Jetzt im Handel: Das große "Handball-Woche"-Vorschauheft auf die Spielzeit 2005/2006 ist da!

Er ist der erfolgreichste Trainer der Bundesliga. In seinen 13 Dienstjahren beim THW Kiel hat Zvonimir Serdarusic 16 nationale und internationale Titel errungen. An der Förde wird er deshalb verehrt, in der Bundesliga beneidet und gefürchtet. Freunde, so sagt er selber, dürfen ihn "Noka" nennen, alle anderen sagen lieber Zvonimir. Die HW sprach ihn im großen Vorschau-Interview huldvoll mit "Meistermacher" an

Handball-Woche:

Ist es nicht eintönig, Trainer des THW Kiel zu sein?

Noka Serdarusic:

Wieso sollte es das sein?!

Handball-Woche:

Sie sind seit 13 Jahren Trainer und in den vergangenen zwölf Jahren sind Sie acht Mal Deutscher Meister geworden...

Noka Serdarusic:

Aber eintönig ist es deswegen noch lange nicht. Wir sind zwar letztes Jahr wieder Meister geworden, davor aber war die Schale zwei Jahre bei anderen Vereinen. Bei uns in Kiel sind die Leute deswegen schon unruhig geworden. Wären wir ein drittes oder viertes Jahr ohne Titel gewesen, wäre in Kiel schnell die Trainerfrage aufgekommen. Da bin ich mir sicher. Von Eintönigkeit also keine Spur.

Handball-Woche:

ENTWEDER ODER
Wein oder Bier?
BIER
Zigarette oder Nikotinpflaster?
ZIGARETTE NATÜRLICH!
Kieler Sprotten oder norwegischer Lachs?
LACHS, KEINE FRAGE
Deutschland oder Kroatien?
DEUTSCHLAND
Normale Punkterunde oder Play-Off?
ICH BIN FÜR EINE KLASSISCHE PUNKTERUNDE
Abwehr oder Angriff?
DAS GEHÖRT BEIDES ZUSAMMEN
Sekt oder Selters?
SELTERS, WENN ES SEIN MUSS

Müssen Sie also in der kommenden Saison wieder Meister werden, um die Leute zu beruhigen? Wer gewinnt denn die Schale 2005/2006?

Noka Serdarusic:

Ach, das weiß keiner. Das sind immer wieder die gleichen Fragen vor der Saison. Ich habe schon immer gesagt, wenn ich alles wüsste, was im Sport so passiert, wäre ich kein Trainer geworden. Dann könnte ich viel Geld einfach so absahnen, ohne viel dafür zu tun.

Handball-Woche:

Aber Sie favorisieren schon die gleichen Teams wie auch in den vergangenen Jahren, oder?

Noka Serdarusic:

Ja, so ist es. Es ist wie jedes Jahr: Flensburg, Kiel, Lemgo, Magdeburg und Gummersbach müssen unbedingt nach oben, wollen unbedingt nach oben. Alle haben viel Potenzial und wenn es ein Klub dieses Quintetts schafft, ist es keine Überraschung.

Handball-Woche:

Mit acht Meisterschaften sind Sie der erfolgreichste Ligatrainer aller Zeiten. Verraten Sie den Lesern der HandballWoche Ihr Erfolgsrezept?

Noka Serdarusic:

Ich habe kein Rezept. Mit der Meisterschaft ist es wie bei einer Hausfrau. Die kocht tausend Mal das gleiche Gericht, mal gelingt es, mal eben nicht. Und das alles ohne Rezept.

Handball-Woche:

Woher nehmen Sie aber die Motivation, immer wieder oben sein und oben bleiben zu wollen?

Noka Serdarusic:

WAHR oder FALSCH
Disziplin ist der Schlüssel zum Erfolg
WAHR, aber Disziplin gehört nur dazu und ist ein wichtiger Faktor von vielen. Allein ist das nicht ausreichend.
Die Ostseehalle ist die beste Halle der Welt
WAHR, aber nur für den THW. Für andere Klubs nicht. Barcelona glaubt das übrigens auch vom Palau Blaugrana.
Ich höre auf zu rauchen, wenn Kiel die Champions League gewinnt
FALSCH, das würde nur passieren, wenn sich meine Frau das zum Geburtstag wünscht.
Ich habe einen Rentenvertag in Kiel
WAHR, 13 Jahre sind doch schon wie Rente, oder!
Angeln ist besser als Handball
WAHR, aber nur in der handball-freien Zeit.

