Aus dem offiziellen THW-Magazin "zebra", von living sports:
Es war ein handstreichartiger Vorschlag, der wenige Tage vor der Sitzung der
EHF-Exekutive für Unruhe in der Handballwelt sorgte: Die Champions League
solle, so das Positionspapier, eine zweite Gruppenphase erhalten. Die jeweils
beiden Gruppensieger sollten in einem Finalturnier gleich dem DHB-Pokal-Final
Four den Champions League-Gewinner ausspielen. Als erster Austragungsort dieses
Turniers, welches in Zukunft in wechselnden Hallen und Ländern stattfinden
sollte, wurde sofort die Kölnarena ins Gespräch gebracht. "Ich bin sehr
zuversichtlich, dass die Exekutive diese Vorlage absegnet", sagte der
EHF-Generalsekretär Michael Wiederer noch kurz vor Beginn der entscheidenden
Sitzung. Schließlich beklagten sich die Teilnehmer aus den kleineren
Handballnationen stets über zu wenige Spiele in der Champions League - und
damit verbunden über zu wenig Präsenz auf der europäischen Bühne.
Die Rechnung hatte der EHF-Generalsekretär allerdings ohne die "großen" Vereine
gemacht. So mokierte sich
Thorsten Storm, Manger der
SG Flensburg-Handewitt, über die Kurzfristigkeit dieser Pläne. "Ich höre davon
zum ersten Mal", ärgerte sich Storm zehn Tage vor der Sitzung der EHF-Exekutive,
"außerdem wüsste ich gern mehr über die Vorteile für die teilnehmenden Clubs".
In der Tat wurden deutsche und spanische Vereine von dieser Inititive
weitestgehend überrascht. Dennoch dauerte es nur kurz, bis sich der Widerstand
gegen die Pläne formiert hatte. An der Spitze der Opposition: THW-Geschäftsführer
Uwe Schwenker. Dieser telefonierte nach Bekanntwerden
der EHF-Initiative sofort mit seinen Kollegen in namhaften Clubs aus Deutschland
und Spanien. Der Tenor. "Ich ärgere mich darüber, dass keine breite Diskussion
über Vor- und Nachteile so weitreichender Pläne geführt wurde. Ich kann verstehen,
dass die EHF nicht nur auf Deutschland oder Spanien schauen kann und ich weiß
natürlich um die Bestrebungen kleinerer Verbände, die Champions League auszudehnen,
um nicht immer gleich nach der Gruppenphase rauszufliegen." Sechs weitere Spiele
hätten den EHF-Plänen nach jeder Champions League-Teilnehmer durch die zweite
Gruppenphase garantiert - was die Kleineren freut, wird aber zur Belastung der
"großen" Vereine, deren Terminkalender eh schon eng gestrickt ist und deren
Spieler durch die Dauerbelastung in Club und Nationalmannschaften förmlich nach
Pausen schreien.
Was Schwenker indes noch mehr ärgerte, war der Plan
eines Final Fours in der Champions League. "Ein Final-Four ist für mich indiskutabel",
stellte der THW-Geschäftsführer klar. "Man kann doch den Fans nicht sagen: Tragt
uns schön das Geld zur Gruppenphase in die Kasse, aber bei einem Halbfinale und
Finale seid ihr nicht dabei." Das könne zu recht als Abzocke gelten, so der
Zebra-Manager. Die Idee, eine Halle in einem fremden Land womöglich ohne gastgebenden
Verein zu füllen, sei utopisch. "Wir sind nicht im Fußball, der Handball ist in
Europa noch nicht soweit."
Schwenker forderte eine Diskussion, und bekam sie bei
einem zweitägigen Workshop vor der Sitzung der EHF-Exekutive. Das Ergebnis: Die
Champions League-Revolution ist zumindest in Teilen abgewehrt. Zwar kommt die
zweite Gruppenphase in der Saison 2007/2008, doch ab dem Halbfinale geht es
wie bisher im K.O.-System mit Hin- und Rückspielen weiter. "Damit wird dem seit
Jahren bestehenden Wunsch etlicher Nationen nach einer verlässlichen Präsenz auf
internationaler Ebene Rechnung getragen. Dagegen konnte man nicht votieren",
zeigte sich Schwenker zufrieden mit dem gefundenen
Kompromiss. Schließlich werde Handball ja nicht nur in Deutschland und Spanien
gespielt. Der Super-Gau aus Sicht der Fans, zu einem Final-Turnier nach Zagreb,
Moskau oder Stockholm reisen zu müssen, um den THW in Halbfinal- oder Finalspielen
zu sehen, war abgewendet.
(aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra")