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29.04./02.05.2006 - Letzte Aktualisierung: 02.05.2006 Bundesliga

THW Kiel besiegt Flensburg im Spitzenspiel - Starke zweite Halbzeit

Klockmann vertrat Andersson glänzend

Bundesliga, 18. Spieltag: 29.04.2006, Sa., 15.15: THW Kiel - SG Flensburg-Handewitt: 37:31 (17:18)
Update #3 Spielbericht der KN, Fotos und weitere Stimmen ergänzt...

Wie entfesselt spielte Nikola Karabatic auf
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Der THW Kiel hat die vierjährige Bundesliga-Durststrecke ohne Heimsieg gegen die SG Flensburg-Handewitt eindrucksvoll beendet: Mit 37:31 (17:18) gewannen die Zebras am Samstag das Nordduell, holten damit zwei wichtige Punkte im Kampf um die Meisterschaft. In einem intensiven, aber fair geführten Spitzenspiel sorgten eine Abwehrumstellung in der zweiten Halbzeit, ein sich steigernder Dennis Klockmann im Kieler Tor sowie die überragenden Schützen Nikola Karabatic (9 Tore) Marcus Ahlm und Kim Andersson (je 8) für den Sieg des THW.
Da war es wieder, das altbekannte Derby-Kribbeln unter Fans, Verantwortlichen und Spielern. Auch in der sechsten Auflage in dieser Saison hatte das Duell der beiden Erzrivalen nichts von seiner Spannung verloren. Gänsehautstimmung bereits vor dem Anpfiff - und die Spieler legten von Beginn an Tempo vor: Kein
Derby-Atmosphäre: Willkommen beim Tabellenführer
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Abtasten, kein Abwarten, stattdessen schöne Angriffe und tolle Tore bereits in der Anfangsphase. Diese sah nach Henning Fritz' Pass über die gesamte Spielfläche und das Eiskalte Verwandeln Henrik Lundströms den THW beim 5:3 erstmals mit zwei Toren in Führung. Doch Flensburg ließ sich nicht abschütteln, ein gut haltender Jan Holpert im SG-Kasten und viel Druck von den Halbpositionen ließen Flensburg im Spiel bleiben. Lackovic und Lijewski trafen nach Belieben, Henning Fritz machte dabei nicht immer eine glückliche Figur. Deshalb entschloss sich Noka Serdarusic bereits nach zwölf Minuten für einen Torwartwechsel, schickte unter großem Beifall den jungen Dennis Klockmann auf die Platte. Dieser brauchte einige Zeit, um ins Spiel zu finden, wurde gegen Ende der ersten Hälfte aber immer mehr zu einem soliden Rückhalt.

Bis zum 13:13 blieb es nun ausgeglichen (24.), ehe Flensburg mit einem Doppelschlag von Knudsen und Christiansens einzigem Feldtreffer auf 15:13 erhöhte. Serdarusic rief seine Spieler zur Auszeit zu sich, die kurz darauf durch Kavticnik und dem überragenden Karabatic den Ausgleich zum 17:17 erzielten. Ärgerlich: Das 17:18 in Überzahl bei nur noch drei Sekunden Spielzeit durch den völlig freistehenden Nielsen. Dennoch hatte der THW eine gute erste Halbzeit vorgelegt, die alle Optionen offen hielt.

Kim Andersson setzt sich gegen Boldsen durch
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Wie schnell sich das Blatt an diesem Nachmittag wenden konnte, zeigten die Zebras in den ersten Minuten der zeiten Halbzeit. Mit der Umstellung der Kieler Deckung von einer 6-0 auf eine 5-1, die Lackovic aus dem Spiel nehmen sollte, kam Flensburg offensichtlich nicht zurecht. Zudem hielt Klockmann hinten dicht, im Angriff hingegen wurde ruhig auf sich bietende Chancen gewartet und konsequent abgeschlossen. Die Folge: Binnen drei Minuten machten Karabatic und Kim Andersson aus dem Halbzeitrückstand eine 21:19-Führung. Der Zwei-Tore-Vorsprung hielt bis zur Strafzeit für Johnny Jensen, in Unterzahl erzielte Sören Stryger per Tempogegenstoß und anschließend mit einem blitzsauberen Kempa-Trick (!) den erneuten Ausgleich.

