01./02.02.2007 - Letzte Aktualisierung: 02.02.2007 | WM 2007 / Nationalmannschaft |
Update #1 | KN-Spielbericht und Stimmen ergänzt... |
Dominik Klein, Lars Kaufmann und Pascal Hens freuen sich über den Finaleinzug |
Denn Nikola Karabatic brachte die "Equipe Tricolore" fast im Alleingang ins Spiel. Der Kieler erzielte fünf der ersten neun Gästetreffer und brachte sein Team mit 9:8 in Führung (25.). Die deutschen Angreifer tatsen sich ebenfalls schwer gegen die gute französische Abwehr, insbesondere Hens und Zeitz verwarfen viele Bälle. Dennoch blieb Deutschland bis zum 10:10 (28.) dran, ehe Narcisse mit einem Doppelpack auf 12:10 für Frankreich erhöhte. Wichtig war der Treffer von Florian Kehrmann zwei Sekunden vor der Pausensirene, als der Rechtsaußen einen Freiwurf direkt verwandeln konnte.
Begann stark: Nikola Karabatic |
Bis zur 59. Minute hielt Deutschland beim 20:19 einen knappen Vorsprung, dann trat Joel Abati zum Siebenmeter gegen Henning Fritz an. Doch der Magdeburger ließ sich - im Gegensatz zu seinen Mannschaftskameraden Girault und Karabatic im Hauptrundenduell - nicht beirren und glich aus. Im nächsten Angriff tauchte Pascal Hens auf Linksaußen frei vor Thierry Omeyer auf, doch der Franzose parierte sensationell und ermöglichte damit die Führung für den Europameister durch Abalo - 50 Sekunden waren noch zu spielen. Markus Baur nahm sich 19 Sekunden vor der Schlusssirene ein Herz, brach durch die Abwehr und sorgte mit seinem einzigen Feldtor für den erneuten Ausgleich. Den letzten französischen Angriff schloss der im zweiten Durchgang nicht mehr so auffällige Nikola Karabatic ab - doch sein Wurf wurde von Henning Fritz pariert, der damit sein Team in die Verlängerung rettete.
Hier hatten die Franzosen zunächst klare Vorteile, Narcisse und Abati kamen zu leichten Toren. Doch absetzen konnte sich die Equipe Tricolore nicht, da sich Deutschland seine Treffer nicht nur erkämpfte, sondern endlich auch erspielte. So bediente Markus Baur zweimal Dominik Klein, der einmal per Gegenstoß und einmal gar per Kempa-Trick jeweils wieder den Ausgleichstreffer markierte. Wichtig auch wieder der verwandelte Siebenmeter von Markus Baur neun Sekunden vor dem erneuten Seitenwechsel, doch Guigou gelang gar mit der Sirene per Schneller Mitte die erneute Führung Frankreichs zum 25:24. Im zweiten Durchgang waren es erneut Guigou und der auffällige, aber nicht so treffsichere Abalo, die für Frankreich weiter vorlegten, Kehrmann, Hens und Glandorf (32 Sekunden vor Schluss) glichen aus. Ohne den eine Zeitstrafe absitzenden Nikola Karabatic hatten die Franzosen erneut die Chance auf den Sieg. Die überragende Abwehr des DHB-Teams hielt aber auch diesem Angriff stand und blockte einen direkten Freiwurf Abalos mit der Schlusssirene - auch nach 70 Minuten war der Finalist nicht gefunden.
Die Erlösung nach dem Schlusspfiff: Torsten Jansen und Pascal Hens haben den Finaleinzug geschafft! |
Nach dem Schlusspfiff gab es grenzenlosen Jubel - nur noch ein Sieg trennt die deutsche Mannschaft vom großen Traum: dem dritten Weltmeistertitel nach 1938 und 1978.
(Sascha Krokowski)
Lesen Sie bitte auch den Spielbericht der KN.
Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Erwarten Sie keine detaillierte Analyse, da ich jetzt etwas verwirrt bin. Das Spiel war von Kampf geprägt und von den Abwehrreihen dominiert. Es gab einige Aussetzer, da machten sich die Folgen des Turniers bemerkbar. Als Final-Teilnehmer finde ich mich klasse.
Wir haben schon einiges bewegt. Jetzt wollen wir auch noch den letzten Schritt machen. Die Medaille ist uns sicher, aber wir haben noch nicht genug. Wir wollen Gold. Wir sind ein echtes Team, wir geben nie auf. Jeder baut den anderen auf. Am Schluss war der Akku leer. Aber wir haben uns durchgebissen.
Hut ab! Was sollte bei diesem Publikum eigentlich schief gehen? Das war Wahnsinn! Beide waren nervös, beide haben viele technische Fehler gemacht. Es hieß nur noch auf die Zähne beißen und Wille, Wille, Wille.
Ich bin froh, dass ich der Mannschaft helfen konnte. Wir stehen im Finale. Ein Traum wird wahr.
Vielleicht haben wir am Ende ein bisschen mehr Glück gehabt. Der Sieg war aber trotzdem verdient. Mal gucken, wo wir heute noch hingehen - bei McDonalds waren wir ja schon.
Bei diesen Fans will man gar nicht mehr aus der Halle gehen. Henning Fritz ist einfach klasse, er weiß, dass er ein Titan ist.
