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24.08.2007 Presse / Mannschaft

"Handball-Woche": Das Geheimnis des Erfolges

Warum ist Kiel eigentlich so gut? Warum gewinnen die Zebras immer? Wie funktioniert das Team? - Ein Erklärungsversuch

Von Olaf Bruchmann, aus der "Handball-Woche" 33/2007:

KIEL - Es ist nicht leicht, hinter das Geheimnis des Kieler Erfolges zu kommen. Undurchdringlich wirkt das Geflecht beim Turnverein Hassee-Winterbek Kiel zuerst. Wer macht was? Wer hat das Sagen? Ein wenig unüberschaubar das Ganze. Zunächst. Denn sehr viele kleine Puzzleteilchen fügen sich zum erfolgreichsten deutschen Handball-Club zusammen.
Es ist nicht so leicht nachzuvollziehen, was den unglaublichen Erfolg ausmacht. Ist ja auch klar. Sonst könnte das ja jeder: Immer gewinnen, nie verlieren, so viele Titel feiern. Das Geheimnis des THW Kiel, des Branchenführers der Liga, des deutschen Rekordmeisters scheint nicht so einfach zu erklären. Es ist vielschichtig, wirkt enorm komplex, fast so wie das Spiel selber. Die Spieler, die im schwarz-weißen Dress der Zebras auflaufen, wissen es auch nicht so recht, haben Schwierigkeiten es zu formulieren. Linksaußen Dominik Klein, erst seit einem Jahr ein Kieler, komprimiert seine persönliche Meinung über den unglaublichen Erfolg an der Förde in nur zwei Worte: "Respekt untereinander".

Frankreichs Superstar Nikola Karabatic, der beste Spieler dieser so unglaublichen Saison 2006/07, in der Kiel den deutschen Pokal, die Meisterschaft und auch noch den Champions League-Pokal gewann, formuliert es ähnlich knapp: "Wir haben einfach Spaß!" Respekt und Spaß - als ob das so einfach wäre. Und als ob das reichen würde, sich von der Konkurrenz so abzusetzen.

Es gibt sicher viel mehr Gründe für den Erfolg: Die Ostseehalle, ständig ausverkauft mit über 10.000 Zuschauern, eine riesige Fangemeinde, volle Aufmerksamkeit in der Stadt, weil wenig sportliche Konkurrenz, eine große Anzahl an potenten Sponsoren, eine Einkaufspolitik, die ganz selten verfehlt, eine starkes Management, beispielhafte Pressearbeit und natürlich: Weltklasse- Spieler. Die Liste ließe sich lange fortführen ...

Auf einer Wellenlänge
Eine Konstante scheint es aber zu geben seit 1994, seit der THW Kiel 24 nationale und internationale Titel gewonnen hat. Spieler kamen und gingen über diese Zeit. Zwei Personen blieben. Manager Uwe Schwenker und Trainer Zvonimir "Noka" Serdarusic. Diese beiden positiv Handballverrückten haben den THW zum FC Bayern München des Handballs gemacht. Sie "ticken auf gleicher Wellenlänge", wie Schwenker verrät. Sie wissen um das Erfolgsgeheimnis ihres "Lebenswerks" (Schwenker). Doch sie haben es wohl im Safe der THW-Geschäftsstelle eingeschlossen, damit es keiner aus Hamburg - oder schlimmer noch aus Flensburg - erfährt.

"Es gibt eine klare Aufgabenteilung im Verein. Keiner spielt sich in den Vordergrund oder versucht Alleingänge", sagt Serdarusic, der jüngst einen Blick hinter seine harte Schale gewährte und zugab: "Ich liebe diese Mannschaft!"

Liebe zum Detail
Liebe ist es also! Liebe zum Detail auf jeden Fall. Denn diese Aufgabenverteilung, von der Serdarusic spricht, beschränkt sich nicht nur auf die Club-Gremien, nicht nur auf Aufsichtsrat, Wirtschaftsrat, Beirat. Nein, die Verteilung aller zu erledigenden Dinge erstreckt sich bis in die Mannschaft, bis zu jedem einzelnen Spieler. Hier hat jeder das Gefühl, ein wichtiger Baustein eines großen Ganzen zu sein. "Bei uns im Team hat jeder ein richtiges Amt", erklärt Karabatic. Neuzugang Filip Jicha zum Beispiel wurde sofort zum Frühstückswart ernannt. "Er ist für die Brötchen verantwortlich. Henrik Lundström für den Rest - Marmelade, Aufschnitt und so", ergänzt Karabatic. Marcus Ahlm verwaltet demnach die Mannschaftskasse, Christian Zeitz treibt dafür die Gelder ein und ist zudem noch für den Koffein-Nachschub verantwortlich. Der Nationalspieler ist THW-Kaffeewart. Viktor Szilagy besorgt für die langen Busfahrten DVDs. Seine Bezeichnung: Videothekar. "Das wichtigste Amt aber hat unser Neuer, Börge Lund", verrät Dominik Klein, "er ist unser Fußballwart."

Gut, das alles sind nicht wirklich weltbewegende Aufgaben und doch tragen sie ihren Teil zum THW-Erfolg bei. "Egal, ob du neu bist oder schon seit Jahren dabei. Wir sind alle auf Augenhöhe und haben enormen Respekt vor einander. In Kiel würde niemals der Jüngste niedere Aufgaben wie Bälle schleppen bekommen", erklärt Klein. Und Karabatic, dieser Kraftprotz aus Frankreich, der mit seinen 23 Jahren zum derzeit vielleicht besten Handballer der Welt aufstieg, gibt zu: "Den Posten eines Fest- und Vergnügungsausschusses gibt es bei uns nicht. Zum Feiern haben wir während der Saison keine Lust und auch keine Zeit!" So gleichberechtigt die THW-Spieler aber auch sind, einer steht doch über allen. Er ist einer der Väter des Erfolges, "Vorbild für uns alle" (Karabatic) und "der beste Team-Kapitän, den man sich wünschen kann", sagt Serdarusic: Stefan Lövgren. Er ist - zumindest auf dem Feld - die Stammzelle für dieses Sieger-Gen, das jeder Spieler eingepflanzt bekommt, gleich bei Vertragsunterschrift. Und er ist der einzige Spieler im Mannschaftsbus, der einen Tisch hat ...

(Von Olaf Bruchmann, aus der "Handball-Woche" 33/2007)


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