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24.-26.09.2005 - Letzte Aktualisierung: 26.09.2005 Bundesliga

THW Kiel bei wiedererstarkten Flensburgern chancenlos

Bundesliga, 1. Spieltag: 24.09.2005, Sa., 15.30: SG Flensburg-Handewitt - THW Kiel: 39:33 (19:16)
Update #4 Spielbericht der KN, Fotos, Spielbericht und Stimmen ergänzt...

Lars Christiansen erzielte für die SG 12/3 Tore.
Klicken Sie zum Vergrößern! Lars Christiansen erzielte für die SG 12/3 Tore.
Es hat wieder nicht gereicht in der Flensburger Campushalle: Gegen den letztlich wie befreit aufspielenden Erzrivalen unterlagen die Zebras verdient mit 33:39 (16:19) und mussten damit die Tabellenführung an den SC Magdeburg abgeben. Während in einer rasanten Partie bei der SG Flensburg-Handewitt Christiansen mit 12/3 Treffern und ein starker Jan Holpert im Tor überragten, war beim THW Nikola Karabatic erfolgreichster Torschütze mit 7/2 Toren.
Wie schon im Heimspiel gegen Melsungen am Mittwoch (siehe Spielbericht) begannen die Zebras mit einer offensiven 5:1-Deckung - Lundström sollte Lijewski in Schach halten - sowie mit Viktor Szilagyi für den noch immer angeschlagenen Regisseur Stefan Lövgren auf der Mittelposition im Angriff. Es fing auch gut an für den Meister: Ahlm im Nachwurf sowie ein Rückraumhammer von Szilagyi brachten die Gäste zweimal in Front, Christiansen per Siebenmeter und Jensen, der ob der offensiven THW-Abwehr am Kreis viele Freiheiten genoss, glichen jeweils postwendend aus. SG-Spielmacher Glenn Solberg brachte mit einer feinen Einzelaktion die Gastgeber erstmals in Führung, und nach einem Treffer von Christian Zeitz warf der Norweger noch einen Doppelpack hinterher.
Nikola Karabatic traf siebenmal in Flensburg.
Klicken Sie zum Vergrößern! Nikola Karabatic traf siebenmal in Flensburg.

Während die Zebras nun im Angriff teils zu überhastet abzuschließen versuchten, nutzte Flensburg dies aus, um sich erstmals abzusetzen: Christiansen per Gegenstoß und von außen sowie zweimal Jensen vom Kreis schraubten die Führung nach 10 Minuten auf 9:5 hoch - auch, weil Henning Fritz zwischen den Pfosten die Finger nur an den Ball bekam, um ihn aus dem Tornetz zu fischen. Serdarusic reagierte und brachte Mattias Andersson. Die Zebras kämpften sich nun langsam rein ins Spiel, vor allem Henrik Lundström profitierte von der aggressiven Gäste-Deckung: Zeitz und Ahlm luchsten den Flensburgern den Ball ab und schickten den schnellen Linksaußen auf die Reise, der den THW auf 8:10 heran brachte (14.). Doch war es heute wie verhext: Immer wenn der THW in Schlagdistanz kam, verriegelte Jan Holpert das Tor und baute das zuletzt angeknackste Selbstvertrauen seiner Vordermänner weiter auf. Ein Doppelpack von Stryger und ein Treffer von Lijewski gegen eine nun defensivere, aber keineswegs sicherer stehende 6:0-Deckung, in der mittlerweile Lövgren und Kim Andersson die vor allem im Angriff etwas übereifrigen Szilagyi und Zeitz ersetzten, bauten die SG-Führung gar auf 14:9 aus (18.).