Auch Glenn Solberg kam nicht an Dennis Klockmann vorbei
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Doch der THW hielt gegen, konnte sich nun auf einen immer besser haltenden Klockmann verlassen, der es mit seinen Paraden seinen Vorderleuten in wichtigen Phasen ermöglichte, gegenzuhalten. Ahlms unglaublicher Treffer im Fallen zum 24:22 (40.) schien zudem SG-Torhüter Holpert genauso zu nerven wie die Knaller von Kim Andersson, die ihm oft durch die sprichwörtlichen "Hosenträger" rutschten. Das Duo Karabatic/ Kim Andersson war es auch, das den THW beim 26:23 erstmals mit drei Toren in Führung brachte. Einige leichte Fehler im Angriff brachten die SG zurück ins Spiel, bis zum 30:31 (55.) blieb es spannend und der Ausgang des Derbys vollkommen offen. Holpert hatte zu diesem Zeitpunkt entnervt Dan Beutler Platz gemacht, doch auch dieser konnte das nun über Flensburg herein brechende Angriffsgewitter des THW nicht stoppen.

Kiels aggressive Abwehrarbeit zwang die SG zu Einzelaktionen, immer öfter liefen sich die Mannen von der nördlicheren Förde fest. Zudem schien das kräftezehrende Spiel die SG vor konditionelle Probleme zu stellen. Den Zebras war dies indes egal, sie
Unbändige Freude: Henrik Lundström
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bauten den Vorsprung - angefeuert von der großartigen Kulisse - durch Kim Andersson, Ahlm und Lundström auf 34:30 aus (58.). Die genommene Auszeit von Kent Harry Andersson nutzten die begeisterten Zebra-Anhänger, um den immer wiederkehrenden Hit "Deutscher Meister wird nur der THW" anzustimmen. Die Kieler Spieler zeigten sich soviel Euphorie beeindruckt, ließen nun nicht mehr locker. Entschlossen wollten sie die endgültige Entscheidung erzwingen, ohne dabei jedoch in Hektik zu verfallen. Spätestens nach Kim Anderssons 35:31 war die Entscheidung gefallen, die Treffer von Kavticnik und Viktor Szilagyi schraubten das Ergebnis noch auf das Endresultat von 37:31, das vielleicht um drei Tore zu hoch ausfiel. Spielern und Fans der Schwarz-Weißen reagierten auf diese statistische Spitzfindigkeit gelassen, umso mehr feierten sie mit stehenden Ovationen und dem ausgelassenen Siegerkreis einen Erfolg, der im Kampf um die Meisterschaft vorentscheidenden Charakter gehabt haben könnte.

Ein wenig gehetzt in all diesem Trubel wirkte einer der Sieggaranten. Dennis Klockmann nahm artig die Glückwünsche entgegen, um dann flugs in die Kabine zu eilen. Das gemeinsame Auslaufen musste ohne den Torhüter stattfinden, denn dieser hatte nur rund zwei Stunden nach dem Derby seinen zweiten Handball-Auftrag: Bei seinem Stammverein TSV Altenholz stand am Abend noch das Zweitligaspiel gegen Hamm an - mit von der Partie natürlich Dennis Klockmann...

(Christian Robohm)

Hier geht's zu weiteren Fotos vom Spiel...

Lesen Sie auch den ausführlichen Spielbericht der Kieler Nachrichten.

