Von Dr. Oliver Schulz:
Am Samstag Abend stand der italienische Meister und Pokalsieger Indeco Conversano
vor einer schier unlösbaren Aufgabe. Die Truppe des neuen spanischen Trainers
Fernando Bolea mußte vor heimischem Publikum 14 Tore aus der vor einer Woche in
Constanta erlittenen herben
38:24-Klatsche aufholen.
Mit 30:25 gelang ihr zwar ein historischer Sieg, der aber zu niedrig ausfiel.
Damit bewahrheitete sich die Schlagzeile "Ciao Ragazzi", die die rumänische
Sportzeitung "Gazeta Sporturilor" kurz nach dem Hinspiel präsentierte.
Bolea in Apulien vor neuer Herausforderung
Fernando Bolea, gleichermaßen erfolgreich als Spieler wie als Trainer, stand
neulich wieder einmal vor einer neuen Herausforderung. Der erst 41-jährige aus
Saragossa wechselte einst als Linksaußen aus Spanien in die Bundesliga, in der
damaligen Zeit ein eher ungewöhnliches Unterfangen. Später brachte er
Spielerkarriere und Trainerlaufbahn erfolgreich unter einen Hut und machte sich
um den aufstrebenden Verein CAI Aragon äußerst verdient. Seit November mehrten
sich Gerüchte über ein ausgeprägtes Interesse des italienischen Double-Gewinners.
Gerade an der Achillessehne operiert, lehnte Bolea, der seit 1995 in Besitz einer
Trainerlizenz ist, zunächst ab. Als sich die Gelegenheit jedoch erneut bot, nahm
der Spanier das Angebot Conversanos an.
Die Liga umfasse nur acht Teams, und italienische Spieler seien im Kader rar
geworden. Stattdessen fänden sich viele internationale Akteure auf der Bank. So
bestünde die Hälfte seiner 12 Mann starken Truppe aus Ausländern. Mit einem derart
schmalen Kader aus acht Profis und einigen Youngstern seien qualitativ hochwertige
Trainingseinheiten nicht möglich, beschrieb der neue Trainer letzte Woche eines
der Hauptprobleme gegenüber der Tageszeitung "Heraldo de Aragon".
Es gelte, die Erfolge der vergangenen Saison zu wiederholen. Im EHF-Cup wolle man
das Bestmögliche erreichen, nachdem sich jetzt die Vorstufe zur Champions League
verkompliziert habe. An diesen Wettbewerb habe man viele Erwartungen geknüpft und
gehofft, gegen die Rumänen eine bessere Rolle zu spielen. Das 38:24 habe jedoch
gezeigt, dass noch viel Arbeit zu tun sei. Vielleicht habe die Vorrunde für sie zu
früh auf dem Programm gestanden, führte Bolea gegenüber der Zeitung aus.
Der Trainer, der seit Anfang August in Conversano lebt, verstehe die Sprache -
ursprünglich eine große Hürde - langsam immer besser. Seine vor ein paar Tagen
angekommene Familie erleichtere ihm die Eingewöhnung, zumal das mediterrane Klima
dem von zu Hause ähnele und auch der Strand nicht weit sei. Zunächst in einem Hotel
untergebracht, habe man sich wie im Urlaub gefühlt. Mittlerweile im eigenen Haus,
beginne für den Sohn bald die Schule. Dann werde man die Veränderung wohl erst so
richtig merken, verriet Bolea der Tageszeitung.
Fehleranalyse des Hinspiels
In Rumänien habe man vor allem im Angriff viel zu viele Bälle verloren. Dadurch
habe man sich insgesamt ein Dutzend Gegenstoßtore eingefangen, die eigenen Fehler
also sehr teuer bezahlt, versuchte Kreisläufer Giorgio Fantasia auf der
Homepage der Grünweißen die Ursache für die
Kanterniederlage am Schwarzen Meer in Worte zu fassen. In Conversano werde die
Mannschaft nun alle Kräfte mobilisieren, um in der Königsklasse zu bleiben. Man
könne die Rumänen durchaus in Schwierigkeiten bringen, denn diese hätten gegen die
gut gestellte Abwehr der Italiener viel Mühe gehabt. Es werde aber schwer, Löcher
in den Deckungsverband der Gäste zu reißen, kündigte er an. Selbst wenn man die
Qualifikation nicht überstehe, erhöhe der Gewinn des Rückspiels das Selbstvertrauen
im Hinblick auf den ersten Titel der Saison, blickte Fantasia bereits auf das
Supercup-Match gegen Prato am Dienstag abend in eigener Halle, das der Fernsehsender
Raisport live übertragen wird.
