03.02.2007 | WM 2007 / Nationalmannschaft |
Erst einmal ins Finale morgen (16.30 Uhr, ARD) gegen Polen. Christian Zeitz ist für dieses Spiel wohl noch auf Kartensuche. Der Kieler schlich sich in der Mixed Zone erneut wortlos an den Journalisten vorbei, trug aber mit schelmischem Grinsen ein weißes Blatt Papier vor sich her: "Suche zwei Tickets fürs Finale". Nach dem Kampf auf Biegen und Brechen mit zweimaliger Verlängerung gegen die Franzosen blieb auch Florian Kehrmann zunächst sprachlos. Er habe sich noch nie in seiner Karriere so kaputt gefühlt wie in diesen Momenten, gestand er gestern. "Ich konnte den Körper nicht mehr bewegen, konnte nicht einmal mehr eine Wasserflasche halten oder den Stift führen, um Kindern die Autogrammwünsche zu erfüllen." Er habe einzig die Kabine vor Augen und im Sinn gehabt. "Das war mein Ziel, ich wollte mich nur noch hinlegen und ausruhen."
Ins Heiligtum der Männer fanden an diesem Freudentag ausnahmsweise auch die Spielerfrauen Einlass. Mit Karnevalslaune ging es dann per Bus zum Mannschaftshotel nach Wiehl, das gegen 23 Uhr angesteuert wurde. Dort erlebten Bundestrainer Heiner Brand und sein Team einen Vorgeschmack darauf, was geschehen könnte, wenn morgen der große Wurf gegen die Polen tatsächlich gelänge: Rund 800 Fans bevölkerten Parkplätze und Hotelanlage, zündeten ein Feuerwerk und wollten mit den Handballern feiern. "Wir mussten uns durch diese Traube von Menschen durchkämpfen, jeder hat uns angefasst, es war irre", beschreibt Dominik Klein den Menschenauflauf in jener Bergischen Gemeinde, die in diesen Tagen zum Nabel handballverrückter Deutscher geworden ist.
Die Party "ohne Bier" (Torsten Jansen) hielt noch bis gegen zwei Uhr morgens durch. Florian Kehrmann schwenkte eine riesige Deutschlandfahne aus dem Fenster, Dominik Klein spielte per Megaphon den Vorsänger für einen 800-Stimmen-Chor, und der Bundestrainer gab nach einiger Zeit den "Wir-wollen-Heiner-sehen-Rufen" nach und zeigte sich an einem Fenster. Dann kroch die Müdigkeit in alle Glieder. "Kein Problem für uns", erzählte HSV-Ass Torsten Jansen am Morgen danach. "Jeder durfte schlafen, so lange er wollte, außerdem hatten wir den Tag frei." Trotzdem will der Hamburger das Erlebte erst einmal komplett verdrängen. "Wenn ich jetzt über diese gewaltige Euphorie nachdenke, könnte ich am Sonntag gar nicht spielen."
(Von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 03.02.2007)
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