Zeitpunkt war,
darüber ist es müßig nachzudenken. Ich denke an die Gegenwart und
die Zukunft - das ist das wirklich Entscheidende.
- Zebra:
-
Was ist Ihrer Meinung nach die Hauptursache für die extrem vielen
verletzten Spieler in Ihren Reihen der letzten Saison? Hätte man
dem entgegenwirken können oder kann man es in Zukunft?
- Uwe Schwenker:
-
Das ist schwer zu beantworten. Im Prinzip sind fast alle
Verletzungen durch Fremdeinwirkungen zu Stande gekommen. Es hängt
sicherlich mit der großen Belastung der vielen Pflichtspiele
zusammen, der die Spieler unterworfen sind. Wenn die Verletzungen
durch Trainingsbelastungen o.ä. passiert wären, könnte man an die
Sache ganz anders herangehen. Unsere Spieler sind nun einmal fast
ausschließlich durch die Beteiligung Dritter verletzt worden -
dies ist ein Risiko, mit dem man immer rechnen muss. Dass sich in
der Tat eine solch große Anzahl von Spielern so schwer verletzt
haben war für uns ein gewaltiges Handicap, welches uns noch heute
mit den Verletzungen von
Lozano und
Lövgren teilweise belastet.
Bei der großen Anzahl von Spielen in der Bundesliga, dem DHB- und
Europapokalen und zusätzlichen Nationalmannschaftseinsätzen ist es
wichtig, einen großen ausgeglichenen Kader zu haben, um seine
Spieler in gewisser Weise rotierend einsetzen zu können - was
allerdings nicht immer finanziell machbar ist.
- Zebra:
-
Wenn man es genau nimmt, haben Sie in diesem Jahr zwei Spieler
weniger zur Verfügung als im letzten Jahr (fünf Zugänge, sieben
Abgänge). Ist das Team dadurch nicht noch anfälliger für
Verletzungen als im Vorjahr?
- Uwe Schwenker:
-
Also ich sage, wir haben sogar mehr Spieler als in der letzten
Saison. Effektiv haben letztes Jahr eigentlich weniger Leute
gespielt als uns momentan zur Verfügung stehen. Das hängt damit
zusammen, dass uns der eine oder andere Spieler quasi die gesamte
Spielzeit gefehlt hat und wir lediglich versucht haben, durch
kurzfristige Neuverpflichtungen die entstandenen Löcher zu
stopfen. Jetzt haben wir einen Kader zusammen, der weitgehend fit
ist, wenn man eben von den für uns wichtigen Spielern
Lozano und
Lövgren absieht,
die ebenfalls bei Saisonbeginn hoffentlich wieder
einsatzbereit sein werden.
- Zebra:
-
Sind die Transferaktionen für diese Saison also definitiv
abgeschlossen?
- Uwe Schwenker:
-
Absolut! Bei sachlicher Analyse und näherer Betrachtung kann man
davon ausgehen, dass diese Mannschaft eine Investition in die
Zukunft ist. Ein Kader dieser Größe und Qualität, davon gehen das
engere, sowie das weitere Umfeld aus, wird in der Lage sein, den
vielen Kieler Fans in absehbarer Zukunft eine Menge Spaß und auch
Erfolg bieten zu können. Diese Investitionen waren durchaus ein
nicht geringer Kraftakt, der selbst für den THW an seine
finanziellen Grenzen des Machbaren trifft. Von daher schließe ich
momentan völlig aus, dass es in dieser Saison zu einer weiteren
Verpflichtung kommt, obwohl wir selbstverständlich immer unsere
Augen überall bei Spielern haben, die zum THW passen würden. Es
war für uns wichtig, wieder eine Mannschaft zu haben, auf deren
Kern man punktuell weiter aufbauen kann, aber sicherlich nicht in
dieser Saison.
- Zebra:
-
Gibt es Ihrer Meinung nach das ideale Alter eines Handballers? Wie
lange dauert heutzutage eine durchschnittliche Karriere?