Verletzungssorgen im Lager der Italiener
Vor dem Rückspiel hatte sich die Personalsituation bei den Apuliern eher noch
weiter angespannt: neben den ohnehin rekonvaleszenten Fusina und d'Alessandro
war davon auszugehen, dass auch zwei Neuzugänge, der uruguayische Youngster Spalla
und der bosnische Mittelmann Sahinovic, keine große Hilfe sein könnten. Der aus
Pfullingen nach Süditalien gekommene tschechische Halbrechte Petr Kust erholte
sich von einem Schlag auf die linke Schulter. Michael Hoffmann, ehemaliger
Linksaußen der HSG Nordhorn und mit 11 Treffern erfolgreichster Schütze im Hinspiel,
sowie Paolo Minunni schlugen sich zudem seit ein paar Tagen mit einem grippalen
Infekt herum.
Rumänische Liga hat soeben begonnen
In der "Liga Nationala" ist der erste Spieltag der neuen Saison soeben Geschichte.
Constanta greift allerdings erst am Mittwoch Abend bei Challenge Cup-Teilnehmer
UCM Resita ins Geschehen ein. Der rumänische Fernsehsender "TV Sport" wird dann
vor Ort sein. Die Mannschaft des Meisters wurde neben Mircea Muraru (Dinamo Baumit
Bukarest) durch die serbischen Spanien-Legionäre Dusko Milinovic (Torrevieja) und
Ivan Smigic (Cangas) verstärkt. Dadurch erhöhte sich die Anzahl serbischer Spieler
im Kader auf fünf. In den letzten Tagen war in der rumänischen Presse vereinzelt
von angeblichen Problemen bzgl. der Einreisevisa nach Italien für Adzic, Kazic,
Dragicevic, Milinovic, Smigic und den Ukrainer Kovalenko die Rede.
Italienischer Sieg im Rückspiel nicht hoch genug
Die Wettervorhersage kündigte für Conversano am Samstag Abend angenehme 23 Grad an.
Dennoch wehte in dem 25.000 Einwohner zählenden Städtchen 30 Kilometer südöstlich
von Bari wohl ein rauher Wind. Zumindest in der Halle "Pala San Giacomo", als die
serbischen Schiedsrichter Tijanic/Grkovic um 20 Uhr vor 800 Zuschauern das Rückspiel
anpfiffen.
Die Grünweißen begannen die umkämpfte erste Halbzeit konzentriert und motiviert und
konnten mit 2:0 in Führung gehen. Bereits nach vier Minuten glich Neuzugang Muraru
allerdings aus. Gut eine Viertelstunde blieb die Partie eng, bis sich die blau-weiß
gekleideten Gäste in Überzahl durch zwei Tore von Ivan Smigic auf 7:9 absetzen
konnten (22.). Eine Auszeit Boleas bescherte wenig später das erneute Unentschieden
(9:9). Nach ausgeglichener Schlussphase traf di Maggio zum 12:11-Halbzeitstand.
Conversano kam hochmotiviert aus der Kabine und setzte sich durch gute Abwehrarbeit
auf 14:11 ab. Doch die Führung war nur von kurzer Dauer, schnell glichen die Rumänen
zum 14:14 aus. Nach einem offenen Schlagabtausch erzwangen die Apulier rund zehn
Minuten vor dem Ende die Entscheidung, als sie mit vier Toren führten. Eine Auszeit
von Gäste-Coach Rasnita brachte die Osteuropäer nicht mehr näher heran. Schließlich
stand für Conversano nicht zuletzt dank der elf Tore Bruno Civellis der erste
Champions League Sieg der Vereinsgeschichte zu Buche. Das Wunder blieb aber nach der
klaren Niederlage aus der Vorwoche mit einem Gesamtergebnis von 63:54 erwartungsgemäß
aus. Damit trifft der THW am 14./15. Oktober auswärts in der Halle "Sala Sporturilor"
auf die Osteuropäer. Conversano spielt indes in der zweiten Runde des EHF-Cups gegen
Haukar Hafnarfjördur.
Antonello Malena, Co-Trainer in Diensten Conversanos, zeigte sich auf der
Homepage mit der motivierten Einstellung, der
Offensivleistung, besonders aber der kompakten Abwehr seines Teams sehr zufrieden.
Der Sieg gebe Selbstvertrauen für den Supercup.
(Von Dr. Oliver Schulz)
Die weiteren Ergebnisse der Qualifikation finden Sie unter
- Indeco Conversano (ITA ):
-
Pardales, Sahinovic (5), Fantasia, Hoffmann (6), Farar (1), di Maggio (6), Kust, Civelli (11),
Amendolaggine, Marine (1), Napoleone, Minunni
- HCM Constanta (ROM )::
-
Stanescu, Popescu, Timofte (3), Stavrositu, Smigic (6), Milinovic (4), Muraru (4), Toma (1),
Buricea (1), Giotoiu (1), Saulescu, Kazic (4), Dragicevic (1), Soldanescu
- Schiedsrichter:
-
Tijanic/Grkovic (SRB)
- Zuschauer:
-
800 (Pala San Giacomo, Conversano (ITA))