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08.10.2006 Champions League

Zebra: Machtspiele

Aus dem offiziellen THW-Magazin "zebra", von living sports:

Die Top-Clubs des europäischen Vereinshandballs probten den Aufstand. Eine Reform der Champions League wehrten sie erfolgreich ab, jetzt soll im November eine "Group Club Handball" gegründet werden.
Aufruhr in der europäischen Handball-Szene: Ein Bericht in einer renommierten Sport-Fachzeitschrift trat unlängst eine Lawine los, deren Ausmaß bisher noch nicht abzusehen ist. Der Inhalt des Artikels: Nach dem Vorbild der europäischen Fußball-Klubs ("G14") wollen sich die 14 europäischen Handball-Top-Vereine zu einer kontinentalen Interessenvereinigung ("Group Club Handball") zusammenschließen. "Es gibt Planungen in diese Richtung, denn es gibt für die Klubs eine Vielzahl von Problemen", bestätigte THW-Geschäftsführer Uwe Schwenker den Artikel - und die Idee, die hinter dem Zusammenschluss stehen soll. Denn die Vereinigung soll dazu dienen, den Einfluss der größten und erfolgreichsten Klubs auf Entscheidungen im europäischen Handball zu vergrößern. Internationaler Spielkalender, versicherungstechnische Belange und Abstellungen von Nationalspielern stehen dabei ganz oben auf der Liste.

Gegründet werden soll die "Group Club Handball" am 24. und 25. November in Düsseldorf. Gründungsmitglieder sind alle Clubs, die seit 2001 einen Europapokal gewonnen haben - bis auf TuSEM Essen, dem nach dem EHF-Cup-Erfolg 2005 die Lizenz entzogen wurde. Der Interessenvereinigung werden aus der Bundesliga natürlich der THW Kiel, die SG Flensburg-Handewitt, der SC Magdeburg sowie der TBV Lemgo angehören, aus Spanien kommen neben dem FC Barcelona und Ciudad Real noch Ademar Leon und Portland San Antonio hinzu. Auf jeden Fall mit von der Partie sind auch Celje Pivovarna Lasko (SLO), HB Montpellier (FRA) sowie Chehovski Medvedi Moskau (RUS). Als Vorsitzender ist der renommierte Spielerberater Gerd Butzeck im Gespräch, der den Zusammenschluss auch vorbereitete. "Er wäre für dieses Amt prädestiniert", sagte Flensburgs Manager Thorsten Storm zu dieser möglichen Personalie.

Die Vereinigung wird für ernste Mienen in den Zentralen der europäischen und internationalen Handballförderation sorgen, so denn die größten und erfolgreichsten Clubs durch die Interessenvertretung wirklich mit einer Sprache sprechen. Schließlich sind die Clubs nicht nur die Aushängeschilder des Sports, sondern auch Arbeitgeber eines Großteils der Nationalspieler. Seit langem sind den Clubverantwortlichen die häufigen Abstellungen ihrer Spieler ein Dorn im Auge, kommen diese doch nicht selten ausgelaugt oder verletzt von Turnieren der Nationalteams zurück in ihre Heimatvereine.

Diskussionsbedarf besteht also, und die "Group Club Handball" soll den Vereinen eine gewichtige Stimme verleihen - brauchen können sie diese, wie unlängst der Vorschlag zeigte, die Finalspiele der Champions League in einer Art Final Four an einem zentralen Ort auszutragen. Nahezu handstreichartig hatte die EHF den Plan eingebracht und für viel Unruhe bei den Vereinsvertretern gesorgt. Schließlich rechnen die Clubs mit den Zuschauereinnahmen und wollen ihren Fans das Highlight der Saison auch in den eigenen Hallen präsentieren - und sie nicht hunderte von Kilometern reisen lassen müssen.

THW-Geschäftsführer Uwe Schwenker, der die Pläne kategorisch ablehnte, hatte zuvor in Telefonaten mit den Clubchefs aus Flensburg, Hamburg, Lemgo, Gummersbach und Barcelona für seine Sicht der Dinge geworben. Als Vorgriff auf die "Group Club Handball" erarbeiteten die Vereinsvertreter der größten europäischen Clubs darauf hin einen Gegenentwurf, der zwar auch eine zweite Gruppenphase für die Champions League vorsieht - aber kein Final Four-Turnier. "Damit wird dem seit Jahren bestehenden Wunsch etlicher Nationen nach einer verlässlichen Präsenz auf internationaler Ebene Rechnung getragen. Dagegen konnte man nicht votieren", sagte Uwe Schwenker, der sich vehement gegen ein Final-Four-Turnier zur Ermittlung des Champions League Siegers gewehrt hatte. "Handball wird nicht nur in Deutschland gespielt", zeigte er sich kompromissbereit. Für die Klubs, die die zweite Gruppenphase erreichen, bedeutet die Neuregelung, dass zwei Spiele mehr als bisher zum Erreichen des Halbfinales nötig sind - ein notwendiges Übel, wenn dafür die Halbfinal- und Finalspiele im bisherigen Rahmen ablaufen können. Die G 14 hat ihren ersten Erfolg errungen - und das knapp zwei Monate vor der eigentlichen Gründung.

(aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra")


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