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27./29.01.2007 - Letzte Aktualisierung: 29.01.2007 WM 2007 / Nationalmannschaft

Deutschland besiegt auch Europameister Frankreich und steht im Viertelfinale

Henning Fritz und Michael Kraus ragten aus starker Mannschaft heraus

Update #1 KN-Spielbericht ergänzt...

Michael Kraus war bester Torschütze mit sieben Treffern.
Klicken Sie zum Vergrößern! Michael Kraus war bester Torschütze mit sieben Treffern.
Die deutsche Nationalmannschaft hat mit einem kaum für möglich gehaltenen 29:26 (14:9) gegen Europameister Frankreich das Viertelfinale erreicht. Mit nun 6:2 Punkten werden sie dort dann vermutlich auch den Turniermitfavoriten Kroatien und Spanien aus dem Weg gehen können. Beste Akteure in der ausverkauften Dortmunder Westfalenhalle waren der siebenfache Torschütze Michael Kraus sowie Henning Fritz, der erneut eine Weltklasseleistung ablieferte und alle drei Strafwürfe parierte. Am Sonntag kann die Mannschaft von Heiner Brand nun sogar noch Gruppensieger der Gruppe MI werden - einen Sieg gegen Island und einen Punktverlust Polens aus den letzten beiden Spielen vorausgesetzt.
Wieder brillierte die deutsche Nationalmannschaft durch eine sensationelle kämpferische Leistung in der Abwehr. Zwar ging der Europameister, der zunächst ohne Nikola Karabatic startete, durch Bertrand Gille und Jerome Fernandez zunächst in Führung, doch Kehrmann und Zeitz schafften den postwendenden Ausgleich. Dann allerdings die erste Hiobsbotschaft für Heiner Brand: Spielmacher Markus Baur musste behandelt werden und nahm in der Folgezeit auf der Ersatzbank Platz.

Vermisst wurde der Lemgoer indes auf dem Spielfeld nicht, da sein Vertreter Michael Kraus von Frisch Auf Göppingen ein ganzes starkes Spiel machte. Fünf Treffer erzielte der Jungnationalspieler allein im ersten Durchgang, zudem war er maßgeblich daran beteiligt, dass Deutschland sich von 4:4 auf 8:4 absetzen konnte. Zweiter wichtiger Faktor war Henning Fritz, der das THW-Torwartduell gegen Thierry Omeyer im ersten Durchgang klar für sich entschied. Ebenfalls fiel auf, dass Frankreich offenbar von der euphorischen Kulisse in der Westfalenhalle beeindruckt war und viele klare Chancen verpasste. Syptomatisch war, als Omeyer nach einem Stürmerfoul von Zeitz das leere Tor verfehlte, während Henning Fritz noch mit den spanischen Unparteiischen diskutierte.

So erarbeiteten sich die Deutschen - auch dank eines treffsicheren Christian Zeitz, der allerdings bereits zwei Zeitstrafen kassierte - bisweilen einen 6-Tore-Vorsprung, so dass es mit 14:9 in die Kabinen ging.

Die entscheidende Szene: Nikola Karabatic am Siebenmeterpunkt gegen Henning Fritz.
Klicken Sie zum Vergrößern! Die entscheidende Szene: Nikola Karabatic am Siebenmeterpunkt gegen Henning Fritz.
Nach dem Wechsel legten die Deutschen zunächst nach - allerdings nicht mehr gegen Thierry Omeyer, der durch Karaboue ersetzt wurde. Die Equipe Tricolore versuchte nun, mit schnellen Abschlüssen den Abstand schnellstmöglich zu verkürzen, doch da Henning Fritz weiterhin der beste Torhüter auf dem Parkett war, konnten die Deutschen gar auf 20:13 davonziehen. Der Europameister gab aber noch lange nicht auf: Allen voran Nikola Karabatic verkürzte mit seinen Treffern den Rückstand ein wenig. Als dann auch noch Joel Abati ins Spiel fand und viermal in Folge den Kieler Torhüter überwinden konnte, wurde es plötzlich doch noch spannend. Einige umstrittene Zeitstrafen sorgten zudem dafür, dass die unermüdlich rackernden Deutschen im Angriff nicht mehr die gewohnte Durchschlagskraft hatten, so dass es in den Schlussminuten doch nochmal eng wurde.