Na ja, ich habe fast mein ganzes Leben nichts anderes gemacht und mich nur mit Handball beschäftigt. Ich bin mit 18 Jahren von zu Hause abgehauen, habe dann erste Liga in Kroatien gespielt, wurde schnell Nationalspieler. Bis zu meinem 34. Jahr war ich aktiv. Heute bin ich 54 und habe immer als Trainer gearbeitet, ohne eine Pause. Trainer zu sein, ist meine tägliche Arbeit, da bedarf es keiner zusätzlichen Motivation. Ich kenne es nicht anderes und will es nicht anders.

Handball-Woche:

Was wollen Sie noch erreichen? Gibt es sportliche Träume?

Noka Serdarusic:

Ach, Träume - ich bin eher Realist. Immer wieder ist es eine Herausforderung, zu Saisonbeginn eine neue Mannschaft zu formen und mit der dann am Ende ganz oben zu stehen, das ist schon was, wofür man hart arbeiten muss und wofür es sich auch lohnt, hart zu arbeiten. Aber es gibt natürlich ein großes Ziel: Ich habe nun mehrere Anläufe in der Champions League gehabt, nie ist es uns ganz geglückt. Dieses Jahr habe ich eine Mannschaft, die sehr ausgeglichen ist und wenn nun einer mal ausfällt, verliert das Team nicht gleich an Qualität. Das ist wichtig. Wir spielen ja auch alle drei Tage. In Spanien dagegen kannst du dich zwei Wochen auf ein Champions League Halbfinale oder Finale vorbereiten. In Deutschland musst du drei Tage vorher noch gegen Lemgo, Magdeburg oder Flensburg ran. Das hat uns all die Jahre zu schaffen gemacht. In diesem Jahr kann ich es mir vielleicht erlauben, den ein oder anderen Spieler mal zu schonen und in der Bundesliga trotzdem ein vermeintlich leichtes Spiel gewinnen. Die Chance, dieses Jahr nach ganz oben zu kommen, ist auf jeden Fall größer!

Handball-Woche:

EINS AUS DREI
Wenn ich einen Spieler meiner Wahl kaufen könnte, wäre das...
X a) der junge Magnus Wislander O b) Kristian Kjelling O c) Ivano Balic
Ich würde gern einmal Essen gehen mit...
O a) George Bush O b) Heidi Klum X c) Michael Schumacher
Mein Lieblingsauto ist ein...
O a) Ferrari O b) Mercedes O c) Volkswagen X auf jeden Fall ein deutsches Auto!
Der größte Handballer aller Zeiten ist...
O a) Erhard Wunderlich O b) Heiner Brand O c) Magnus Wislander X Ich möchte keinen beleidigen!
Meine größte Stärke ist...
O a) mein Ehrgeiz O b) meine Disziplin O c) mein "Dickkopf" X Genau in dieser Reihenfolge!
Meine größte Schwäche ist...
O a) das Rauchen O b) meine Enkeltochter O c) der THW Kiel X Ich nehme alle drei Antworten!

Wird es in der Liga vielleicht auch dadurch leichter, dass zwei starke Traditionsvereine mit Wallau-Massenheim und Essen nicht mehr vertreten sind?

Noka Serdarusic:

Zunächst muss ich sagen, dass es mir schon leid tut für beide Klubs. In erster Linie für Essen, dann erst für Wallau. Essen gegenüber fühle ich mich irgendwie verbunden. Zu meiner aktiven Zeit war TUSEM immerhin eine Macht. Aber ist die Liga schwächer? Ich sage spontan ja. Denn Wallau und auch Essen waren immer in der Lage, jedes Team zu Hause zu schlagen. Wenn man aber nur mal uns beim THW betrachtet, dann haben wir fünf Neuzugänge, davon haben vier nicht in der Liga gespielt. Das bereichert die Liga wieder. Wie bei Kiel ist es doch auch bei den anderen Vereinen. Insgesamt sind wohl 15 bis 20 Handballer dazu gekommen, die zur Weltspitze gehören. Das hebt das Niveau der Bundesliga.

Handball-Woche:

Hat die HBL denn richtig gehandelt, in dem sie Wallau und Essen die Lizenz verweigert und endlich einmal hart durchgegriffen hat?

