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21.01.2004 EM 2004 / Nationalmannschaft

Kieler Nachrichten: Start gegen Serbien ohne Stars

Bundestrainer Brand stuft deutschen Auftaktgegner heute deshalb als "noch gefährlicher" ein

Aus den Kieler Nachrichten vom 22.01.2004:

Koper - In Koper ist alles gerichtet. Die Organisatoren in der kleinen slowenischen Hafenstadt an der Adria-Küste warten nur noch auf den Startschuss der 6. Handball-Europameisterschaft. Der fällt heute um 18 Uhr mit dem Premierenspiel der Vorrundengruppe D zwischen Frankreich und Polen. Um 20.30 Uhr folgt der erste Auftritt der deutschen Mannschaft, die auf Serbien & Montenegro (beide Spiele live im DSF) trifft.
Passend zum mediterranen Ambiente Kopers zeigt sich auch das Wetter von seiner besten Seite: Die Sonne strahlt aus einem stahlblauen Himmel. Im deutschen Trainingscamp geht's dagegen weniger heiter zu. Bundestrainer Heiner Brand schlurft zumeist mit in Falten gelegter Stirn durch die Sporthalle. "Wir haben die schwerste Gruppe erwischt und wissen, was auf uns zukommt", sagt der 51-Jährige. Und: "Es ist noch eine Steigerung von Nöten, um wieder ganz oben mitzuspielen." Purer Optimismus klingt nicht aus diesen Sätzen.

Das mag auch daran liegen, dass mit Stefan Kretzschmar verletzungsbedingt eine Leitfigur fehlt, außerdem meldete sich Frank von Behren freiwillig ab. Der Gummersbacher hatte seinen EM-Verzicht mit fehlender Form begründet, obwohl Brand den 27-Jährigen für eine defensive Aufgabe eingeplant hatte. Kapitän Markus Baur kann den Schritt seines Kollegen nicht nachvollziehen. Frank habe sich zwar so entschieden, bemerkte der Lemgoer gestern säuerlich, "aber ich persönlich bin da anderer Meinung." Mehr wollte Baur, der heute seinen 33. Geburtstag feiert, zum Thema von Behren nicht beisteuern. Wohl der Ruhe wegen.

Unruhe kann die Mannschaft auch bien, startet heute mit der Nationalmannschaft in sein letztes großes Turnier. Foto dpa nicht gebrauchen. Der heutige Gegner erfordert höchste Konzentration - auch wenn dem Team aus Serbien & Montenegro mit Jovanovic, Perunicic und Skrbic gleich drei Spieler von Weltklasseformat fehlen. Das mache diese Mannschaft vielleicht sogar noch einen Tick gefährlicher, mutmaßt Heiner Brand. "Weil die so genannten Stars nicht dabei sind, werden sie mannschaftlich geschlossener auftreten. Eine Fixierung auf bestimmte Spieler wird nicht möglich sein."

Trainer des neu formierten Teams vom Balkan ist übrigens Veselin Vujovic. Das ist jener Mann, der vor rund zwei Jahren als Übungsleiter des spanischen Klubs Ciudad Real im Europacupfinale gegen Flensburg einen Skandal auslöste, als er nach 30 Metern Anlauf einen Flensburger Spieler per Karatesprung niederriss und eine Schlägerei auf dem Parkett auslöste. Die Folge: Ciudad Real kündigte Vujovic, außerdem wurde der 42-Jährige von der EHF gesperrt. Als Landestrainer darf sich der Montenegriner jetzt neu versuchen.

Ins deutsche Team zurückgekehrt ist Volker Zerbe. Der 2,11-Meter lange Schlaks aus Lemgo macht es wie immer in den zurück liegenden vier Jahren. Wegen beruflicher Überlastung steht der Bankkaufmann dem DHB-Team ausschließlich als Handball-Teilzeitkraft bei großen Turnieren zur Verfügung. Probleme verursacht die "Lex Zerbe" nicht. "Volker genießt im Team eine Ausnahmestellung", bestätigt Markus Baur, "er ist für uns unverzichtbar."

Die Integration in kürzester Zeit bereitet dem 35-Jährigen keinerlei Schwierigkeiten. Zerbe: "Ich kenne die Abläufe, in Lemgo spiele ich jeden Tag mit vielen Nationalspielern zusammen." Allerdings wird Slowenien zur letzten EM-Station für den "Langen". Gestern stellte er unmissverständlich klar: "Nach den Olympischen Spielen in Athen ist das Thema Nationalmannschaft für mich endgültig abgehakt."

(Von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 22.01.2004)


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