Aus kiel4kiel.de:

THW besiegt den Flensburg-Fluch

Der THW Kiel hat einen wichtigen Schritt in Richtung zwölfter Meistertitel getan. Im Spitzenspiel gegen den Tabellenzweiten und Erzrivalen SG Flensburg-Handewitt siegten die Zebras in der euphorischen Ostseehalle verdient mit 37:31 (17:18) und bauten den Vorsprung in der Bundesliga auf vier Minuspunkte aus. Sieggaranten waren ein wie entfesselt aufspielender Nikola Karabatic mit neun Treffern und Ersatztorwart Dennis Klockmann, der mehrfach glänzend parierte.

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Stimmen zum Spiel:

THW-Trainer Noka Serdarusic:
Zur Halbzeit hätten wir deutlich zurück liegen können, gleichwohl hätte es zur Pause aber genausogut auch unentschieden stehen können. Das Urteil "deutlicher Sieg" möchte ich aber in Anführungsstrichen wissen,
Flensburg hatte in der ersten Hälfte einen kleinen Vorteil auf der Torhüterposition. Zur zweiten Hälfte haben ich die Abwehr dann auf 5-1 umgestellt. Ich wollte Flensburg damit zu Einzelaktionen zwingen. Wichtig war für uns die Leistung von Dennis Klockmann, jedes Mal wenn Flensburg heran kam, hat er ein paar Bälle gehalten und wir waren wieder vorn. Insgesamt musste ich feststellen, dass Flensburgs Spieler heute nicht "heiß wie Frittenfett" und meine Jungs deshalb auch psychologisch klar im Vorteil waren.

Ich als Trainer bin Teil der Mannschaft. Mein engagiertes Coachen an der Seitenlinie sollte das Signal "Seht her, wie heiß ich auf den Erfolg bin." an mein Team sein und sich auf dieses übertragen. Ich bin insgesamt zufrieden mit und stolz auf meine Truppe. Jetzt bin ich zuversichtlich, dass wir die 12. Meisterschaft in dieser Saison tatsächlich holen können.

Zur Torhütersituation:
Mattias Andersson war in den letzten Spielen unser bester Mann. Wenn so einer aus der Mannschaft gerissen wird, ist diese natürlich geschwächt. Henning hatte in dieser Spielzeiz wenig Chancen, sich auszuzeichnen. Deshalb habe ich mit ihm begonnen. Bei Dennis wusste ich: Wenn ich Geduld habe, wrid sich diese auszeichnen. Flensburg wusste nicht, wie er sich bewegt und wie er in bestimmten Situationen reagiert. Außerdem sollte er seinen Körper gut einsetzen, wir haben das Spiel heute mit ihm gewonnen!

SG-Trainer Kent-Harry Andersson:
Der THW hat das Spiel verdient gewonnen. Wir waren 55 Minuten lang im Spiel, haben dann einige sehr dumme Fehler hauptsächlich in der Abwehr gemacht. Der THW hatte einfach die bessere Schlussphase. Holpert hat in der ersten Halbzeit sehr gut gehalten, in der zweiten Hälfte dann viel Pech in seinen Aktionen - vor allem bei Kim Anderssons Würfen, die er haben muss. Er hat sich dann selbst aus dem Spiel genommen.

Ich bin sehr enttäuscht, hatte ich doch geglaubt, hier gewinnen zu können. Aber so ist das im Sport halt ab und zu...

SG-Manager Thorsten Storm:
Auch ich gratuliere dem THW zu dem verdienten Sieg. Ich habe ein enges Spiel gesehen, in dem wir in der zweiten Hälfte nicht die Leistung der ersten Halbzeit gezeigt haben. Die Kieler hatten mit Klockmann einen guten Torwart, zudem haben wir einige Bälle zu leicht weggeworfen. Wir wollten hier gewinnen, nicht die Verletzungen, sondern wir selbst haben uns aber in die Knie gezwungen.