Ich wünsche der deutschen Mannschaft viel Glück für das Finale. Die Schiedsrichter haben uns den Sieg versaut. Deutschland war gut - und Frankreich war gut.
Aus den Kieler Nachrichten vom 02.02.2007:
"Finale, oho, Finale!" 19 000 Fans schreien sich nach dem Krimi die Seele aus dem Hals. Es hat schon viele fesselnde Handballspiele in der Geschichte dieser Sportart gegeben, die Partie von gestern Abend aber übertrifft alles bisher Erlebte. 21:21 steht es nach der regulären Spielzeit, sieben Sekunden vor dem Abpfiff stoppt THW-Torhüter Fritz den Ball seines französischen Vereinskollegen Nikola Karabatic und verhindert das Aus.
Die Abwehrreihen dominieren das Spiel. Auf beiden Seiten. Nur 50 Prozent aller deutschen Angriffe werden erfolgreich abgeschlossen, die Franzosen schaffen auch nur 51 Prozent. 27:27 leuchtet nach der ersten Verlängerung auf der Anzeigentafel - zweite Verlängerung, erneut zwei Mal fünf Minuten in einem Hexenkessel, der kaum Luft zum Atmen lässt. Die 19 000 hält schon lange nichts mehr auf ihren Sitzen. Auch der erste Mann im Staat, Bundespräsident Horst Köhler, springt immer wieder begeistert auf. "Schade, dass eine dieser Mannschaften auf der Strecke bleiben muss", sagt Frauen-Bundestrainer Armin Emrich, "beide zeigen einen atemberaubenden Kampf."
Anpfiff zur zweiten Verlängerung. Henning Fritz, der nur kurz Luft schnappte und Johannes Bitter für vier Minuten ins Tor bat, ist zurück im Kampfgetümmel. Alle Spieler sind mit ihren Kräften am Ende. Sie haben acht WM-Begegnungen in nur elf Tagen absolviert, jetzt das neunte, und es geht um das Finale. Zum Teil bewegen sie sich nur noch im Unterbewusstsein über das Parkett. Dann das 28:27 durch einen Tempogegenstoß von Torsten Jansen, Daniel Narcisse gleicht aus, und Joel Abati bringt die Franzosen erneut in Führung. 28:29, aber mit einem Tempogegenstoß zieht der Lemgoer Florian Kehrmann postwendend gleich.
Frankreich wieder im Ballbesitz, der deutsche Abwehrblock wirft sich dazwischen. Oliver Roggisch, immer wieder Oliver Roggisch. Schon in der normalen Spielzeit ist der Magdeburger Fels in der Brandung, neben ihm im Mittelblock ackert zumeist Andrej Klimowets, dem Bundestrainer Heiner Brand überraschend den Vorzug vor Sebastian Preiß gegeben hat. Der ehemalige Kieler Kreisläufer ist nicht im Aufgebot, hockt "verschnupft" hinter dem Tornetz. "Keine Ahnung, warum ich hier sitze, fragt den Bundestrainer."
Der Groll des Lemgoer Kreisläufers ist zu diesem Zeitpunkt aber längst verflogen. Diese Partie packt alle. Joel Abati, Frankreichs bester Akteur an diesem Abend, trifft per Siebenmeter zum 30:30. Die Spannung ist greifbar, fühlbar, unerträglich. Noch zwei Minuten. Brand wirft seinen Youngster Lars Kaufmann für den enttäuschenden Pascal Hens ins Feuer. Der Wetzlarer kommt und trifft zum 31:30. Jetzt ist alles möglich, dann aber der Schock: Zeitstrafe für Andrej Klimowets, die DHB-Auswahl bleibt bis zum Schlusspfiff in Unterzahl. Michael Guigou setzt sich auf Linksaußen durch: 31:31. Gegenzug, Kaufmann prallt auf drei Franzosen: Strafwurf, Markus Baur behält die Nerven und verwandelt auch seinen vierten Siebenmeter gegen Thierry Omeyer. 78:55 Minuten gespielt, Karabatic-Fehlpass auf Guigou, Ballbesitz Deutschland, aber Jansen vertändelt den Ball bei Manndeckung, Fritz ist aus dem Tor und Guigou wirft den Ball ins leere Gehäuse. Aber die Schiedsrichter winken ab. Sie hatten vorher Foul gepfiffen, die Franzosen protestieren. Noch 14 Sekunden, Henning Fritz pariert zweimal großartig gegen den wurfgewaltigen Narcisse. Aus, aus, aus, Deutschland ist im Finale!
Nach dem Spiel: Deutschland tanzt, Frankreich trauert und hadert mit den schwedischen Unparteiischen, Trainer Claude Onesta schwänzt die offizielle Pressekonferenz. Lars Kaufmann, der Kraftprotz, bekommt wieder Luft: "Wir haben alle toll gekämpft, die Mannschaft ist der Gewinner. Ins Finale einzuziehen in Deutschland, etwas Besseres gibt es nicht. Das ist unglaublich." Auch Dominik Klein, der dreifache Torschütze aus Kiel, ist wieder hellwach. "Ich wollte nur noch, dass alles schnell vorbei ist", sagt er und schnappt nach Luft. "Aber jetzt", fügt Klein an, "jetzt können wir Helden werden, die nächsten Weltmeister nach den Jungs von 1978."
(Von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 02.02.2007)
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