21.01.2007 | WM 2007 / Nationalmannschaften |
Ungarischer Held des Abends: Torhüter Nenad Puljezevic |
Erzielte 13 Tore: Lars Rasmussen |
Heute setzte erneut eine dänische Pilgerfahrt nach Kiel ein. Gut 5000 Fans verwandelten einmal mehr die Ostseehalle in ein rot-weißes Fahnenmeer. An einem Sieg ihres Teams zweifelte niemand, hatte sich Angola doch am Vortag beim 13:41 gegen Norwegen als wahrer Handball-Exot erwiesen.
Trainer Ulrik Wilbek hatte nach dem Kräfte zehrenden Spiel gegen Ungarn seine zweite Garnitur gegen Angola aufgeboten. Lars Christiansen blieb ebenso auf der Bank wie Joachim Boldsen. Seine Chance nutzen wollte Linksaußen Lars Rasmussen, 8/3 Treffer erzielte der Linksaußen allein in der ersten Halbzeit. Dennoch tat sich der haushohe Favorit zunächst schwer gegen die Angolaner, bei denen vor allem Sergio Lopes und Jaime Barreiro immer wieder Lücken in der nicht sattelfest stehenden dänischen Abwehr fanden.
Zur Überraschung aller blieb Angola so lange Zeit im Spiel, ließ sich auch von einem 4:7-Rückstand (10.) nicht aus der Ruhe bringen. Lange ausgespielte Angriffe, bei denen das Schiedsrichtergespann durch eine großzügige Auslegung des Zeitspiels half, ließen die Skandinavier nie in Tritt kommen. Bereits in der elften Minute nahm Wilbek deshalb eine Auszeit, stauchte seine Mannen zusammen und beorderte Kasper Hvidt für den unglücklich spielenden Henriksen ins Tor. Der Erfolg der Maßnahme sollte sich aber erst zehn Minuten später einstellen, nachdem Angola auf 9:10 verkürzt hatte.
Vier schnelle dänische Tore in Folge brachten Ruhe ins Spiel, doch Netos frecher heber und Lopes per Siebenmeter verkürzten erneut. Erst als die Spielfreude mit den Angolanern durchging und sie Fehler im Angriff produzierten, kam das dänische Tempospiel wieder in Schwung, sodass zur Pause ein verdientes, in der Höhe aber nicht zufrieden stellendes 18:12 für die Skandinavier zu Buche stand.
In der Halbzeit-Pause muss Ulrik Wibek offenbar klare Worte gefunden haben, in der Abwehr gingen seine Mannen nun bissiger zu Werke, zwangen Angola zu Fehlern. Zudem steigerte sich Hvidt im Tor, sodass nach vier Boesen-Toren in Folge und zwei weiteren Tempogegenstoß-Treffern eine 26:13-Führung für Dänemark das Tableau zierte (39.). In dem Maße, wie bei den Angolanern nun die Kräfte schwanden, tat Dänemark etwas für sein Selbstbewusstsein und die Torquote, während bei Angola lediglich Lopes dagegen halten konnte.
Am Ende freuten sich die Außenseiter über mehr erzielte Tore als im ersten Spiel und eine Leistung, mit der man den Favoriten in zumindest einem Drittel der Spielzeit ärgern konnte. Die Dänen hingegen hakten das Spiel schnell ab. Training unter Wettkampfbedingungen mit einigen klaren Ansprachen des Trainers, zudem Kräfte bei den Hauptakteuren geschont: Das Fotofinish der Gruppe E am Montag mit dem skandinavischen Bruderduell gegen Norwegen kann kommen. 7000 dänische und norwegische Fans in Kiel und unzählige in den Heimatländern können es kaum erwarten... .
(Christian Robohm)
Wir haben heute gerade in den ersten Minuten gesehen, dass das angolanische Team bereit war für das Spiel und ich glaube der Wendepunkt, der uns zum Sieg geführt hat, war, dass wir die Torhüter nach einigen Minuten gewechselt haben. Mit diesem Spiel sind wir zufrieden und bereiten uns nun auf morgen vor. Meine Mannschaft hat mir versprochen, dass Spiel ihres Lebens zu machen. Wenn wir die Hauptrunde nicht erreichen sollten, wäre dies ein Desaster.
Unser Spiel heute war besser als das gestrige. Wir hatten uns vorgenommen, ein guter Gegner zu sein und gegen zu halten.