Gegenüber den KN:
Wir haben uns nach der Pause mehr mit den Schiedsrichtern beschäftigt als mit uns selbst. In der ersten Halbzeit waren wir die bessere Mannschaft, danach haben wir 13 technische Fehler gemacht und Kiel nur drei. Für uns wäre es besser gewesen, wenn Fritz bis zum Ende im Tor geblieben wäre. Wir wussten, dass er in irgendeiner Form von Krise steckt.

THW-Manager Uwe Schwenker:
Ich bin sehr froh über den Sieg, vor dem Spiel war ich allerdings nicht gerade optimistisch. Dann habe ich jedoch gesehen, dass unser Team entschlossener als die SG agierte. Jeder aus unserer Mannschaft wollte unbedingt gewinnen, das war den Jungs anzusehen. Natürlich ist der heutige Sieg ein wichtiger Schritt auf dem Weg zum 12. Meistertitel. Nun lastet der Druck aber auf uns, denn jeder erwartet jetzt den Titel für den THW. Wir sind jetzt der große Favorit, haben aber bereits am kommenden Mittwoch ein schweres Heimspiel gegen den TV Großwallstadt vor uns.
SG-Torhüter Jan Holpert gegenüber den KN:
Wir waren 55 Minuten lang ein gleichwertiger Gegner. In den wichtigen Szenen fehlte uns die Cleverness. Wir haben die schnelle Mitte zu oft zugelassen und es im Angriff zu oft auf eigene Faust versucht. Außerdem hat es gefruchtet, dass Kiel auf 5:1-Abwehr umgestellt und Lackovic in Manndeckung genommen hat.
SG-Spieler Joachim Boldsen gegenüber den KN:
Wir waren auf einem guten Weg und hatten Kiel im Griff. Mitte der zweiten Halbzeit sind wir umgefallen. Danach unterliefen uns zu viele Fehler. Kiel ist damit Meister, und ob wir am Ende Zweiter oder Dritter sind, ist egal.
THW-Torhüter Mattias Andersson gegenüber den KN:
Das war kein Spaß für mich, dieses Spiel als Zuschauer erleben zu müssen. In der zweiten Halbzeit hat Nikola Karabatic die Mannschaft mitgerissen, und Flensburg hatte nicht die Kraft, um das Spiel noch einmal zu kippen.
THW-Spieler Nikola Karabatic gegenüber den KN:
Wir haben uns nach der schwachen ersten Halbzeit keine Gedanken gemacht. Es blieben uns schließlich noch 30 Minuten. Wir haben nach der Pause schnell und clever und ohne Angst gespielt. Außerdem haben uns Dennis Klockmann und das phantastische Publikum sehr geholfen. Das war ein großer Schritt in Richtung Meisterschaft, mehr aber auch nicht.
Schiedsrichter Jürgen Rieber gegenüber den KN:
Wir haben zum achten Mal in Kiel gepfiffen - so laut war es noch nie. Ich kann mich nur an ein Spiel in Celje erinnern, in dem es noch lauter war. Wir haben uns deshalb zwei-, dreimal untereinander gar nicht verstanden und beschlossen, noch mehr mit Gestik zu arbeiten.
Roland Reime vom Hauptsponsor Provinzial gegenüber den KN:
Als Vertreter des Hauptsponsors beider Klubs war es für mich besonders schön, dass wir so ein gutes und faires Nordderby erlebt haben. Ich kann nicht verhehlen, dass ich mich über den THW-Sieg gefreut habe, schließlich bin ich Kieler.
Kim Andersson gegenüber den KN:
Marcus Ahlm und Nikola Karabatic waren großartig und haben uns mitgerissen. Aber heiß waren alle Spieler. Heute haben wir phasenweise gespielt wie zu unseren besten Zeiten im Dezember. Riesig war das Publikum. So habe ich die Ostseehalle noch nie erlebt - unser achter Mann.

Lesen Sie auch Zwei Minuten: Die THW-Kolumne nach dem Spieltag mit Dennis Klockmann.

