24./25.01.2007 - Letzte Aktualisierung: 25.01.2007 | WM 2007 / Nationalmannschaft |
Holger Glandorf spielte eine starke zweite Halbzeit. |
Pascal Hens brillierte mit 9 Treffern. |
Nachdem erneut Rutenka nach Wiederanpfiff das 15:17 erzielte, schien das Spiel doch spannend zu werden, doch die deutsche Mannschaft um den immer noch treffsicheren Pascal Hens, den immer stärker werdenden Florian Kehrmann und den nun im rechten Rückraum spielenden Nordhorner Holger Glandorf zog wieder auf 23:18 (38.) davon. Dieser Vorsprung hielt bis zum 27:22, als Henning Fritz nach einem etwas überambitionierten Einsatz auf die Strafbank musste. Doch die deutsche Mannschaft ließ nichts mehr anbrennen, weil auch Johannes Bitter eine starke Leistung im Tor ablieferte und unter anderem Strafwürfe von Rutenka und Lubej entschärfte. Spätestens nach dem Doppelschlag von Glandorf - der zweite Treffer per Gegenstoß durch einen sehenswerten Dreher - zum 29:23 (50.) war das Spiel entschieden. Die das deutsche Team erbarmungslos unterstützenden Zuschauer feierten letztlich wie die Mannschaft den ersten Hauptrundensieg überschwänglich. Am Donnerstag steht bereits das nächste "Endspiel" auf dem Plan, wenn Afrikameister Tunesien nach dem 30:36 gegen Island auf die ersten Punkte aus ist.
(Sascha Krokowski)
Lesen Sie bitte auch den Spielbericht der KN.
Wir haben ein Spiel hingelegt, wie man es sich nur wünschen kann. Das Engagement war bewundernswert, hinzu kamen spielerische Highlights. Die Atmosphäre war großartig.
Das war die richtige Antwort auf das Polen-Spiel. Die Körpersprache, die wir heute gezeigt haben, hat gewirkt. Die Slowenen haben gemerkt: Wenn es auf die deutsche Abwehr zugeht, dann passiert ihnen was. Die 11 000 fantastischen Zuschauer müssen bis zum letzten Rang spüren, dass wir gewinnen wollen.
Wir nehmen uns immer vor zu kämpfen, aber heute war mehr Entschlossenheit und Überzeugung zu spüren als zuletzt. Wir standen auch mit dem Rücken zur Wand, haben alles gegeben. Deswegen müssen wir vor dem Tunesien-Spiel gut regenerieren. Slowenien wurde regelrecht niedergerungen, das müssen wir jetzt gegen jeden Gegner machen.
Die Vorwürfe, dass wir nicht immer kämpfen, kann ich nicht mehr hören. Es stimmt nicht. Aber heute haben wir schneller als sonst gespielt, dann bekomme auch ich den Raum, den ich für mein Spiel benötige.
Egal, wer heute im Mittelblock oder sonst wo in der Abwehr gestanden hat. Alle haben super gekämpft, Henning Fritz war zudem sehr, sehr gut. Das Publikum hat uns in einen Rausch versetzt. Das nehmen wir mit zum Spiel gegen Tunesien.
Was zwischen dem Polen-Spiel und heute passiert ist? Wir hatten einen freien Tag, haben im Training Fußball gespielt und noch eine Schippe draufgelegt.
Aus den Kieler Nachrichten vom 25.01.2007:
Fritz, Jansen, Hens, Preiß, Baur, Zeitz, Kehrmann: Bundestrainer Heiner Brand schickte exakt jene Anfangssieben auf die Platte des Gerry Weber Stadions, die zwei Tage zuvor bei der 25:27-Niederlage gegen Polen so enttäuscht hatte. Es waren inklusive Bankbesetzung dieselben Namen, aber in den dunklen Trikots steckte eine völlig andere Mannschaft. Nichts war übrig geblieben von der Zögerlichkeit, der Unentschlossenheit und Nervosität der ersten drei Turniertage. 11 000 begeisterte Fans erlebten ein deutsches Team, das diesen Namen endlich auch verdiente und getragen wurde vom unbedingten Willen zum Sieg.
