18.01.2007 | WM 2007 / Nationalmannschaft |
Mitte November sah es nicht besonders gut aus. Im Länderspiel gegen Schweden hatte er sich die Mittelhand gebrochen, war operiert worden und lebte lange in Ungewissheit, ob er bis zur WM wieder fit wird. "Als mir das passiert war, brach für mich eine Welt zusammen", erinnerte sich Kehrmann. Seit dem Eingriff hält nun eine verschraubte Titanplatte den lädierten Knochen zusammen. "Man merkt schon, dass da was drin ist", berichtete er und streichelte über die Narbe, unter der der Fremdkörper eingebaut ist, den er aber schon nicht mehr als solchen empfindet. "Wenn sie keine Mucken macht, bleibt die Platte für immer drin. Oder bis zum Karriereende. Mal sehen. Bis jetzt ist alles in Ordnung", erzählte Kehrmann.
Seit ihm die Ärzte Grünes Licht gegeben haben, schwebt der Dressman im deutschen Team mit Blick auf die WM auf Wolke sieben. "Seither gibt es nur Freude. Für mich ist das alles ein großes Ereignis", sagte der Hobby-Golfer. Allerdings hat er für seinen Traum von der Teilnahme an der Heim-WM auch viel riskiert. Schon 41 Tage nach der Operation lief er im letzten Bundesliga-Spiel 2006 bei der 28:29-Niederlage gegen Minden wieder für Lemgo auf. "Es war vielleicht nicht gut zu spielen. Wenn da was kaputt gegangen wäre, wäre ich der dümmste Kerl gewesen", bekannte er.
Nun aber kniet er sich wieder ohne Bedenken ins Training und in die Spiele. Selbst die psychologische Barriere, es könnte wieder etwas brechen, ist überwunden. "Die Angst ist weg", sagte er. Spätestens seit einem unfreiwilligen Härtetest, als er im Training seinem Teamkollegen Lars Kaufmann (Wetzlar) bei einem Wurf an den Kopf schlug, weiß er es ganz genau. "So ein Erlebnis hilft dabei", urteilte Kehrmann, der noch während der Verletzungspause seinen Vertrag beim TBV Lemgo bis 2011 verlängert hatte.
Indes hat Bundestrainer Heiner Brand für den großen Wurf bei der Heim-WM nun sogar einen tiefen Blick in die Seele seiner Spieler gewagt. Mit Hilfe des "Reiss-Profil"- Tests bekam Brand von jedem Spieler einen seelischen Fingerabdruck, der im Rennen um den dritten WM-Titel nach 1938 und 1978 das I-Tüpfelchen sein könnte. "Die Aussagen zur Persönlichkeit geben mir ganz viele wichtige Informationen wie man mit den einzelnen Spielern umgehen muss", sagte Brand. Bei dem Test bewerteten Kapitän Markus Baur und seine Kollegen insgesamt 128 Aussagen zu 16 fundamentalen Bedürfnissen mit Hilfe einer Skala von -3 bis +3. Die Beantwortung intimster Details stellte der DHB-Coach seinen Profis allerdings frei. "Zu Fragen zur Sexualität mussten wir keine Stellung beziehen. Das war jedem freigestellt", sagte Florian Kehrmann, der dem Test zur Erstellung des Persönlichkeits-Diagramms aufgeschlossen gegenüberstand: "Er könnte ein Teil eines erfolgreichen WM-Puzzles sein." Aber natürlich mache er die Deutschen "nicht automatisch zum Weltmeister."
Das weiß auch Brand. Trotzdem schenkt er den teilweise überraschenden Ergebnissen des vom US-Psychologen Professor Steven Reiss (Ohio State University) entwickelten Verfahrens große Beachtung. "Es ist schon interessant zu erfahren, welche Spieler sich für Führungspositionen eignen."
(Aus den Kieler Nachrichten vom 18.01.2007)
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