18. Spieltag: 29.05.04, Sa., 15.15: THW Kiel - SG Flensburg-Handewitt: 37:31 (17:18)

Logo THW Kiel:
Fritz (1.-12. und ein Siebenmeter, 1 Parade), Klockmann (13.-60., 13 Paraden); Linders (n.e.), K. Andersson (8), Lundström (2), Kavticnik (4), Hagen (1/1), Lövgren (1), Wagner (n.e.), Ahlm (8), Szilagyi (4), Zeitz (n.e.), Karabatic (9); Trainer: Serdarusic
Logo SG Flensburg-Handewitt:
Holpert (1.-53., 13 Paraden), Beutler (54.-60., 0 Paraden); Solberg (1), Lackovic (7), Nielsen (1), Berge (n.e.), Sprem (n.e.), Jensen (1), Christiansen (6/5), Stryger (4), Lijewski (7), Boldsen (2), Lauritzen (1), Knudsen (1); Trainer: Andersson
Schiedsrichter:
Fleisch / Rieber (Ostfildern-Vellingen/Nürtingen)
Zeitstrafen:
THW: 2 (Szilagyi (45.), Kavticnik (57.)) ;
Flensburg: 4 (Boldsen (29.), Jensen (37.), 2x Lijewski (44., 51.))
Siebenmeter:
THW: 3/1 (Holpert hält Karabatic (10.) und Hagen (30.))
Flensburg: 5/5
Spielfilm:
1. Hz.: 0:1, 2:1, 3:3 (7.), 5:3 (8.), 5:6, 8:9 (16.), 9:11 (17.), 11:11, 13:13, 13:15 (24.) 15:17, 17:17 (30.), 17:18;
2. Hz.: 20:18 (33.), 22:20, 22:22 (39.), 24:22, 27:25 (48.), 28:27 (51.), 29:28, 30:29 (54.), 31:30 (56.), 34:30 (58.), 37:31
Zuschauer:
10250 (ausverkauft) (Ostseehalle, Kiel)

 

Aus den Kieler Nachrichten vom 02.05.2006:

Zebras träumen nach Derby-Sieg vom Titel

37:31-Sieg gegen Flensburg lässt den Vorsprung auf vier Punkte anwachsen
Kiel - Der THW Kiel hat einen Schlusspunkt hinter ein unrühmliches Kapitel gesetzt. Vor viereinhalb Jahren gewann der Meister in der Ostseehalle zuletzt ein Punktspiel gegen die SG Flensburg. Am Sonnabend ging nun im Tunnel das Licht an: Kiel gewann in einem mitreißendem Derby mit 37:31 (17:18) und träumt bei vier Punkten Vorsprung auf Flensburg und dem deutlich besseren Torverhältnis (plus 48) von der zwölften Meisterschaft.

Obwohl mit Torhüter Mattias Andersson der überragende Spieler der letzten Wochen fehlte, zeigten die Zebras Moral. Mit unbändigem Kampfgeist stellten sie sich Hand in Hand dem einzigen Gegner, der ihnen noch die Schale entreißen kann. Symptomatisch die Szene in der zweiten Minute, als Stefan Lövgren den Ball über die Fingerkuppen von drei Flensburgern hinweg in die Arme von Vid Kavticnik warf. Als der Slowene zum 2:1 traf, riss Lövgren die Arme hoch und machte seiner ganzen Anspannung mit einem energischem Schrei Luft. Es war nur das 2:1 - aber schon da wurde deutlich, das unter den schwarzweißen Trikots diesmal das heißere Feuer brannte.

Bis zur Pause behielten die Gäste noch die Nerven. Immer wieder kamen sie gegen eine passive Deckung durch Blazenko Lackovic und Marcin Lijewski zu leichten Toren. Den Ball schnappen, möglichst hoch springen und aus zehn Metern ganz hart werfen - kompliziert war die Taktik nicht, aber erfolgreich. Die Zebras mussten sich dagegen jeden Treffer hart erarbeiten und lagen zur Pause 17:18 zurück. Nicht wenige glaubten da, dass die Flensburger einmal mehr den Frieden im Kieler Wohnzimmer stören würden.