- Uwe Schwenker:
-
Man kann schon sagen, dass die Karrieren der Handballer mit
zunehmender Zeit länger werden. Die hohen Belastungen sind zwar
ein Problem, aber die Rahmenbedingungen werden ständig besser. Was
heute an medizinischen und physiotherapeutischen Leistungen
erbracht wird und auch an Reha- oder Präventivmaßnahmen
unternommen wird, geht weit darüber hinaus, was noch vor fünf oder
zehn Jahren möglich war. Von daher wird es für viele Spieler ganz
einfach auch eine längere aktive Zeit geben, insbesondere auch
deshalb, weil mit Profi-Handball mittlerweile doch gutes Geld zu
verdienen ist. Dieser Vorgang ist mit anderen Sportarten durchaus
mit Parallelen behaftet, ein ideales Alter gibt es aber eigentlich
nicht. Am liebsten hätte man natürlich einen Weltklasse-Spieler
mit einem großen Erfahrungsschatz, der aber noch 21 Jahre alt ist.
Den würde man natürlich nie finden, was wir in der Vergangenheit
damit zum Ausdruck gebracht heben, dass für uns in erster Linie
Leistung zählt, nicht das Alter. In der jetzigen Situation macht
es allerdings Sinn, eine neue, junge Mannschaft aufzubauen, die
noch lange zusammen spielen kann.
- Zebra:
-
Wie lange könnte diese Mannschaft also noch zusammen spielen, wenn
es nach Vorstellung der Clubführung geht?
- Uwe Schwenker:
-
Ich denke, es wäre vermessen zu sagen, diese Spieler spielen noch
x oder y Jahre beim THW Kiel. Die Situation ändert sich stetig,
wodurch man unweigerlich dazu gezwungen wird, auf bestimmte
Vorgänge und Herausforderungen Einfluss zu nehmen. Es ist sehr
schwierig, wirklich langfristig zu planen. Es war und ist Ziel des
THW Kiel, nicht nur im Umfeld, sondern auch in der Mannschaft
Kontinuität an den Tag zu legen und eine Mannschaft solange wie
möglich von großen Veränderungen zu verschonen um auch eine
Identifikation mit den Fans herstellen zu können. Das sind wir
unseren treuen Zuschauern, als auch unseren langjährigen
Sponsoren einfach schuldig.
- Zebra:
-
Werfen wir nun einen Blick auf den Rest der Liga. Wie schätzen Sie
Ihre Konkurrenz ein? Wer ist Ihr Favorit?
- Uwe Schwenker:
-
Die Konkurrenz ist immer groß. Es wird in dieser Saison wohl
sieben Mannschaften geben, die um die ersten Plätze mitspielen
können, was ich sehr positiv bewerte. Problematisch, aus meiner
Sicht zumindest, ist die Gefahr, dass die Liga sich mehr und mehr
zweiteilt. Wir müssen aufpassen, dass die Attraktivität der Liga
erhalten bleibt, dass der letzte im Zweifel den ersten der Liga
noch schlagen kann, denn nur dann kann man auch über die gesamte
Saison hinweg die Hallen ausverkaufen. Es darf nicht sein, dass
es, ähnlich wie in Spanien, eine kleine Spitze von Topmannschaften
gibt und der Rest der Liga fällt deutlich ab.
- Zebra:
-
Welche Mittel kann man der Zweiteilung der Liga entgegensetzen?
- Uwe Schwenker:
-
Das sind Fragen, die man innerhalb der Liga diskutieren muss.
Angefangen bei der Zentralvermarktung, Verteilung von
möglicherweise noch zu generierender Gelder und dergleichen. Ich
weiß selbstverständlich, dass durchaus gewisse Egoismen
vorherrschen, welche durch den freien Wettbewerb ganz natürlich
sind. Dennoch sollten alle unsere Bestrebungen darauf
hinauslaufen, diese Zweiteilung zu verhindern, denn nur wenn man
spannende Spiele garantieren kann, wird man genügend Zuschauer in
die Hallen bewegen und auch die Spiele richtig vermarkten können.
- Zebra:
-
Glauben Sie an einen erneuten Alleingang des TBV Lemgo?
