THW-Logo
22.01.2007 WM 2007

Kieler Nachrichten: "Finale" um Platz 2: Dänen im Vorteil

Ungarn nach 25:22-Sieg gegen Norwegen für die Hauptrunde qualifiziert - Alexander Buchmann & Co hilft heute nur ein Sieg weiter

Aus den Kieler Nachrichten vom 22.01.2007:

Vor drei Jahren wurde Alexander Buchmann von der SG Flensburg gewogen, für zu leicht empfunden und ins dänische Aarhus abgeschoben. Heute Abend (20.15 Uhr) könnte er für seine Ex-Kollegen Joachim Boldsen, Lars Christiansen und Sören Stryger Schicksal spielen. Der Trondheimer ist fest davon überzeugt ist, dass seine Norweger als Zweiter der Gruppe E die Hauptrunde erreichen werden und die Dänen in den ungeliebten Präsidenten-Cup schicken.
Der Gruppensieg ist den Ungarn, die gestern Norwegen (25:22, Spielbericht) besiegten, schon vor dem letzten Spiel gegen Angola (heute, 18.15 Uhr) nicht mehr zu nehmen.

"Wir haben gesehen, wie unsicher die Dänen gegen Ungarn gespielt haben", meint Buchmann, der mit seinen staunenden Landsleuten am Sonnabend die überraschende 29:30-Pleite im Fernsehzimmer des Mannschaftshotels "Maritim" erlebte. "Sie haben völlig ihr Konzept verloren. Das zu sehen, war gut für unsere Moral." Mut gibt den Norwegern, die nach dem Rücktritt von Glenn Solberg und Frode Hagen mit frischen Gesichtern wie Buchmann erfolgreich eine neue Mannschaft aufgebaut haben, auch die jüngere Vergangenheit. Beim Lauritz-Knudsen-Cup, einem Vorbereitungsturnier in Kopenhagen, gewannen die Norweger zuletzt mit 28:26. "Auch da führten die Dänen schon mit fünf Toren und verloren noch den Faden", erinnert sich Buchmann, der nach schlechten Erfahrungen in den norwegischen Jugendauswahlen einen großen Haken hinter seine Karriere als Nationalspieler gemacht hatte. "Bei uns werden die Talente in eine Form gepresst - und am Ende sehen alle gleich aus. Das war nichts für mich", sagt der leidenschaftliche Musiker, der als Bassist der spanischen Rockband "Nueve Lunas" immerhin gut genug ist, um besuchte Konzerte geben zu können. "Ich hatte keine Ambitionen mehr, noch einmal für mein Land zu spielen."

Umso überraschter war der 24-Jährige, als der neue Nationaltrainer Gunnar Pettersen ihn vor eineinhalb Jahren nominierte. "Danach ging alles sehr schnell", sagt der Rechtshänder, der bereits 35 Länderspiele absolviert hat und hinter Börge Lund von der HSG Nordhorn zweiter Mittelmann ist. Gegen Angola (41:13, siehe Spielbericht) warf er neun Tore und wurde zum besten Spieler gewählt. "Angola war kein Maßstab", sagt der Mann mit der Nummer "2", der wegen seiner Nervenstärke auch für die Siebenmeter zuständig ist.

Bei der 22:25-Niederlage gegen Ungarn musste Buchmann gestern Abend nach 20 Minuten in die Bresche springen, weil Lund nach einem Foul an Laszlo Nagy die Rote Karte kassiert hatte. Buchmann: "Eine Fehlentscheidung. Da hätten die schwachen Schiedsrichter auch Stürmerfoul pfeifen können."

Schnelle Beine, klare Gesten und ein gutes Auge für Kreisläufer Frank Löke, den er immer wieder schlau in Szene setzte - Buchmann begann souverän, verzweifelte schließlich aber auch an diesem unglaublichen Nenad Puljezevic im ungarischen Tor. Spätestens als der bullige Kreisläufer Gyula Gal den Ball mit einem kuriosen Rückhandwurf aus vollem Lauf zum 24:20 (57.) ins Netz schleuderte, setzten die Verantwortlichen auf der ungarischen Bank nach einem intensiven Spiel mit drei Platzverweisen ihr Partygesicht auf. Symptomatisch das Ende: Buchmann scheiterte in den letzten Sekunden mit einem Siebenmeter an Puljezevic, der auch noch den Nachwurf parierte.

"Jetzt müssen wir uns eine Stunde lang ärgern und dann nur noch an das Dänemark-Spiel denken", sagte Buchmann, der als 17-Jähriger einen "kleinen Vertrag" im Regionalliga-Team der SG Flensburg-Handewitt unterschrieb. Der 1,94-Meter-Mann wollte eine Saison lang Deutsch lernen und eine neue Ecke der Welt kennen lernen. Drei Jahre später kehrte der Psychologiestudent nach Flensburg zurück, um sich als Mittelmann im Bundesligakader zu versuchen. Als dritte Alternative hinter Joachim Boldsen und seinem Landsmann Christian Berge, den er seinen "Mentor" nennt. Obwohl der Rechtshänder einen Zwei-Jahres-Vertrag in der Tasche hatte, ließ er sich nach sechs Monaten ins dänische Aarhus vermitteln. Die Schatten der zahlreichen Weltklasse-Spieler waren für ihn noch zu lang.

Von Aarhus wechselte er nach Paris (Ivry), mittlerweile wirft er seine Tore in Spanien (BM Altea). Am Saisonende läuft sein Vertrag aus, verlängern will er ihn nicht. Klar ist nur, dass er auf seiner Europatour nun den Rückwärtsgang einlegt. Dänemark, Frankreich oder wieder die Bundesliga - Buchmann, der fünf Sprachen spricht, ist für alles offen. "Aber ich warte noch ab, wohin die Reise bei dieser WM geht. Da kann noch einiges passieren." Für ihn, der am Mittwoch Geburtstag feiert, für Norwegen, aber auch für den heutigen "Final"-Gegner Dänemark, dem ein Unentschieden reicht, um mit einem blauen Auge doch noch die Hauptrunde zu erreichen.

(Von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 22.01.2007)


(22.01.2007) Ihre Meinung im Fan-Forum? Zur Newsübersicht Zur Hauptseite