Aus den Kieler Nachrichten vom 03.08.2004:
Varel-Obenstrohe - Nationalspieler ist
Mattias Andersson schon seit
sechs Jahren. Doch gespielt hat der Torhüter des THW Kiel im Dress der
Schweden nur selten. Länderspiele? "Ein paar mehr als 30. Für so eine
lange Zeit nicht viel", sah
Andersson im Schatten der beiden
erfahrenen Weltklasse-Keeper Tomas Svensson (36/HSV Hamburg) und
Peter Gentzel (35/HSG Nordhorn) wenig Licht.
Doch durch den Verzicht von
Gentzel auf die WM 2005 in Tunesien ist
jetzt ein Plätzchen in der ersten Reihe frei geworden. Für
Andersson
gibt es nur einen Kandidaten -
Andersson. "Das kann eigentlich nicht
anders sein." Am nötigen Selbstbewusstsein mangelt es dem 26-Jährigen,
der vor drei Jahren vom FC Barcelona an die Förde wechselte, wahrlich
nicht. Zudem kann sich sein Bewerbungsschreiben sehen lassen. "Ich
spiele mit Kiel schon seit Jahren auf höchstem Niveau." Außerdem habe
er den Vorteil, dass der Bundesligist in der Regel auf eine 6:0- oder
5:1-Abwehr setzt. "Das sind die Formationen, die wir auch in der
Nationalmannschaft spielen." Derzeit könnte
Andersson wohl nur der
eigene Rücken um den Tunesien-Trip bringen. "Im Frühjahr ging es mir
richtig schlecht." Bandscheibe oder Wirbelsäule - so recht wusste
keiner, woher die Schmerzen kamen, die den Schweden auf Eis legten.
Eine bittere Zeit für jemanden, der es hasst, beim Training nur
Zuschauer zu sein. Aus der Sommerpause kam mit
Andersson allerdings
auch ein erholter Rücken zurück. Noch sind ihm zwar große Sprünge
verboten. Auch Stoßbelastungen soll er vermeiden. So sitzt er morgens
des öfteren auf dem Fahrrad, wenn die Kollegen laufen. Doch bis zum
Saisonstart will
Andersson wieder fit sein. "Im Moment geht es mir
ziemlich gut."
Zeit genug also, um eine der WM-Fahrkarten zu lösen, die der neuen
Nationaltrainer Ingmar Lenell spätestens im Dezember vergibt. "Ganz
oben steht für mich zwar immer mein Verein, schließlich bezahlt der
mich. Die Nationalmannschaft ist aber ein toller Bonus." Der gelernte
Computer-Systemtechniker ist auch als Sportler ein rationaler Typ. Er
trainiert mit eiserner Disziplin, studiert stets intensiv gleich
mehrere Videos über den Gegner und nach dem Spiel die eigenen Fehler.
So krabbelte er Schritt für Schritt aus der Zweiten schwedischen Liga
in die Champions League und hat mittlerweile einen Vertrag bis Juni
2006 (Option bis 2008) beim THW Kiel in der Tasche. "Wer zufrieden mit
sich ist, der wird auch nicht mehr besser. Und ich möchte immer besser
werden."
Geht es nach ihm und seiner Freundin Anna Carlsson, die als
Journalistin für schwedische Zeitungen auch schon Franz Beckenbauer
traf, wird sich an dem Wohnort Kiel mittelfristig nichts ändern. "Es
besteht kein Grund zu wechseln. Wir fühlen uns wohl hier."
(Von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 03.08.2004)