- Uwe Schwenker:
-
Der TBV Lemgo hat eine herausragende Mannschaft, mit der auf jeden
Fall wieder zu rechnen ist. Das Team ist perfekt eingespielt und
besitzt auch das nötige Selbstvertrauen, den Titel erneut zu
holen. Dennoch ist der Lemgoer Kader auch nicht besonders üppig
mit Spielern ausgestattet, so dass es abzuwarten gilt, wie die
Mannschaft mit der hohen Belastung und drohenden Verletzungen
umgehen kann. Es hängt auch vieles von einem guten Saisonstart ab.
Wenn wir selber gut in die Gänge kommen, können wir auch eine gute
Rolle spielen.
- Zebra:
-
Die SG Flensburg-Handewitt hat sich im letzten Jahr sehr darüber
gefreut, vor ihrem Nordrivalen, dem THW Kiel zu stehen. Denken
Sie, das Blatt wird sich in dieser Saison ändern?
- Uwe Schwenker:
-
Wir selbst haben eigentlich nie in Richtung Flensburg geschielt.
Wir sind wir und wollen jedes Jahr den bestmöglichen Handball
bieten. Es gibt eine gewisse Konkurrenzsituation, welche sowohl
für Flensburg als auch für uns sicherlich sehr positiv ist. Es
wäre nicht gut, wenn eine der beiden Mannschaften sich am Ende der
Tabelle wiederfinden würde, da die Konkurrenzsituation somit stark
abnehmen würde. Unsere Begegnungen sind voll von Emotionen und ich
denke, dies ist für beide Seiten positiv. Bei der Platzierung
schauen wir, wie gesagt, nicht auf Flensburg, sondern versuchen
einfach, jedes Spiel zu gewinnen.
- Zebra:
-
Denken Sie auch an bestimmte Überraschungsmannschaften?
- Uwe Schwenker:
-
Ich hoffe und glaube eigentlich, dass es dieses Jahr mehr
Überraschungen geben wird als letztes Jahr. Das liegt daran, dass
sich viele Mannschaften durchaus gut und sinnvoll verstärkt haben.
Wer momentan immer noch als eine Art "Underdog" gehandelt wird,
ist der HSV Hamburg, die aus meiner Sicht aber, was
Personalkosten, Etat, Budget und Zusammensetzung der Mannschaft
mit das Beste haben, was der deutsche Handball zu bieten hat. Auch
Mannschaften wie Nordhorn, Wallau-Massenheim oder Gummersbach
werden eine gute Rolle spielen können. Insbesondere die
Gummersbacher sind immer wieder für eine Überraschung gut. Es
bleibt abzuwarten, wie sie sich über die gesamte Saison mit ihrem
eher knappen Kader in der oberen Hälfte der Tabelle beweisen
können.
- Zebra:
-
Sie haben auf der Pressekonferenz zur Saisoneröffnung gesagt, die
Einnahmen aus der Champions League würden Ihnen schon fehlen. Kann
man sagen, oberste Priorität ist es, die Champions League so
schnell wie möglich zu erreichen?
- Uwe Schwenker:
-
Die Champions League ist ganz klar die Premiumklasse im Handball
und es ist sicherlich für jeden Spieler und jedes Team, diesen
Wettbewerb zu erreichen, um mit den besten Mannschaften Europas
einen gemeinsamen Titel auszuspielen. Aus wirtschaftlichen Gründen
könnten wir aber auch längerfristig darauf verzichten, Ziel ist
und bleibt es aber diesen Cup zu erreichen und irgendwann einmal
ihn hoffentlich auch zu gewinnen.
- Zebra:
-
Wie wichtig war die Qualifikation für den EHF-Cup in der letzten
Saison?