Frankreich verkürzte auf 26:28 (58.) und war bereits wieder im Angriff. Ein Foul von Florian Kehrmann wurde mit 2 Minuten und Siebenmeter geahndet - doch Henning Fritz parierte gegen Girault. Entschieden war die nun dramatische Partie aber auch dann noch nicht, denn 30 Sekunden vor Schluss musste auch Torsten Jansen auf die Strafbank, Frankreich bekam erneut von der Siebenmeterlinie die Chance, zu verkürzen. Diesmal trat Nikola Karabatic an - doch wieder blieb Henning Fritz Sieger, das Spiel war unter dem Jubel von 12.000 restlos begeisterten Zuschauern endgültig entschieden.

(Sascha Krokowski)

Lesen Sie bitte auch den Spielbericht der KN.

27.01.07, Sa., 16.30: Frankreich - Deutschland: 26:29 (9:14)

Frankreich:
Karaboue (14 Minuten, 3 Paraden), Omeyer (46 Minuten, 3 Paraden); Fernandez (1), Dinart, Burdet (n.e.), G. Gille, B. Gille (3), Narcissse (6), Girault (1), Karabatic (7), Kempe (n.e.), Abati (4), Abalo (2), Guigou (2)
Deutschland:
Fritz (56 Minuten, 16/3 Paraden), Bitter (4 Minuten, keine Parade); Hens (4), Roggisch, Klein (1), Preiß, Glandorf (5), Baur (1/1), Zeitz (4), Jansen (3), Kraus (7), Kehrmann (2), Kaufmann (1), Schwarzer (1)
Zeitstrafen:
Frankreich: 5 (2x Dinart (19.,50.), B. Gille (41.), Guigou (60.), Karabatic (60.));
Deutschland: 9 (2x Zeitz (8.,27.), Kraus (22.), 2x Preiß (34.,43.), 2x Roggisch (38.,57.), Kehrmann (59.), Jansen (60.))
Siebenmeter:
Frankreich: 3/0 (Fritz hält Abati (), Girault (59.) und Karabatic (60.));
Deutschland: 1/1
Schiedsrichter:
Breto / Huelin (ESP)
Spielfilm:
1. Hz.: 1:0, 1:1, 2:1, 2:3 (5.), 3:3, 3:4, 4:4, 4:8 (17.), 5:8, 5:10, 6:10, 6:11, 7:11, 7:13 (28.), 8:13, 8:14, 9:14;
2. Hz.: 9:15, 10:15, 10:16, 11:16 (32.), 11:17, 12:17, 12:18, 13:18, 13:20 (39.), 15:20, 15:21, 17:21 (44.), 17:22, 18:22, 18:23, 19:23, 19:25 (50.), 22:25 (52.), 22:26, 23:26, 23:27, 24:27 (56.), 24:28, 26:28 (58.), 26:29.
Zuschauer:
12000 (ausverkauft) (Westfalenhalle, Dortmund)

 

Aus den Kieler Nachrichten vom 29.01.2007:

Fritz versetzte deutsche Fans in einen Rausch

Triumph über Frankreich und THW-Kollegen Omeyer
Dortmund - Die Weltmeisterschaftsstimmung sollte in Halle, diesem Nest in der benachbarten mickrigen Provinz, euphorischer, stimmgewaltiger, einfach um ein Vielfaches besser gewesen sein als in Dortmund, jener ehemaligen Handball-Hochburg, in der der VfL Gummersbach einst sein Denkmal errichtet hatte?

Nach dem Umzug der deutschen Handballer aus dem stimmungsvollen Gerry Weber Stadion in die Westfalenhalle hatten viele Berichterstatter diese Nachricht verbreitet. Am Sonnabend beim richtungweisenden 29:26 (14:9)-Triumph über WM-Favorit Frankreich schlug die Ruhrpott-Metropole zurück.

Schon beim Warmmachen der Teams erreichte der Geräuschpegel in der altehrwürdigen Sportstätte Rekordwerte. Als die Männer von Heiner Brand den amtierenden Europameister dann in die Zange nahmen, ihn vorführten und in einer Art Rauschzustand ein fast perfektes Spiel zelebrierten, musste man um das in die Jahre gekommene Gemäuer fürchten. Doch die Kultstätte des Sports hielt auch diesem Sturm stand.

Selbstverständlich auch der Abschluss-Orgie, bei der 12 000 völlig siegestrunkene Fans vor der Bekanntgabe des "Spielers des Tages" noch einmal zur Hochform aufliefen. "Henning, Henning", dröhnten die Sprechchöre bis unter die Decke dieser "Kathedrale". Die Menschen feierten den Kieler Torhüter Henning Fritz, der dem Spiel mit 15 Paraden, darunter drei von drei geworfenen Siebenmetern, den Stempel aufgedrückt hatte. Sie feierten jenen Henning Fritz, der bei seinem Heimatverein THW eine sportliche Talfahrt erlitten und in nur eineinhalb Jahren vom Sockel des Welthandballers auf die Ebene des Ersatztorhüters, der Nummer drei hinter Thierry Omeyer und Mattias Andersson, abgestürzt war. Am Sonnabend genoss der 32-Jährige seine Rückkehr auf den WM-Olymp in vollen Zügen.

Da störte es niemanden, als der Hallensprecher den Namen Michael Kraus verlas, man wunderte sich nur. Es durfte nämlich nur einen Sieger geben: Henning Fritz. Kiels Torhüter nahm's gelassen. "Ich gönne Michael diesen Preis", sagte er. "Er hat eine super Partie gespielt." Dabei wirkte Fritz in seinem roten Sweater völlig entspannt. Durfte er auch. Das Duell mit seinem Vereinskollegen auf der anderen Seite, Thierry Omeyer, war deutlich zu Gunsten des gebürtigen Magdeburgers ausgegangen. Auch den finalen Akt im Spiel, als Frankreich 27 Sekunden vor dem Abpfiff, beim Stand von 26:28, einen Strafwurf bekam, entschied Fritz für sich. Wieder stand er einem Vereinskollegen gegenüber, dieses Mal blieb Nikola Karabatic zweiter Sieger. "Ich bin ganz lange oben geblieben, das hat ihn unsicher gemacht", schilderte Fritz diese Momente.

Er freue sich für Fritz, sagte Karabatic später. "Großartig, dass er wieder zu seiner Form findet, ich habe viel Respekt vor dem Sportler und dem Menschen Henning Fritz." Die Niederlage perlte an Karabatic ab. "Die Deutschen haben super gespielt, wir waren schlecht. Aber Turniere beginnen mit dem Viertelfinale, in der Vorrunde wird nichts entschieden." Weit entfernt von Weltuntergangsstimmung war auch Thierry Omeyer. "Das war nicht gut für uns, aber für Henning und die deutsche Mannschaft. Ich habe ihm mit viel Freude gratuliert und gönne ihm diese tollen Momente." Omeyer stand mit insgesamt sechs Paraden deutlich im Schatten seines Kieler Mitspielers. Versuche einiger Medien, beide Torhüter gegeneinander ausspielen zu wollen, erteilten Omeyer wie auch Fritz eine klare Absage. Man habe ausschließlich für sich und die eigene Mannschaft gespielt, betonten beide. "Alles andere ist Quatsch", so Omeyer, der bereits vor der Partie auf Henning Fritz zugegangen war. "Ich habe ihm gesagt, dass wir die Situation im Verein für 60 Minuten vergessen sollten. Henning hat genickt."

(Von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 29.01.2007)


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