Siarhei Rutenka, Star und zwölffacher Torschütze beim Vize-Europameister von 2004, erzielte zwar das 1:0, aber es sollte eine unbedeutende Führung bleiben in einem Spiel, das bei den Fans fast alle Wünsche erfüllte. "Wir waren eben jene fünf Prozent entschlossener, die den Unterschied ausmachen. Jeder im Team hat gebrannt", sagte Torhüter Henning Fritz und atmete tief durch. Der Kieler war ein starker Rückhalt, hielt insgesamt zwölf Bälle, darunter den Siebenmeter von Zoran Lubej. Schon zuvor war ein Strafwurf von Rutenka an die Latte gekracht. Fritz ballte die Faust und hatte wieder jene bedrohliche Haltung angenommen, die ihn bei gegnerischen Angreifern gefürchtet gemacht hatte.
In der zweiten Halbzeit pulsierte Fritz' Adrenalin so heftig durch die Adern, dass er in der 47. Minute mit einer Zeitstrafe büßen musste. Bei einem Abwehrversuch stieß der THW-Torhüter am Kreis heftig mit Ognjen Backovic zusammen. Das dänische Schiedsrichtergespann Olesen/Pedersen entschied spontan auf zwei Minuten. Auf einen Knacks im deutschen Spiel hofften die Gäste indes vergeblich. Johannes Bitter stellte sich zwischen die Pfosten, hielt einen von Rutenka schlecht geworfenen Siebenmeter und blieb, befeuert von diesem Erfolgserlebnis, bis zum Schluss im Kasten stehen. Der Magdeburger setzte das Werk von Fritz fort und trug dazu bei, dass das deutsche Torhütergespann klarer Sieger über das slowenische Duo, Gorazd Skof und Beno Lapajne, blieb.
Deutschlands Torhüter waren gestern aber nur zwei Rädchen in einem Werk, das ohne große Reibungsverluste schnurrte. Pascal Hens, zuletzt ein Schatten vergangener EM- und WM-Turniertage, traf den Gegner neunmal aus dem Rückraum mitten ins Mark und avancierte zum gefährlichsten Angreifer. Auf Rechtsaußen glänzte Florian Kehrmann mit acht Toren, Markus Baur machte von der Mittelposition Druck, und Torsten Jansen (5) war vom Siebenmeterpunkt wie auch von Linksaußen Torgarant. Den Grundstein legte zudem eine Deckung, die um jeden Hallen-Zentimeter kämpfte.
Sieben Zeitstrafen standen am Ende in der deutschen Bilanz. Abwehrchef Oliver Roggisch kassierte seine zweite bereits in der 19. Minute. Um dem Magdeburger eine erneute Rote Karte zu ersparen, setzte Heiner Brand ihn an seiner Seite auf der Bank fest und schickte den Feuerkopf erst kurz vor Spielschluss ins Geschehen zurück. Kein Problem, der Bundestrainer hat ja Christian Schwarzer. Welch ein Gewinn ist das Comeback des Lemgoers für diese Mannschaft! Der 37-Jährige ackerte hinten im Mittelblock, war am Kreis ständiger Gefahrenherd, erzielte vier zum Teil artistisch heraus geworfene Tore und machte vor allem Stimmung im Team.
Schwarzer motiviert, weckt seine Mitspieler und zeigt Präsenz wie kein Zweiter. Auch das macht Hoffnung für die kommenden Hauptrunden-Aufgaben gegen Tunesien (heute, 16.30 Uhr, ZDF), am Sonnabend gegen Frankreich und Sonntag gegen Island. Die Grundsituation habe sich nicht verändert, drückte Heiner Brand zwar auf die Euphoriebremse, "aber wir haben einen Schritt nach vorn getan." Sein Trainerkollege Kasim Kamencia erwies sich dagegen als schlechter Verlierer. Dieses Spiel sei eine Schande für den deutschen Handball und den Weltverband, wetterte der Slowene. "Wenn gegen ein kleines Slowenien, das gekommen ist, um sportlich zu kämpfen, die Schiedsrichter so pfeifen, ist es nicht fair gegenüber den Spielern und Zuschauern." Es waren Misstöne, die dieses Spiel nicht verdient hatte.
(Von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 25.01.2007)
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