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02.03.2006 Mannschaft

Dithmarscher Landeszeitung: Am Ende seiner Tage

Flensburg-Handewitt sollte sich des Vier-Tore-Vorsprungs nicht zu sicher fühlen

Aus der Dithmarscher Landeszeitung vom 02.03.2006:

Kiel - So ein Februar, und sei er auch am Ende seiner Tage, kann noch Überraschungen bergen. 80 Minuten vor Mitternacht stapfte Joachim Boldsen durchs Parterre der Ostseehalle. Mit Elan öffnete er die schmucklose Tür. Im Nebel hielt er schlagartig an, auf den Lippen ein verstörtes: "Ooaahh!" Er hatte vergessen, dass es kalt war.
Das passiert, wenn man die Ostseehalle als sein kuscheliges Wohnzimmer betrachtet. "Ich konnte schön auf der Bank sitzen", sagte der Zivilist der SG Flensburg-Handewitt. Joachim Boldsen ist verletzt, wie einige Europameisterschafts-Teilnehmer seines Teams, die schwer gestresst aus der Schweiz heimkehrten.

Alle wussten, dass die Ostseehalle wenig Behagen bereiten kann, wenn man dem THW Kiel unter die Finger kommt. "Wer hier gewinnen will, bei dem muss alles stimmen", sagte Flensburgs Geschäftsführer Thorsten Storm. Seine Mannschaft gewann das Hinspiel im Champions-League-Viertelfinale mit 32:28 (12:13). Das Ergebnis stimmt. Mochte es auch überraschen.

Mit Verzögerung erst stellten sich die Verantwortlichen der Presse. Flensburgs Trainer Kent-Harry Andersson setzte sich als erster. Er trank gelben Saft, faltete die Hände, knetete die Finger dann. Er sah nachdenklich aus. Hatte er verloren?

Kent-Harry Andersson sah sich nicht als Sieger. Er sagte, er würde mit der Konferenz lieber warten bis zum Sonnabend, nach dem Rückspiel. "Aber unsere Chancen sind nur noch gering", erwiderte Kiels Trainer "Noka" Serdarusic, der etwas später kam. Der THW braucht eine ebensolche Überraschung, wie sie der SG Flensburg-Handewitt in der Ostseehalle gelang.

Unmöglich ist das nicht. "Mit TuSEM Essen haben wir in Magdeburg ein Europapokal-Finale mit acht Toren verloren und es trotzdem geschafft", sagte Viktor Szilagyi, nicht der Schwächste in einer versagenden Kieler Mannschaft. Weit mehr lag Kapitän Stefan Lövgren daneben, als ihm Flensburgs inzwischen bärenstarker Torwart Jan Holpert in der 46. Minute einen Schlagwurf einfach wegfing, die Höchststrafe für Lövgren.

Kaum den Weg zu Holpert fand Nikola Karabatic, Europameister mit Frankreich, an diesem Dienstag aber voller haarsträubender Gedankenfehler, die zu nicht minder kuriosen Pässen führten; schließlich ausgepfiffen von den eigenen Zuschauern. Nach 47:50 Minuten gelang Karabatic der erste von ganzen zwei Treffern. Oft war der Franzose Flensburgs achter Mann. Aber Serdarusic nahm ihn erst ganz spät heraus. "Ich war froh darüber", schmunzelte Joachim Boldsen, kurz vor dem Kälteschock auf dem Ostseehallen-Parkplatz.

Übermorgen gibt es das Rückspiel in der Campushalle, wo die SG Flensburg-Handewitt höchst selten verliert, und wenn, dann knapp. "Unsere Chancen sind nicht groß", wiederholte Kiels Trainer Serdarusic. "Aber wir werden anders auftreten."

Darauf sagte Kent-Harry Andersson: "Vier Tore Vorsprung sind im Handball nichts." Er muss seine Mannschaft auf Spannung halten; das ist nach solchem Sieg die schwierigste Aufgabe.

Joachim Boldsen ging. Überrascht und zufrieden. Der THW Kiel schien, was die Champions League betrifft, am Ende seiner Tage. Dann wurde es März.

(von Wolfgang Ehlers, aus der Dithmarscher Landeszeitung vom 02.03.2006)


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