Zwar fingen sich die Zebras wieder und konnten den Rückstand in Grenzen halten, was auch an einigen Andersson-Paraden lag, dichter als 3 Tore ließen die Flensburger sie aber nicht herankommen. Vor allem Karabatic und Lundström zeigten Gegenwehr mit zusammen 9 Treffern in der ersten Hälfte, so dass der Halbzeitstand von 16:19 noch auf einen Auswärtssieg hoffen ließ.
Kam erst in der zweiten Hälfte gegen seinen Ex-Klub zum Zug: Frode Hagen
Klicken Sie zum Vergrößern! Kam erst in der zweiten Hälfte gegen seinen Ex-Klub zum Zug: Frode Hagen

Als Mattias Andersson nach Wiederanpfiff gegen den freistehenden Lackovic parierte und im Angriff ein Siebenmeter herausgeholt werden konnte, wurde diese Hoffnung noch erhöht - wie schon in den letzten Partien gegen den Erzrivalen schienen die Kieler zur großen Aufholjagd zu blasen. Doch als Karabatic den Strafwurf gegen Dan Beutler über das Tor setzte und Flensburg durch Jensen und dem überragenden Christiansen per Gegenstoß postwendend auf 21:16 erhöhten, schwand diese Hoffnung schnell wieder. Die Kieler Deckung wirkte weiterhin sehr löchrig, nach Kavticniks Anschlusstreffer per Siebenmeter war es erneut Jensen, der mit zwei Treffern gar das 23:17 erzwang (35.).

Die für ein Derby bisher äußerst faire Partie wurde nun ein wenig ruppiger, Folge waren insgesamt 7 Herausstellungen Mitte der zweiten Halbzeit. Eine doppelte Überzahl des THW wurde - wenn auch mit größter Mühe - genutzt, um sich durch Treffer von Lövgren und Kavticnik auf vier Tore heranzukämpfen (22:26, 41.), und als die Zebras kurze Zeit später eine doppelte Unterzahl unbeschadet überstanden, war bei den Fans in der Campushalle nochmal kurz Zittern angesagt. Nachdem der in der zweiten Halbzeit stärkere Zeitz sowie erneut Kavticnik per Strafwurf auf 25:29 verkürzten und Henning Fritz einen Siebenmeter von Christiansen parierte, keimte noch einmal Hoffnung auf, doch nun versagten den Kielern im Angriff die Nerven: Frode Hagen scheiterte an Holpert, Stefan Lövgren warf zweimal in Folge vorbei, auf der Gegenseite sorgten Stryger, Christiansen und Jensen für den endgültigen K.O. - nach 50 Minuten stand es 33:25.
Enttäuschte Zebras: Marcus Ahlm und Henning Fritz
Klicken Sie zum Vergrößern! Enttäuschte Zebras: Marcus Ahlm und Henning Fritz

In der Schlussphase wurde dann gezaubert, vor allen Dingen von den Gastgebern: Kempatricks, Traumanspiele hinterm Rücken sowie einen Fernwurf von Christiansen gegen einen vom Spielfeldrand vergeblich ins Tor zurückeilenden Fritz gab es in der Campushalle zu sehen, zumindest vergaßen die bereits feiernden Gastgeber dabei aber auch ihre Abwehrarbeit, so dass der THW, vor allem Pelle Linders und Christian Zeitz auch zum Torewerfen eingeladen wurden. Am Ende gab es einen verdienten 39:33-Sieg für die SG vor 6100 längst stehenden Zuschauern, wodurch beide Meisterschaftskandidaten nun 2 Minuspunkte auf ihrem Konto haben. Eine Kieler Revanche ist bereits am kommenden Dienstag möglich, wenn der THW in der Ostseehalle den Erzrivalen in der 2. Runde des DHB-Pokals empfängt.

(Sascha Krokowski)

Hier geht's zu weiteren Fotos vom Spiel...

Lesen Sie auch den ausführlichen Spielbericht der Kieler Nachrichten.

Stimmen zum Spiel:

THW-Trainer Noka Serdarusic:
39 Gegentore sind richtig viel, aber man darf auch nicht vergessen, dass Flensburg 32 kassiert hat - daher kann man keine Sensation daraus machen. Es gibt ganz einfache Antworten auf die Frage, warum das heute so passiert ist: In der ersten Halbzeit hat Jan Holpert zehn Bälle gehalten, unsere beiden Torhüter zusammen drei. In der zweiten Halbzeit hat sich das Bild wiederholt. Wenn man nur das sieht, hätte dies allein für einen Flensburger Sieg gereicht. Dazu kommt, dass wir auf der rechten Angriffsseite und in der Mitte weniger Druck als Flensburg gemacht haben, da war Flensburg besser. Dann kommt so ein Sieg zustande.

