Kiel/München - Die Handball-Bundesligisten schauen nach
Dortmund.
Am Donnerstag verhandelt das Landgericht die Anträge des
TUSEM Essen und der SG Wallau/Massenheim auf Erteilung einer
Einstweiligen Verfügung für die Lizenz zur neuen Saison.
"Das Lizenzierungsverfahren steht auf dem Prüfstand",
erklärte Andreas Thiel, Rechtsbeistand der Handball-Bundesliga (HBL).
Was denkt die Bundesliga-Konkurrenz über die Vorgänge?
Sport1.de sprach mit Kiels Manager
Uwe Schwenker über die
Prozesse und die Bedeutung für die Sportart Handball.
- Sport1:
-
Herr Schwenker, Sommerpause im Handball, aber man
weiß nicht, mit wie vielen Vereinen die neue Saison beginnt.
18, 19 oder 20 - kann man da planen?
- Uwe Schwenker:
-
Man kann. Ich gehe von 18 aus.
- Sport1:
-
Wie beurteilen Sie die Entscheidungen von Essen und
Wallau, vor einem Zivilgericht die Lizenz erstreiten zu
wollen?
- Uwe Schwenker:
-
Zunächst einmal: Ich denke, dass der
Gutachterausschuss und der Vorstand der HBL nach bestem
Wissen und Gewissen entschieden haben. Dass die Vereine alle
Mittel ausschöpfen, die Liga zu erhalten, ist verständlich.
- Sport1:
-
Und doch belastet es den Handball.
- Uwe Schwenker:
-
Natürlich. So bitter es wäre, wenn solche
Traditionsvereine nicht mehr erstklassig sind. Aber wenn die
wirtschaftlichen Vorraussetzungen nicht da sind, muss man
solche Entscheidungen treffen. Es geht um die
Glaubwürdigkeit und die Zukunft der Sportart!
- Sport1:
-
Aber das Image der Handball-Bundesliga leidet doch
schon jetzt durch die Lizenzentzüge.
- Uwe Schwenker:
-
Sicher ist es eine schwierige Situation. Aber
wenn man nicht im Rahmen seiner Möglichkeiten wirtschaftet,
geht es eben nicht mehr weiter. Wir müssen seriös bleiben.
Das sind wir unseren wirtschaftlichen Partnern und den Fans
schuldig.
- Sport1:
-
Allerdings wird das gesamte Lizenzierungsverfahren
durch beide Klubs in Zweifel gezogen.
- Uwe Schwenker:
-
Ich habe keinen Grund, am Lizenzierungsverfahren
zu zweifeln. Beide Vereine weichen stattdessen vom Lizenz-
und Schiedsvertrag ab, den sie unterschrieben haben.
- Sport1:
-
Es geht dabei auch um die Solidarität in der
Bundesliga.
- Uwe Schwenker:
-
Solidarität hin oder her. Jeder ist sich doch
selbst der Nächste, wenn es eng wird. Das überrascht nicht.
Ich laufe nicht illusorisch durch die Weltgeschichte. Mich
hat aber schon irritiert zu lesen, dass ein Sponsor mehr als
zwei Millionen Euro in Essen investieren soll. Damit hätte
er Partner der gesamten Liga und des DHB werden können. Oder
bei einem Fußball-Bundesligisten einsteigen können. Und
Klaus Schorn ist völlig überrascht, dass das Geld nicht
fließt... Bei dieser Summe hatte ich von Beginn an Zweifel.
- Sport1:
-
TUSEMs Manager Schorn wirft aber nun gerade der
Konkurrenz vor, jeder denke nur an sich.
- Uwe Schwenker:
-
Klaus Schorn war doch der Erste, der nur an sich
gedacht hat. Als es um die Zentralvermarktung ging, ist er
als Erster ausgeschert. Nach Gesprächen mit Kollegen habe
ich keine Zweifel, dass absolute Einigkeit in der Liga
besteht - bis auf diese beiden Ausnahmen. Die Bundesligisten
stehen zu den Entscheidungen des HBL-Vorstands. Es gibt ein
Solidaritätsgefühl in der Liga!
- Sport1:
-
Dennoch haben ja Funktionsträger anderer Vereine als
Mitglieder des HBL-Vorstands über Essen und Wallaus Zukunft
geurteilt. Da bleibt doch ein Nachgeschmack.
- Uwe Schwenker:
-
Ich glaube, das ist nicht gut rübergebracht
worden. Der Vorstand ist nur dem Urteil des unabhängigen
Gutachterausschusses gefolgt. Ich habe aber schon immer
gesagt, dass es unglücklich ist, dass andere Vereine im
Ligavorstand vertreten sind. Der Vorstand muss unabhängig
sein! Darüber müssen wir reden.
- Sport1:
-
Viele möchten auch, dass Sie im Vorstand der HBL
Verantwortung übernehmen.
- Uwe Schwenker:
-
Das werde ich in keinem Fall tun. Ich bin bereit,
der HBL zu helfen, wenn ich gefragt werde, zum Beispiel in
Sachen Marketing. Aber ich will nicht über andere urteilen.
(Das Gespräch führte Michael Schwartz, © 2005 Sport1)