Börge Lund frustriert nach seiner Roten Karte. |
Hochmotiviert begannen beide Mannschaften die Begegnung. Harte Zweikämpfe prägten die ersten Minuten, in denen sich Fans und Spieler beider Teams ein unerbittliches Duell lieferten - zumindest auf den Rängen mit deutlichen Vorteilen für die von gut 2000 Fans unterstützten Norweger. Auf der Platte wollte das Schiedsrichtergespann mit frühen Zeitstrafen gegen Diaz (Ungarn, 9.) und Jensen (Norwegen, 7.) für ein wenig Ruhe sorgen - was nur bedingt gelang. Ausgeglichen gestalteten sich die ersten Minuten nicht nur in Sachen Zeitstrafen, beide Teams egalisierten sich in Abwehr und Angriff. Ungarns frühe 4:2-Führung konnte der auffällig Kjelling bereits wenig später ausgleichen. Kurz nachdem Kjelling beim 6:7 wieder den Anschluss für Norwegen erzielen konnte, folgte der nächste Aufreger.
Börge Lund hatte Laszlo Nagy beim Wurfversuch an dessen Wurfarm rüde zu Boden gebracht - die richtige Entscheidung des Schiedsrichtergespannes: Die Rote Karte für den norwegischen Spielmacher, an dessen Stelle im Angriff nun Alexander Buschmann trat. Und der fügte sich hervorragend ein, das Zusammenspiel mit Frank Löke funktionierte blendend, ehe sich die Ungarn auch darauf eingestellt hatten. Die schossen im Angriff die leichteren Tore, wofür sich im ersten Durchgang Gabor Csazar verantwortlich zeigte: Sechs Mal netzte er gewaltig ein. In der ungarischen Abwehr steigerte sich einer in den Rausch, der schon für den 30:29-Sieg der Ungarn gegen Dänemark großen Anteil hatte: Keeper Nenad Puljezevic trieb die norwegischen Angriffsbemühungen ein ums andere Mal an den Rand der Verzweiflung. Neun Bälle parierte der 111 Kilogramm schwere Vulkan im ungarischen Tor, feierte jede seiner Paraden mit der doppelten geballten Faust, während sich seine Teamkollegen Tor um Tor von ihren Gegner absetzen konnten. Tamas Mocsai erzielte den verdienten 15:12-Pausenstand.
Diese Drei-Tore-Führung hielt bis zur 35. Minute, dann nahm Ungarns Abwehrspiel richtig Fahrt auf. Nur zwei Gegentore sollten sie in den nächsten elf Minuten erhalten, auch weil Christian Kjelling nun immer öfter allein die Entscheidung suchte - und seinen Meister nicht nur beim Siebenmeter in der 50. Minute in Teufelskerl Puljezevic fand. So konnte sich Ungarn weiter absetzen, führte 22:16 gar mit sechs Toren (47.). Angetrieben von einem unglaublich präsenten Laszlo Nagy, der mit einem tollen Kempa zum 21:16 das schönste Tor des Tages erzielte, jagten die Ungarn ihre Gegenspieler vor dem Wurfkreis, spielten sie im Angriff den variableren Handball - und hatten mit Gyula Gal einen weiteren gewichtigen Turm im Zentrum.
Die Niederlage deutlich vor Augen, warf Norwegen aber
noch einmal alles in die Waaschale - und drehte nun
seinerseits auf, während Ungarn im Gefühl des sicheren
Sieges die Zügel schleifen ließ. Nachdem Ilyes Rot
gesehen hatte, verkürzten die Skandinavier binnen
zwei Minuten durch Treffer von Löke auf 22:24 - die
Schlussphase wurde immer dramatischer, immer hektischer.
Gehaltene Siebenmeter auf beiden Seiten, Ballverluste,
Tore: Nicht nur die Zuschauer wurden durch ein Wechselbad
der Gefühle geschickt, ehe die beiden besten des Tages
den Einzug Ungarns in die Hauptrunde zelebrierten:
Erst traf Nagy fünfzig Sekunden vor dem Ende zum
entscheidenden 25:22, ehe Puljezevic Buchmann
erst einen Siebenmeter und dann auch noch den
Nachwurf "abkaufte" - seine Paraden 18 und 19
setzten den glanzvollen Schlusspunkt unter
ein aufregendes Spiel, in dem Ilyes (56., grobes
Foulspiel) und Nagy (60., 3. Zeitstrafe) auch
noch die Rote Karte sahen.
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