- Uwe Schwenker:
-
Es ist immer gut für den Verein, auch europäisch vertreten zu
sein. Es ist eben nicht die Premiumklasse Champions League, in der
man gegen solch große Vereine wie Barcelona spielen kann, aber ich
denke, es ist dennoch wichtig, auch für die Spieler aus dem
Bundesligaalltag einmal herauszukommen und natürlich auch besser
für unser Image als europäischer Spitzenverein. Ebenfalls nicht zu
unterschätzen war der dazugehörende Leistungsschub zum Ende der
letzten Saison, der doch viele Fans noch einmal versöhnlich
gestimmt hat und für die verbleibenden Spieler einen besseren
Übergang in die neue Spielzeit darstellt. Darüber hinaus muss man
anmerken, dass wir als zweiter deutscher Teilnehmer in diesem Cup
nicht gesetzt sind und von Anfang an gegen die Topmannschaften
antreten können, was der Attraktivität der Spiele zugute kommen
wird. Wir werden uns bemühen, soweit wie möglich zu kommen.
- Zebra:
-
Die stets ausverkaufte Ostseehalle wurde im letzten Jahrzehnt sehr
verwöhnt und erwartet Erfolge. Muss sich das Publikum in näherer
Zukunft bescheidener geben?
- Uwe Schwenker:
-
Ich war und bin davon überzeugt, dass wir ein sehr sach- und
fachkundiges Publikum haben, das durchaus einschätzen kann, wie
die Situation sich momentan darstellt. Ich denke, es wird auch
sicherlich einer jungen Mannschaft Rechnung tragen, dass sie zu
100 Prozent Einsatz und Siegeswillen zeigt, auch wenn der ein oder
andere Spieler mangels Erfahrung nicht die nötige Routine und
Kontinuität bringen kann. Ich hoffe und glaube auch, dass es die
Mannschaft trotzdem weiter ermutigen und unterstützen wird, wie es
seit eh und je war.
- Zebra:
-
Sie haben zuletzt schon mehrmals auf die immer weiter steigenden
Spielergehälter aufmerksam gemacht. Kann dieses asymetrische
Verhältnis der Entwicklung von relativ stabilen Einnahmen und
höheren Ausgaben bald zum Problem werden?
- Uwe Schwenker:
-
Natürlich kann das ein Problem sein und es ist unsere Aufgabe, mit
dieser Entwicklung fertig zu werden. Der Handball wird durch gute
Spieler natürlich auch attraktiver. Allerdings ist der
Transfermarkt sehr übersichtlich, was wirklich gute Spieler
betrifft, so dass sich oft viele Vereine gleichzeitig auf die
besten Spieler stürzen, wodurch die Preise entsprechend der
Nachfrage steigen. Bei der momentanen wirtschaftlichen Lage ist
dies ein antizyklisches Verhältnis und kann nicht endlos gut
gehen, da wir nicht mehr ausgeben können, als wir einnehmen. Hinzu
kommt, dass die Spielergehälter auf Netto-Basis ausgehandelt und
Brutto bezahlt werden. Ein junger, unverheirateter Spieler kostet
also mehr Geld als ein Verheirateter.
- Zebra:
-
Kleineren Vereinen stehen noch wesentlich weniger Mittel zur
Verfügung als dem THW. Dennoch war von drohenden Insolvenzanträgen
in letzter Zeit nichts zu hören. Hat sich die Bundesliga sozusagen
"gesund geschwitzt"?
- Uwe Schwenker:
-
Ich war in den letzten Jahren nicht im Ligaausschuss dabei und
kann somit wenig über die Internas sagen, auf der anderen Seite
glaube ich schon, dass das neue Lizensierungsverfahren, welches
vor einigen Jahren neu eingeführt worden ist, nun auch langsam
greift. Dies ist sehr positiv für die gesamte Liga, da uns
sportliche Nachrichten natürlich wesentlich besser bekommen als
finanzielle Insolvenzfälle. Ich glaube schon, dass man
mittlerweile schrittweise dazu übergegangen ist, insgesamt
seriöser und sicherer zu wirtschaften.
- Zebra:
-
Der THW ist dabei, sich mit Hilfe einer Münchner Agentur ein
neues, moderneres Gesicht zuzulegen. Was versprechen Sie sich
davon?