Noka Serdarusic:

Eindeutig ja! Man kann halt nur so viel Geld ausgeben, wie man auch hat. In Kiel haben wir immer solide gewirtschaftet, mussten mal einen Spieler aus der zweiten Liga verpflichten oder wie im vergangenen Jahr die Saison mit zwölf Akteuren auskommen. Wenn ein Verein jedoch neue Spieler verpflichtet und weiß, er kann sie vielleicht nicht bezahlen, nimmt das also bewußt in Kauf, dann muss das bestraft werden. Wenn ich im Wettbewerb um die Verpflichtung eines Spielers stehe, ihm ein faires Angebot mache und dann kommt ein Klub, der mehr Geld bietet, obwohl das finanziell nicht abgesichtert ist, dann sage ich: das ist unfair und Wettbewerbs-Verzerrung!

Handball-Woche:

Um sich wirschaftlich zu bessern, suchen viele Vereine der Weg in die Großstädte und in die großen Arenen...

Noka Serdarusic:

Das ist nun mal die Zukunft des Handballs. Das habe ich schon vor Jahren gesagt. Ich verstehe diese Schwarzseher, diese schwarzen Krähen auch nicht, die immer behaupten, das würde dem Handball schaden, wenn er seine Wurzeln verlässt. In den letzten zehn Jahren hat sich der doch Handball toll entwickelt: die Hallen wurden ausgebaut, sogar neu gebaut. Wenn wir die Arenen in Magdeburg, Kiel, Hamburg und Köln vollkriegen, ist das wunderbar für unseren Sport. Das müssen die Leute aber begreifen.

Handball-Woche:

Sie haben noch ein Jahr Vertrag in Kiel. Wie geht es denn weiter?

Noka Serdarusic:

Der Verein und ich haben uns schon zusammen gesetzt und über die Zukunft diskuiert. Eine Entscheidung ist aber noch nicht endgültig gefallen. Ich muss mich selber fragen, wie lange will ich das alles, diesen Druck denn noch?

Handball-Woche:

Was wären die Alternativen?

Noka Serdarusic:

Auf keinen Fall Trainer einer Nationalmannschaft. Ich könnte mit dieser Stagnation nicht umgehen. Das wäre einfach nichts für mich. Ich habe aber auch kein Problem, mich zur Ruhe zu setzen. Ich wollte schon mal eine Bucht in Kroatien in der Nähe von Split kaufen. Einfach nur Angeln und genießen.

Handball-Woche:

Heißt das, Sie planen eine Rückehr nach Kroatien?

Noka Serdarusic:

Nein, nur zum Ausspannen. Mein Wohnsitz bleibt mein Leben lang in Kiel!

(Das Gespräch führte HW-Redakteur Olaf Bruchmann, aus der "Handball-Woche" Ausgabe 33/34/2005)

 

Außerdem stellte die "Handball-Woche" Noka Serdarusic folgende fünf Fragen:

Handball-Woche:

Wer wird Deutscher Meister?

Noka Serdarusic:

Kiel, Flensburg, Gummersbach, Magdeburg oder Lemgo.

Handball-Woche:

Wie lautet Ihr Saisonziel?

Noka Serdarusic:

"Wir geben die Schale nicht gerne ab. Dafür müssen uns schon andere überholen. Der Titel geht nur über uns."
THW-Trainer Noka Serdarusic.

Wenn man als Deutscher Meister in die Saison geht, muss die Titelverteidigung angestrebt werden. Außerdem wollen wir in der Champions League und im DHB-Pokal so weit wie möglich kommen.

Handball-Woche:

Wie schätzen Sie Ihr Team im Vergleich zum Vorjahr ein?

Noka Serdarusic:

Wir haben fünf neue Spieler geholt, von denen wir uns sehr viel versprechen. Es dauert sicher noch einige Zeit, ehe unsere Neuzugänge sich richtig eingelebt haben. Aber insgesamt sollten wir gegenüber der Vorsaison noch ein Stück stärker sein.

Handball-Woche:

Was erhoffen Sie sich von den Neuzugängen?

Noka Serdarusic:

Wir haben die Jungs geholt, weil sie gute Handballer sind und menschlich hervorragend zu uns passen. Die Neuzugänge verstärken unser Team und ermöglichen ein variableres Spiel. Mit ihnen haben wir eine noch bessere und kompakte Truppe.

Handball-Woche:

Angenommen, Sie hätten drei Wünsche frei. Welche wären es?

Noka Serdarusic:

Ich wünsche mir ein langes Leben mit meiner Familie und ich möchte die Hochzeit meiner Enkeltochter erleben. Und dann hoffe ich noch, dass ich künftig nicht mehr solche Fragen beantworten muss.