Diese Niederlage baut die Mannschaft für Dienstag natürlich nicht gerade auf, wenn man weiß, wie leicht man Tore kassiert hat. Einige Spieler müssen sich Gedanken machen. Ich glaube nicht, dass diese Spieler sich vor eigenen Zuschauern sowas noch einmal leisten können.

SG-Trainer Kent-Harry Andersson:
Diesen Sieg konnte man nicht erwarten. Wir haben in Großwallstadt schlecht gespielt, und uns nun gesteigert. Wir sind natürlich sehr zufrieden. Die unglaubliche Stimmung heute hat uns auch geholfen. Beide Mannschaften spielen einen positiven Handball, einen Tempo-Handball, dann gibt es so viele Tore.

Dienstag wird es ein ganz anderes Spiel. Kiel spielt vor 10000 Zuschauern in der eigenen Halle, das wird ganz schwer.

Lesen Sie auch Zwei Minuten: Die THW-Kolumne nach dem Spieltag mit Nikola Karabatic.

1. Spieltag: 24.09.05, Sa., 15.30: SG Flensburg-Handewitt - THW Kiel: 39:33 (19:16)

Logo SG Flensburg-Handewitt:
Holpert (1.-60. Minute, 15 Paraden), Beutler (2 Siebenmeter); Solberg (3), Lackovic (3), Nielsen, Sprem, Jensen (7), Christiansen (12/3), Stryger (6/1), Lijewski (4), Boldsen (1), Kos (1), Knudsen (2); Trainer: Andersson
Logo THW Kiel:
Fritz (1.-10., 41.-60. Minute und ein Siebenmeter, 6 Paraden), M. Andersson (11.-40. Minute, 6 Paraden); Linders (3), K. Andersson (2), Lundström (4), Kavticnik (6/4), Hagen (1), Lövgren (2), Wagner, Ahlm (1), Szilagyi (1), Zeitz (6), Karabatic (7/2); Trainer: Serdarusic
Schiedsrichter:
Lemme / Ullrich (Magdeburg)
Zeitstrafen:
Flensburg: 6 (2x Knudsen (18., 59.), Kos (25.), Lackovic (39.), Jensen (40.), Christiansen (44.)) ;
THW: 7 (2x Ahlm (19./24.), K. Andersson (28.), Zeitz (42.), Lundström (44.), Hagen (48.), Lövgren (50.))
Siebenmeter:
Flensburg: 5/4 (Fritz hält Christiansen (47.))
THW: 7/6 (Karabatic gegen Beutler übers Tor (31.))
Spielfilm:
1. Hz.: 1:1, 2:2, 3:3, 6:3 (7.), 7:5, 9:5, 10:6, 10:8 (14.), 11:9, 14:9 (18.), 15:10, 15:12, 17:12, 17:14, 19:16;
2. Hz.: 21:16, 21:17, 23:17 (35.), 24:18, 26:20, 26:22 (41.), 28:24, 29:25, 33:25 (50.), 34:26, 34:28, 35:28, 35:30, 38:30, 39:33.
Zuschauer:
6100 (ausverkauft) (Campushalle, Flensburg)
Spielgraphik:
Spielgraphik

 

Aus den Kieler Nachrichten vom 26.09.2005:

Körpersprache war Schweigen

Lebloser THW von der SG Flensburg beim 33:39 an die Wand gespielt - Morgen zweite Chance im DHB-Pokal
Flensburg - Mit einem Sieg bei der SG Flensburg-Handewitt hätte sich der THW Kiel den Weg für einen sorglosen Alleingang in der Handball-Bundesliga frei werfen können. Es kam ganz anders. Die Festung Campushalle erwies sich für die Zebras auch am Sonnabend als uneinnehmbare Trutzburg. Schlimmer noch: Bei der 33:39 (16:19)- Niederlage wurde der THW vorgeführt und an die Wand gespielt.