- Uwe Schwenker:
-
Grundsätzlich war es für mich eigentlich klar, dass wenn eine Ära
zu Ende geht und die Zukunft einer neuen, jungen Mannschaft
startet, sollte dies auch nach außen hin sichtbar sein. Insofern
lag es nah, "wann, wenn nicht jetzt", sich auch ein neues Design
zuzulegen. Es dient dazu, den THW unverkennbar darzustellen und zu
vereinheitlichen, was zwar wichtig ist, hinter dem Sport aber
deutlich zurücksteht. Ich denke, es ist einfach wichtig für einen
Spitzenverein wie den THW Kiel auch ein entsprechendes
Erscheinungsbild zu haben, im Zweifel auch etwas jünger und
moderner rüberkommt und man sofort erkennt: Das ist der THW! Diese
neue Wahrnehmung wird sich aber sehr schnell einstellen, sobald
die ersten Tore wieder fallen.
- Zebra:
-
Auffällig am Logo des THW ist, dass man dem Zebra das Auge und die
Freundlichkeit genommen hat...
- Uwe Schwenker:
-
Das ist richtig und auch durchaus beabsichtigt so. Das neue Logo
ist ein Ergebnis repräsentativer Umfragen. Das alte Zebra wurde
demnach als zu freundlich und sympathisch empfunden und passt nicht
so gut zu einer Mannschaft, welche nicht unbedingt gewillt ist,
Geschenke an den Gegner zu verteilen. Das neue Zebra wirkt
wesentlich moderner und kämpferischer. Ich selber habe mich
inzwischen daran gewöhnt und es gefällt mir immer besser, je
länger oder öfter ich es anschaue. Man hat eben eine neue Richtung
eingeschlagen, ohne aber die alten Tugenden und Werte in diesem
neuen Gesicht vergessen zu lassen.
- Zebra:
-
Es ist aber nicht geplant, sich in Zukunft einen Beinamen zu
geben, wie beispielsweise die Magdeburg Gladiators?
- Uwe Schwenker:
-
Nein, auf keinen Fall!
- Zebra:
-
Wie kommt man als Nordlicht ausgerechnet auf eine Münchner
Agentur?
- Uwe Schwenker:
-
Die Wege sind nun einmal unergründlich. Es handelt sich bei
"ProSC" um eine Agentur, die dem Handball sehr geneigt ist, der
man bei verschiedenen Veranstaltungen öfters über den Weg gelaufen
ist. Die ersten Kontaktaufnahmen gab es von dieser Agentur an uns,
wenn sie sich im Handball engagieren, dann wollten sie es bei dem
THW Kiel. So hat sich die Verbindung nach und nach ergeben.
- Zebra:
-
Haben Sie noch Einflüsse auf die TV-Vermarktung der Liga, nachdem
Sie aus dem Ligaausschuss zurückgetreten sind? Ist mit Ihnen dort
in absehbarer Zeit wieder zu rechnen?
- Uwe Schwenker:
-
Ich glaube, ich habe immer noch genügend Kontakte und es wird auch
immer noch genug gesprochen. Das Entscheidende aus meiner Sicht
ist, ganz gleich wer welche Aktivitäten startet, dass dafür Sorge
getragen wird, dass der Handball im Fernsehen mehr präsent ist.
Den Teil, den ich dazu beitragen kann, will ich auch gerne dazu
beitragen. Im Moment ist es für mich allerdings kein Thema, dem
Ligaausschuss wieder beizutreten. Ich widme mich jetzt voll und
ganz dem THW. Es kommt jetzt eine sehr schöne und spannende Zeit
auf uns zu, welche aber auch mit viel Arbeit zu tun hat. Das heißt
natürlich nicht, dass ich fortan alles über mich ergehen lassen
werde, was über den THW hinaus auf nationaler Ebene passiert, da
ist man natürlich schon versucht, ein wenig Einfluss zu nehmen.
- Zebra:
-
Größeres Medieninteresse am Handball ist trotz der sehr
erfolgreichen Europa- und Weltmeisterschaften und stetig
steigenden Zuschauerzahlen größtenteils ausgeblieben. Sind Sie von
dieser Entwicklung persönlich enttäuscht?
