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31.01.2004 EM 2004 / Nationalmannschaften

Kieler Nachrichten: "Dänemark spielt den Handball der Zukunft, aber hat Angst vor Fritz"

Interview mit Flensburgs Ex-Trainer Anders Dahl-Nielsen

Aus den Kieler Nachrichten vom 31.01.2004:

Anders Dahl Nielsen ist ein profunder Kenner des dänischen und deutschen Handballs. Der 55-jährige Däne war als Spieler und Trainer eine Kapazität. 1978 traf er bei der Weltmeisterschaft im eigenen Land auf Bundestrainer Heiner Brand, die Deutschen gewannen auf dem Weg zum Gold das Halbfinale gegen die Gastgeber. Später lernte Dahl Nielsen die Bundesliga als Trainer der SG Flensburg-Handewitt kennen. Er führte die SG in die deutsche Spitze. In Slowenien ist er für die Fernsehstation TV2 als Co-Kommentator tätig. Die KN sprachen mit Anders Dahl Nielsen.
Kieler Nachrichten:
Bei der EM in Schweden gab es bereits das Halbfinale Deutschland gegen Dänemark. Die Deutschen gewannen. Glückt die Revanche?
Anders Dahl Nielsen:
Das wird natürlich ein ganz enges Spiel. Beide Mannschaften zählen zu den besten auf der Welt. Aber wir rechnen uns gute Chancen aus. Gegen Schweden und Russland haben wir hier in Slowenien schon die Revanche für Niederlagen bei der EM 2002 geschafft, jetzt könnte Deutschland dran sein.
Kieler Nachrichten:
Was zeichnet die dänische Mannschaft aus?
Anders Dahl Nielsen:
Dänemark spielt Tempohandball, den Handball der Zukunft. Das wird in Deutschland zwar auch, vor allem in Lemgo, praktiziert, aber nicht so konsequent wie bei uns. Ich glaube, dass wir demnächst Europas Handball-Thron besteigen werden. Vielleicht schon bei dieser EM. Wenn nicht jetzt, dann eben später. Schweden war im letzten Jahrzehnt der große Bruder, die Unbezwingbaren. Die haben wir herunter gestoßen. Eine Rolle im Spiel zwischen Dänemark und Deutschland spielt sicher auch die Rivalität zwischen Flensburg und Kiel. In der Bundesliga ist Flensburg mit seinen Dänen am THW vorbeigezogen. Psychologisch wird sich das hier auswirken. Die vier THW-Schweden haben es erfahren, vielleicht am Sonnabend die drei Kieler im Team der Deutschen.
Kieler Nachrichten:
Wie sehr nimmt die Bevölkerung Anteil an Dänemarks Höhenflug in Slowenien?
Anders Dahl Nielsen:
Das ist sensationell. Klar, im Sommer ist Fußball die Nummer eins, aber in den Wintermonaten eindeutig Handball. Dänemark ist im Fieber. Von den fünf Millionen Einwohnern sehen mindestens 1,7 die EM-Spiele im Fernsehen. Das muss man einmal auf die 80 Millionen Deutschen relativieren. Das gäbe eine Traumquote. Am Mittwoch liefen bei TV2 insgesamt fünf Handballspiele mit hoher Sehbeteiligung.
Kieler Nachrichten:
Warum gewinnt Dänemark das Halbfinale?
Anders Dahl Nielsen:
Wir sind ausgeruhter, gereifter und wollen unbedingt gewinnen. Die Jungs sind einfach noch unverbraucht. Allerdings: Das ganze Spekulieren vor dem Spiel, taktische Planspiele und irgendwelche psychologischen Tricks sind für die Katz, wenn Henning Fritz wieder so einen Tag erwischt, wie gegen Ungarn. Wenn der Mann den Kasten zunagelt, hast du keine Chance. Vor Fritz haben unsere Spieler die meiste Angst.
(Das Gespräch führte Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 31.01.2004)


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