Aus den Kieler Nachrichten vom 23.09.2005:
Kiel/Flensburg - Das Meisterjahr beendete der THW Kiel mit zwölf Siegen, in die neue
Saison starete der Tabellenführer mit fünf. Beleg für den gelungenen Umbruch bei den Zebras,
die am Sonnabend (15.30 Uhr) zu Gast bei der SG Flensburg sind (siehe
Vorbericht). Doch wohin geht die Reise der SG?
Mit Flensburg-Manager
Thorsten Storm sprach Wolf Paarmann.
- Kieler Nachrichten:
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In Großwallstadt verloren, in Wilhelmshaven lange wie ein Verlierer ausgesehen -
was ist los mit der SG Flensburg vor dem Derby?
- Thorsten Storm:
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Die Niederlage in Großwallstadt war ein echter Schock. Auch für mich. Wir hatten
uns wohl alle daran gewöhnt, dass wir unsere Spiele schon irgendwie gewinnen
werden. Das klappt aber nicht immer.
- Kieler Nachrichten:
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Die Mannschaft wirkt verunsichert und lange nicht so souverän wie in den
letzten Jahren. Woran liegt das?
- Thorsten Storm:
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Wir haben uns als Team noch nicht gefunden und haben derzeit nur die Möglichkeit,
durch unseren Kampfgeist ins Spiel zu finden. Die Situation in der Bundesliga hat
sich aber auch geändert. Erstens werden Kiel und Flensburg nicht mehr so durch
die Liga marschieren wie im letzten Jahr. Zweitens sind auch die so genannten
Kleinen nun in der Lage, gerade zu Hause gegen jeden zu punkten.
- Kieler Nachrichten:
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Flensburg hat in der letzten Saison eine überragende Saison abgeliefert. Das Team
ist eingespielt und mit Michael Knudsen haben Sie noch einen "Kracher" verpflichtet.
Warum läuft es also nicht rund?
- Thorsten Storm:
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Es stimmt, wir sind noch nicht da, wo wir mit der Mannschaft hin wollen. Wir haben
die Qualität des Teams weiter verbessert, aber es muss sich auch jeder ganz auf den
Sport konzentrieren.
- Kieler Nachrichten:
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Was meinen Sie damit? Fehlt dem Team eine Hierarchie?
- Thorsten Storm:
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Es können immer nur sieben Spieler gleichzeitig auf der Platte stehen. Daran müssen
sich auch die gewöhnen, die bei anderen Vereinen einmal eine andere Rolle hatten.
In Kiel hat es ein Roman Pungartnik klaglos hingenommen,
eine Saison lang auf der Bank zu sitzen. Jeder muss seine Rolle kennen. Es ist mein
Job, dafür zu sorgen, dass das auch jedem Spieler klar ist.
- Kieler Nachrichten:
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Spielen Sie damit auf Joachim Boldsen an, der mit einem Wechsel nach Barcelona
spekuliert? Stimmt es, dass er für eine Ablöse von 200 000 Euro wechseln darf?
- Thorsten Storm:
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Er hat einen Vertrag bis Juni 2007 und spielt mit dem Gedanken, nach Barcelona
zu wechseln. Ich habe ihm ein Ultimatum gestellt. Er soll sich bis Ende Oktober
entscheiden. Will er gehen, lege ich ihm keine Steine in den Weg. Vorausgesetzt,
die Ablöse stimmt. Deren Höhe kommentiere ich nicht. Boldsen wird gegen Kiel
aber mit Sicherheit voll da sein. Bei den richtigen Gegnern ist auf ihn immer
Verlass.
- Kieler Nachrichten:
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Können Sie verstehen, dass Boldsen seinem Kumpel Lars-Krogh Jeppesen zu
"Barca" folgen will?
- Thorsten Storm:
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Klar. Ich würde auch gerne in Barcelona leben. Aber darum geht es gar nicht. Er
hat einen Vertrag unterschrieben. Und den hat er zu erfüllen. Wenn es ihm nur
um den Sport geht, macht ein Wechsel keinen Sinn. Schließlich zählt Flensburg
wie Barcelona derzeit zu den besten acht Teams in der Welt. Er sollte diese
Jahre hier mitnehmen, und dann kann er in Barcelona immer noch den Strand und
die Ramblas genießen.
- Kieler Nachrichten:
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Boldsen will wechseln, die Verträge mit Stars wie Lars Christiansen, Sören
Stryger und Glenn Solberg laufen aus. Wie geht es weiter in Flensburg?