- Uwe Schwenker:
-
Ich bin ehrlich gesagt nicht überrascht davon, aber weh tun tut es
dennoch. Man muss sich verinnerlichen, was die Fernsehmacher dazu
bewegt, Sport im Fernsehen zu zeigen. Neben der Fußball-Bundesliga
gibt es eigentlich nur "Events" wie Welt- oder
Europameisterschaften, welche dort Anklang finden. Das ist
natürlich etwas anderes, als über den Handball-Bundesliga-Alltag
zu berichten, der somit mehr und mehr zum "Regionalsport"
verkommt. Dennoch bin ich davon überzeugt, dass es in dieser
Saison auch wieder Bundesligaspiele im TV zu sehen gibt, auch ohne
dabei draufzahlen zu müssen. Der Handball birgt als TV-Sport noch
großes, ungeahntes Potential, welches es aufzuzeigen gilt.
- Zebra:
-
Orientieren Sie sich also an Großereignissen wie im Fußball oder
der amerikanischen NBA?
- Uwe Schwenker:
-
Ich glaube, wer die Spiele in der Ostseehalle, der Köln-Arena oder
auch Color-Line-Arena betrachtet, wird erkennen, dass durchaus ein
gewisser Eventcharakter zum Vorschein kommt. Der Großteil der
Zuschauer nimmt diesen Weg auch sehr gut auf.
- Zebra:
-
Können Sie schon ein Fazit über den Hallenumbau ziehen? Hat er
sich bewährt?
- Uwe Schwenker:
-
Unsere Rückmeldungen waren durchweg positiv, sowohl von den
Betreibern als auch von den Zuschauern. Die Leute bleiben vor und
nach dem Spiel länger in der Halle, was allerdings auch abhängig
vom Wochentag ist, an dem das Spiel stattfindet. Ich denke, der
sehr erfolgreiche Dauerkarten-Verkauf zeigt auch sehr
deutlich,dass man auch mit dieser großen Halle den einzelnen
Zuschauer doch gut erreicht. Das bedeutet für uns eine
dementsprechende Verpflichtung, die gute Atmosphäre in der Halle
beizubehalten.
- Zebra:
-
Unter Ihrem Management hat sich der THW zu einem absoluten
Spitzenverein gemausert und hat Sie sicherlich viele Entbehrungen
gekostet. Wie vereinbaren Sie Ihren zeitaufwendigen Beruf mit
Ihrem Privatleben?
- Uwe Schwenker:
-
(lächelt) Nun, das sollten Sie am besten meine Frau fragen. Im
Ernst, meine Familie ist mir sehr wichtig und ich bin ihr sehr
dankbar, dass sie voll und ganz hinter mir steht. Meine Frau trägt
meine Interessen mit, hat früher selber einmal Handball gespielt
und steht außerdem voll in ihrem eigenen Beruf. Ansonsten würde
sich die Situation wahrscheinlich schwieriger darstellen... Im
übrigen denken viele meiner Spieler, ich stünde den halben Tag auf
dem Golfplatz, was natürlich nur entfernt der Wahrheit entspricht,
wenn ich danach noch bis abends um 10 Uhr beschäftigt bin.
- Zebra:
-
Und woher nehmen Sie die Motivation, jedes Jahr von neuem eine
Top-Mannschaft zusammenzustellen, wobei Sie ja eigentlich schon
mehr als die meisten anderen erreicht haben?
- Uwe Schwenker:
-
Das stellt sich für mich relativ einfach dar. Selbst wenn ich
nicht den THW managen würde, würde ich mich trotzdem ständig mit
Handball beschäftigen. Ich habe sozusagen mein Hobby zum Beruf
gemacht- für mich ist es die ideale Kombination. Ich setze mir
jedes Jahr neue Ziele, wenn mein Team gerade Meister wurde, setze
ich alles daran, die erbrachte Leistung immer wieder zu
bestätigen, was ungleich schwerer ist, als vorher einmal Meister
zu werden. Ich möchte mich nicht auf meinen Lorbeeren ausruhen.
(Das Interview führten Thomas Fischer und Sascha Klahn (living-sports).)