Aus den Kieler Nachrichten vom 07.09.2007:
Kiel - Viel Lärm um Nichts beim THW Kiel.
Oder eher: viel Nichts ohne Lärm. Das zweite
Heimspiel des Deutschen Handball-Rekordmeisters
gegen GWD Minden am Mittwochabend
offenbarte in der Ostseehalle Bemerkenswertes
an dem Ort, der in den vergangenen
Jahren zum Quell der handballerischen
Event-Kultur avanciert war.
Für Verwirrung sorgte beispielsweise das Fehlen von Musik während der - an diesem
Tag bitter nötigen - Auszeiten. Das in Fankreisen anfangs als "Ruckel-TV" verspottete
Internet-Fernsehen "HBL.TV" der Handball-Bundesliga (HBL) wurde nach dem Schlusspfiff
schnell als Wurzel des Wandels ausgemacht. Dabei sagt THW-Trainer
Noka Serdarusic:
"Mich stört die Musik nicht. Sie war immer da, und meine Spieler und ich sind bei den
Auszeiten mit den Köpfen so nah beieinander, dass wir uns gut verstehen." Wer 54,99 Euro
für die ganze Saison oder 2,99 Euro pro Spiel bezahle, solle sich offenbar in bedächtiger Ruhe
die Auszeiten ansehen. Weit gefehlt. "Da hat wohl die CD geklemmt. In Auszeiten darf
Musik gespielt werden", sagte HBL-Geschäftsführer Frank Bohmann gestern auf
Nachfrage. Und Spielleiter Uwe Stemberg ging noch weiter ins Detail: "In Pausen und
Auszeiten soll Musik gespielt werden, auch bei einem Tor ist sie bis zum Anwurf erlaubt."
Und auch Gerüchte, dass die Rhein-Neckar Löwen in dieser Saison bereits mit einer Strafe
versehen worden seien, klärte Stemberg auf: "Aber nicht wegen Musik in den Auszeiten,
sondern weil der Hallensprecher die Entscheidungen der Schiris kritisiert hat."
Mag sein, dass sich die 10 250 auf den Rängen der Ostseehalle über die temporäre Stille
nicht einmal gewundert haben, bildete sie doch einen roten Faden zwischen Prä- und
Post-Event, begonnen mit einer Einlauf-Zeremonie ohne Einlaufen der Spieler, die noch
mit den Hufen scharrend in den Katakomben stehen, während der Hallensprecher die Namen
der Gladiatoren ins weite Rund ruft. Das kultige "hej, Stefan, hej" und "hej, Mini, hej"
blieb am Mittwoch als "ähm, hallo!?" im Halse stecken, wo es auch gleich bis Spielende zurückgehalten
werden konnte. Nach 60 mehr oder weniger illustren Spielminuten auf dem
Parkett fällt nämlich die Präsentation des Spielers des Tages seit Saisonbeginn aus.
Mangels Sponsor, wie THW-Manager Uwe Schwenker gestern
erklärte. Einen THW-Spieler für diese Ehrung zu finden, wäre am
Mittwoch wiederum sowieso schwierig geworden, bat doch Co-Trainer
Klaus-Dieter Petersen die erschöpften "Zebras" sofort nach
Abpfiff zum Auslaufen - um den Kleinen Kiel. Autogramme Fehlanzeige, und sogar
Schwenker sagt: "Die Spieler sollen eigentlich nicht
gleich raus aus der Halle." Viel Lärm, viel Nichts, wenig THW also.
(Von Tamo Schwarz, aus den Kieler Nachrichten vom 07.09.2007)