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08.06.2006 Bundesliga

Zebra-Journal: Was denkt die Konkurrenz?

Die Kieler Nachrichten fragten bei Spielern anderer Bundesligaclubs nach.
Aus dem Zebra-Journal der Kieler Nachrichten vom 08.06.2006:

Jan Holpert (SG Flensburg)
Der THW war einfach das beste Team in dieser Saison. Knackpunkt dieser Meisterschaft war sicherlich unsere Niederlage in der Ostseehalle Ende April. Hätten wir da gewonnen, wären wir mit mehr Selbstbewusstsein und Euphorie in die letzten Spiele gestartet. Wir hatten gerade in der Schlussphase viele Verletzte, die uns in wichtigen Spielen gefehlt haben. Gerade die Außen fehlten uns. Fallen die aus, leiden auch die Halben. Auf diesen Positionen hatte Kiel mit Nikola Karabatic und Kim Andersson zwei neue Spieler, die ziemlich gut eingeschlagen haben. Christian Zeitz und Frode Hagen, die für die Meisterschaft in der letzten Saison mitverantwortlich waren, hatten in diesem Jahr deutlich weniger Spielanteile. Das hat einfach super gepasst beim THW. Ihren Tempohandball finde ich einzigartig. Zwar leiden darunter auch die Torhüter, weil nur noch mit offenem Visier gespielt und die Abwehr vernachlässigt wird. Trotzdem finde ich ihr Spiel attraktiv. Früher hieß es immer, Meister wird die Mannschaft mit der besten Abwehr. Das ist jetzt überholt. Meister wird, wer die meisten Tore wirft. Wir starten in die nächste Saison zwar auch wieder mit einem tollen Kader. Aber der THW Kiel wird auch in den nächsten Jahren das Nonplusultra bleiben. Zumal sie mit Lars Krogh Jeppesen in der Abwehr noch stabiler werden.
Andrej Klimowets (SG Kronau)
Dieser THW ist ein verdienter Meister. Spezialität der Kieler ist vor allem der schnelle Gegenstoß, mit dem sie den Gegner oft zermürben. Möglich macht diese Art zu spielen, der breite Kader mit den vielen super Spielern. Die Zebras sind fast auf jeder Position doppelt gut besetzt. Für mich haben Marcus Ahlm, Stefan Lövgren und Nikola Karabatic eine tolle Saison gespielt, der THW ist aber auch auf beiden Außenpositionen gut besetzt.
Volker Zerbe (TBV Lemgo)
Man muss einfach anerkennen, dass die Kieler über die gesamte Saison sehr konstant waren und so auch verdient die Meisterschaft gewonnen haben. Bemerkenswert ist wohl, dass Noka Serdarusic mit seinem Team den Umbruch so schnell geschafft hat, das zeigt die fast makellose Hinserie. Wichtig war auch, dass sich der THW von den so genannten Kleinen nicht überraschen ließ. Vielleicht hat das die Meisterschaft entschieden, weil die Titelkonkurrenz ein paar Mal mehr ausrutschte. Eine übermächtige Dominanz in den kommenden Jahren befürchte ich nicht. Der THW hat zwar eine junge und entwicklungsfähige Mannschaft, aber die Liga ist viel stärker als die spanische, Alleingänge wird sie nicht zulassen. Die anderen Vereine schlafen nicht und sind bereit, dagegen zu halten.
Thomas Knorr (HSV Hamburg)
Der THW war in diesem Jahr ganz einfach die beste Mannschaft der Liga. Zum Titelgewinn gehört natürlich auch eine Portion Glück, und das haben die Kieler anfangs auch gehabt. Zum Beispiel gegen uns. Außerdem - und das sag ich, ohne die Leistung der Zebras schmälern zu wollen - sind sie im Gegensatz zu einigen Konkurrenten größtenteils von Verletzungspech verschont geblieben. Erst am Ende hat es den unglücklichen Kreuzbandriss von Szilagyi gegeben. Aber da war Kiel fast schon durch. Fest steht, dass die Kieler im Angriff Maßstäbe gesetzt haben. Ich bezweifle jedoch, dass der Tempohandball, den der THW noch weiter ausgeprägt hat, gut ist für die Sportart. Viele Zuschauer bekommen schon gar nicht mehr mit, was auf dem Parkett passiert, weil alles so schnell geht. Überragend war sicherlich Nikola Karabatic, der schon in seinem ersten Jahr in Kiel voll eingeschlagen hat. Hut ab vor diesem Jungen. Außerdem war Marcus Ahlm in Abwehr und Angriff herausragend, und Stefan Lövgren wie immer ein wichtiger Lenker, der, wenn nötig, Disziplin ins Spiel gebracht hat.
Karsten Wöhler (Melsungen)
Ich habe bekanntlich von 1995 bis 1998 beim THW gespielt. Deswegen gucke ich immer, was in Kiel los ist - auch weil ich privat noch Kontakte zu alten Freunden habe. Also: Die Zebras sind ein verdienter und souveräner Meister. So früh stand der Titelträger schon lange nicht mehr fest. Es ist großartig, was Noka Serdarusic mit dieser jungen Mannschaft auf die Beine gestellt hat. Die Neuzugänge hatten zwar schon einen guten Namen, bevor sie nach Kiel kamen, aber dass Spieler wie Nikola Karabatic, Kim Andersson oder Vid Kavticnik so schnell integriert worden sind, ist schon etwas Besonderes. Den neuen THW zeichnet vor allem aus, dass die Mannschaft immer die Ruhe behält und trotzdem volles Tempo geht. Man wirft ein Tor gegen Kiel und drei Sekunden später klingelt es schon wieder im eigenen Kasten. Wertvollster Kieler Spieler war für mich Marcus Ahlm. Großartig, was der in der Abwehr und im Angriff spielt, kurz danach sehe ich Nikola Karabatic. Wenn nichts Außergewöhnliches passiert, traue ich dem THW zu, dass er die Bundesliga auch die nächsten zwei bis drei Jahre beherrscht. Vielleicht klappt es ja endlich mit der Champions League. Das Team hat das Zeug, auch Ciudad Real zu schlagen.
Michael Haaß (Düsseldorf):
Am meisten imponiert das Tempo, mit dem die Kieler Handball spielen. Da gibt es nie eine Pause, es geht immer nur vorwärts. Oft benötigen wir drei, vier Minuten, um uns ein Törchen zu erspielen. Und wenn man gerade durchgeschnauft hat, klingelt es schon wieder im eigenen Tor. Das ist ganz schön frustrierend. Als gegnerischer Spieler ist es keine Freude, gegen Kiel anzutreten, aber wenn man den THW im Fernsehen sieht, macht das sehr viel Spaß. Man sollte keinen Spieler herausheben, weil das gesamte Aufgebot nur so von guten Handballern wimmelt, aber Nikola Karabatic ist schon ein besonderer. Was dieser Junge mit seinen 22 Jahren leistet, ist absoluter Wahnsinn.

(Aus dem Zebra-Journal der Kieler Nachrichten vom 08.06.2006)


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