Aus dem offiziellen Programmheft zum Länderspiel:
Premiere und Abschied in der Ostseehalle.
Magnus Wislander (40)
und
Staffan Olsson (40) werden nach nahezu zwei Jahrzehnten zum
letzten Mal ihre blau-gelben Trikots überstreifen und damit
Schwedens bislang erfolgreichste Handball-Ära endgültig
besiegeln. 1990 noch überraschend Weltmeister geworden und 1999
ein zweites Mal Gold, dazu vier Europameistertitel (1994, 1998,
2000, 2002), sowie drei olympische-Silbermedaillen (1994, 1996,
2000) - mehr als das vergangene Jahrzehnt dominierten die
"Bengaboys" den Welthandball. Nationaltrainer Bengt Johansson
garantierte Spaß an der Nationalmannschaft. Zuletzt verging den
Schweden allein beim Blick auf die Endklassements der
WM 2003
(13. Platz) und
EM 2004 (8. Platz) das Lachen. Die
Olympia-Qualifikation war verpasst, der große Traum vom noch fehlenden
Gold für die "alten Schweden" um
Wislander und
Olsson
ausgeträumt.
Schweden steht vor einem Neuanfang. An Johanssons Stelle, der
auf eigenen Wunsch zurücktrat, wird heute Abend Ingemar Linell
erstmals auf dem Trainerstuhl Platz nehmen. Vor seinem Debüt
sprach Sascha Klahn mit Schwedens neuem Coach über das besondere
Spiel in der Kieler Ostseehalle und die Zukunft der schwedischen
Handball-Nationalmannschaft.
- Zebra:
-
Herr Linell, Ihr erstes Spiel als schwedischer Nationaltrainer
steht bevor. Woran denken Sie dabei?
- Ingemar Linell:
-
Es wird sehr interessant, in Kiel zu spielen. Viele unserer
Spieler kommen von dort, zum anderen ist die Ostseehalle für
ihre einmalige Atmosphäre und ihr fachkundiges Publikum
berühmt. Zudem wird diese Begegnung durch den Abschied von
Magnus Wislander und
Staffan Olsson zu etwas ganz Besonderem -
für die Deutschen ist es ja ähnlich - Zeit, etwas Neues zu
beginnen. Für uns Schweden ist es wahrscheinlich der allerbeste
Ort, um in Deutschland zu spielen.
- Zebra:
-
Und Ihre eigene Premiere rückt in den Hintergrund?
- Ingemar Linell:
-
Natürlich ist dieses Spiel auch für mich etwas Besonderes, aber
darüber habe ich bislang nicht sonderlich viel nachgedacht.
Irgendwann ist schließlich immer das erste Mal. Der jetzige
Zeitpunkt ist eigentlich ziemlich gut, so können wir uns als
Mannschaft vor dem anstehenden World Cup, unserer ersten großen
Standort-Bestimmung, einmal mehr treffen.
- Zebra:
-
Sie treten ein schweres Erbe an.
- Ingemar Linell:
-
Es ist lustig, so zu denken. Ich habe die Verantwortung dafür
übernommen, mit dem schwedischen Handball den Schritt in die
Zukunft zu machen. Ich betrachte es jedoch nicht als große
Last, Nachfolger von Bengt Johansson zu sein. Er hatte über
Jahre hinweg das vielleicht beste Team der Welt. Und das ist
ein echter Vorteil: Denn so haben unsere jungen Spieler etwas,
zu dem sie aufschauen können. Auch ich kann aus der
Vergangenheit, sowie aus meinen Gesprächen mit Bengt Johansson
noch eine Menge lernen. Ich schaue deswegen mit einem guten
Gefühl in die Zukunft. Natürlich weiß ich, dass jedes Team nach
einem Umbruch seine Zeit, vielleicht Jahre braucht, um auf ein
solch hohes Niveau zurück zu kommen. Warten wir es ab, wir alle
werden jedenfalls unser Bestes geben. Mit der Unterstützung
unserer Trainer und Spieler im Rücken bin ich mir sicher, dass
wir nach der vergangenen Weltmeisterschaft nun einen Schritt
nach vorn machen werden.
- Zebra:
-
Ist in Kiel der Neubeginn für den schwedischen Handball?
- Ingemar Linell:
-
Für beide Mannschaften geht in diesem Spiel eine Ära zu Ende
und gleichzeitig beginnt etwas Neues. Natürlich weiß ich noch
nicht, welche Erkenntnisse wir am Ende aus diesem Spiel ziehen
werden. Aber es ist immer gut, als Mannschaft zusammen zu sein.
Das Ergebnis ist zunächst zweitrangig - außerdem fehlen uns in
dieser Begegnung einige Spieler aufgrund des Liga-Betriebes in
Flensburg, Hamburg oder in Sävehof. Aber es ist immer Zeit für
neue Spieler.
- Zebra:
-
Welche Vorstellungen haben Sie für die Zukunft?
- Ingemar Linell:
-
Wir müssen darauf achten, unsere Abwehr wieder zurück zu alter
Stärke zu führen. Dafür haben wir bereits zwei Systeme, die
5:1- und die 6:0-Variante erfolgreich getestet. Und darauf
aufbauend müssen wir wieder mehr Gegenstöße initiieren. Das
erscheint mir im modernen Handball momentan das Allerwichtigste
zu sein. Während der vergangenen drei Jahre hat das leider
nicht mehr so gut geklappt. Aber wir haben zweifelsohne ein
paar gute Systeme, jetzt müssen wir noch ein wenig mehr Tempo
und Aggressivität hineinbringen. Und die dritte Sache: Wir
brauchen eine neue Hierarchie im Team, neue Spieler werden
Verantwortung übernehmen müssen. Große Dinge also, die ihre
Zeit brauchen.
- Zebra:
-
Welche Ziele und Erwartungen haben Sie?
- Ingemar Linell:
-
So hoch wie möglich... Aber es gibt schließlich noch mehr
Mannschaften außer Schweden, die alle ganz oben stehen wollen.
Wenn wir aber die soeben angesprochenen Dinge umsetzen können,
werden sich die guten Ergebnisse von allein einstellen.
Allerdings möchte ich mich mit Prognosen noch zurückhalten, ich
bin ganz neu in meiner Rolle. Nach dem World Cup im November
werden wir wissen, wo wir stehen. Den Teamgeist kann ich
bereits heute spüren, und die jungen Leute bringen frische
Energie, die auch die altgedienten Spieler ansteckt. Es ist
aufregend, jetzt zu starten.
(Das Gespräch führte Sascha Klahn, aus dem offiziellen Programmheft zum Länderspiel)