Zumal Lövgren von Michael Knudsen an seiner empfindlichsten Stelle getroffen wurde und unter Schmerzen auf die Bank humpelte. Für den Schweden kam Viktor Szilagyi und mit ihm auch die Sorge, dass die Kieler im Angriff Taktik gegen Tempo eintauschen würden. Zu schnell suchte der THW nun den Abschluss und hatte Glück, dass der SG-Keeper Jan Holpert keines hatte. Der Ausgleich zum 18:18 von Kim Andersson rutschte ihm durch die Beine. Das 20:18 von Szilagyi prallte von seinen Fingern an den Pfosten und dann ins Tor. Doch anders als im Halbfinale um den DHB-Pokal gegen Kronau, als die Zebras mit dem Fuß auf dem Gaspedal in den Abgrund rasten, fanden sie diesmal die richtige Mischung. So wurde gerade von Szilagyi immer wieder der starke Marcus Ahlm in Szene gesetzt. Akrobatisch sein Treffer zum 24:22, als er in den Kreis hechtete und den Ball im Stile eines Tischtennisspieles ins Netz patschte.

Vor allem der überragende Nikola Karabatic sorgte nun dafür, dass Kiel eine zweite Halbzeit spielte, die an die guten Zeiten zu Saisonbeginn erinnerte. Die Gäste wirkten zudem durch die Manndeckung gegen Lackovic verstört, leisteten sich unerklärlich viele Fehler und ließen am Ende ganz die Flügel hängen. Bezeichnend die Szene nach dem 33:30, als Lackovic unbedrängt der Ball aus der Hand fiel und Henrik Lundström im Gegenstoß letzte Zweifel beseitigte. Stehende Ovationen ("Meister wird nur der THW) sorgten für Partylaune in einer Halle, in der sich diesmal Beobachter in leidenschaftliche Fans verwandelt hatten.

Tragische Figur war ausgerechnet Henning Fritz, den sein Trainer Noka Serdarusic nach dreizehn schwachen Minuten vom Feld nahm. Eine Demütigung für den 31-Jährigen, der sich in einer tiefen Formkrise befindet und derzeit nicht in der Lage ist, auf dem Platz dieses unglaubliche Magnetfeld aufzubauen, das ihn zum Welthandballer machte. Fritz, der auf der Bank von Co-Trainer Klaus-Dieter Petersen getröstet wurde, wollte sich zu dieser Auswechslung nicht äußern. "Dafür bin ich der falsche Ansprechpartner."

Fritz musste Dennis Klockmann weichen, der aufgrund seiner Größe von 2,10 Metern in Flensburg nur der "Lange" genannt wird. "Wir haben das Spiel mit Dennis gewonnen", lobte Serdarusic. "Die Flensburger wussten nicht, wie er sich bewegt." Offensichtlich irritiert durch die unbequemen Ausmaße des 23-Jährigen scheiterten die Gäste immer wieder in entscheidenden Szenen an ihm. "Ich bin davon ausgegangen, dass ich nur vier, fünf Minuten spielen darf", meinte der BWL-Student, der im ständigen Kontakt mit Fritz stand. "Er hat mich immer beruhigt und mir viel von dem Druck genommen."

Während die Zebras sich nach dem Sieg in den VIP-Räumen feiern ließen, hastete er mit seinem Spielerpass in der Hand schon wieder zum Parkplatz. Am Abend war Klockmann im Tor des TSV Altenholz erneut gefordert. "Da hat es auch geklappt. Vielleicht lag es daran, dass ich gut gelaunt aus der Ostseehalle kam."

(Von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 02.05.2006)


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