- Thorsten Storm:
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Die Situation ist tatsächlich nicht einfach. Die Spieler denken über ihre
weitere Zukunft nach und sollen sich gleichzeitig ganz auf den Sport
konzentrieren. Das ist in der Tat schwierig. Wir sind aber nicht in der Lage,
diese Jungs mit Mega-Verträgen zu halten. Die Gespräche laufen. Bis Anfang
Oktober werden wir wissen, wer von ihnen bleibt und wer geht.
- Kieler Nachrichten:
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Der THW Kiel hat in den letzten zwei Jahren die Mannschaft radikal verjüngt
und trotzdem immer um den Titel mitgespielt. Steht Flensburg vor einem
ähnlichen Umbruch?
- Thorsten Storm:
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Ein solcher Gewaltakt ist für uns unmöglich. Dazu fehlen uns die
wirtschaftlichen Möglichkeiten. Die Campushalle mit ihren 6000 Zuschauern
ist bei der derzeitigen Entwicklung im Handball zu klein. Mit diesen
Voraussetzungen wird die SG Flensburg ihr Niveau kaum halten können.
Da müssen alle an einem Strang ziehen - Stadt, Verein und die ganze
Region, die eine unheimliche Handballeuphorie lebt.
- Kieler Nachrichten:
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In Kiel halten sich hartnäckig Gerüchte, Sie würden Flensburg verlassen
und als Manager beim Fußball-Regionalligisten Holstein Kiel anheuern.
Alles erfunden?
- Thorsten Storm:
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Auch in Flensburg wird sich diese Geschichte erzählt. Richtig ist,
dass Holstein-Gesellschafter Gerd Lütje ein väterlicher Freund für
mich ist, der mir immer mit Rat und Tat zur Seite gestanden hat.
Richtig ist auch, dass er einmal zu mir gesagt hat, dass er dann
gerne einen Mann wie mich hätte, wenn Holstein einmal in die Zweite
Liga aufsteigt. Mehr aber auch nicht. Klar ist, dass ein
Handball-Manager wie Schwenker, Holpert
oder Storm den gleichen Job sicher auch
in der Fußball-Bundesliga machen kann. Aber im Moment arbeite ich
einzig und allein für die SG. Mit 100% Einsatz und Leidenschaft.
Und das verlange ich auch von allen anderen.
- Kieler Nachrichten:
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Zurück zum Derby. Seit Mai 2002 hat der THW die SG Flensburg nur
einmal beim Supercup in München vor drei Wochen besiegt. Welche
Chancen hat Kiel am Sonnabend?
- Thorsten Storm:
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Jedes Spiel beginnt immer wieder neu. Eine Serie interessiert mich
dabei nicht. Der 24. September ist aber ein Tag, an dem wir gegen
Kiel auf keinen Fall verlieren dürfen - da hat der Vater von unserem
Torhüter Jan Holpert Geburtstag.
(Aus den Kieler Nachrichten vom 23.09.2005, das Interview führte
Wolf Paarmann)
Aus den Kieler Nachrichten vom 23.09.2005:
Lütje: "Storm kein Thema für Holstein Kiel"
Kiel - Thorsten Storm, Manager des
Handball-Bundesligisten SG Flensburg-Handewitt, ein Mann für den
Fußball-Regionalligisten Holstein Kiel? Mit leichter Irritation
reagierte Gerd Lütje, maßgeblicher Gesellschafter der Kieler "Störche",
auf die Äußerungen Storms: "Es stimmt, wir
haben miteinander gesprochen. Aber das liegt mindestens zwei Jahre
zurück. Und es war eine Unterhaltung aus Jux und Dollerei."
Im Moment sei die Personalie Storm, so Lütje,
schlichtweg kein Thema. Es müsse allerdings die Frage erlaubt sein, ob
das Holstein-Personal im Falle eines Zweitliga-Aufstiegs noch den
gestiegenen Profi-Anforderungen genüge. Lütje: "Doch so weit sind wir
noch lange nicht. Und wenn der Glücksfall doch eintreten sollte, werden
sich auf eine Stellenausschreibung sicher 500 Kandidaten für die Managerposten
melden. Davon könnte dann Thorsten Storm einer sein.
Ich bezweifle aber, ob jemand, der aus dem Handball kommt, der richtige Mann
für einen Fußball-Zweitligisten ist."
(von Andreas Geidel, aus den Kieler Nachrichten vom 23.09.2005)