Die Bundesliga darf aufatmen. Auch der mit fünf Hochkarätern weiter aufgerüstete deutsche Meister kocht mit Wasser. Mal eben ein Quintett mit Neulingen in den Bus setzen, nach Flensburg fahren und die eingespielte Einheit des Vizemeisters aus den Stiefeln zu spielen, das schafft auch die nach Meinung von SG-Coach Kent-Harry Andersson "beste Vereinsmannschaft Europas" nicht. Im Gegenteil. Schon die THW-Körpersprache beim Einlaufen ins überschäumende Campushallen-Oval war Schweigen. Auf der anderen Seite stand ein Flensburger Team, das nach der Großwallstadt-Niederlage schon im fünften Saisonspiel schwer unter Druck stand - und diesen in positive Energie umsetzte. Uwe Schwenker nahm ob der enttäuschenden Vorstellung kein Blatt vor den Mund. "Der große Unterschied lag einzig darin, dass die SG mit wesentlich mehr Biss, Leidenschaft und Bereitschaft da war", sagte Kiels Manager. Wenn man dann noch vor so einem fanatischen Publikum spielen müsse, habe man überhaupt keine Chance. Richtig, die Halle stand Kopf. Es krachte im Gebälk. Aber: Nicht ausschließlich entspannte Freude an der Leistung des eigenen Teams schaffte Lautstärke. Vielmehr war es erneut jene angestaute Wut über den verhassten Rivalen aus der Landeshauptstadt, die viele Fans antrieb. Keine wirklich schöne Handball-Atmosphäre.

Nie zuvor in der Bundesligageschichte kassierten die Zebras bei einer Niederlage 39 Tore. Und eine totale Demütigung blieb dem am Boden liegenden Tabellenführer wohl nur erspart, weil SG-Mittelmann Joachim Boldsen acht Sekunden vor dem Ende einfach Schluss machte, den Ball in die Hände der Schiedsrichter legte und die Jagd auf die 40-er Tormarke abblies. Entzaubert wurde Kiel auch so. In erster Linie, weil die THW-Abwehr praktisch nicht stattfand: Lücken, wohin die SG-Angreifer auch schauten - und gierig hineinstießen. Noka Serdarusic startete mit einer 5:1-Formation, eine Einladung zum Tore werfen. Ob Marcus Ahlm, Nikola Karabatic, Viktor Szilagyi oder Christian Zeitz. Sie alle standen Spalier, wenn Lars Christiansen (12/3) und Co. ihren Torhunger stillten. Der Gast ließ das Unheil einfach geschehen. Besser wurde es nicht, als Serdarusic auf 6:0 umstellte und Stefan Lövgren für Szilagyi ins Spiel brachte. Der THW-Regisseur litt merklich unter seiner Oberschenkelverletzung, die einst gefürchtete Achse Lövgren/Ahlm blieb wirkungslos. Auch, weil Kiels Kreisläufer nach diversen Verletzungen weiter nach alter Form sucht.

So blieben das 1:0 und 2:1 die einzigen THW-Führungen. Danach legte Flensburg vor, die Zebras hatten größte Mühe zu folgen. Dass der Rückstand zur Pause beim 16:19 erträglich blieb, war vor allem dem jungen Karabatic (8/3 Tore) und erfolgreich abgeschlossenen Tempogegenstößen zumeist über Henrik Lundström zu verdanken. Ausgerechnet Karabatic ließ aber direkt nach der Halbzeitpause mit einem missratenen Siebenmeter hoch über das Flensburger Tor das Signal zur Aufholjagd verpuffen. Schnelle Tore von Jensen, Christiansen und Lackovic machten früh alles klar.

"Im Angriff hat einfach alles gepasst", strahlte SG-Spielmacher Glenn Solberg. "Wir hatten mehr zu verlieren", fasste Jan Holpert zusammen. "Das war unser bestes Saisonspiel." THW-Trainer Noka Serdarusic stöhnte über die eigene Abwehr und vermisste "im Angriff den Druck auf der rechten Seite, die 45 Minuten tot war." Außerdem habe Jan Holpert das Torhüterduell klar für sich entschieden. "Wenn so viele Ausfälle zusammen kommen, kann man nicht bestehen."

Morgen schon bekommt der THW in der zweiten DHB-Pokalrunde eine zweite Chance. Er wisse nicht, wie das Spiel in Kiel ausgehen werde, sagte ein innerlich brodelnder, äußerlich aber gefasster Serdarusic und packte seine Worte in Watte: "Ich weiß nur, dass ein total anderer THW auf der Platte stehen wird."

(Von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 26.09.2005)


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