20.02.2008 | BL |
Das Spiel - ein Sinnbild dessen, was Top-Spieler Jahr für Jahr bewerkstelligen müssen. Als Beispiele seien in diesem Fall Thierry Omeyer, Nikola Karabatic, Christian Zeitz und Dominik Klein genannt: Sie alle mussten bei der Europameisterschaft in Norwegen acht zum Teil sehr intensive Spiele in elf Tagen überstehen. Mannschaftsarzt Dr. Frank Pries äußerte in einem Interview mit den Kieler Nachrichten Bedenken ob derartiger Belastungen: "Ein Turnier wie die EM mit bis zu acht Spielen in elf Tagen mitten in der Saison ist aus medizinischer Sicht nicht zu vertreten", kritisierte der Arzt, "ich denke, ein durchtrainierter Handballer kann maximal zwei Jahre lang englische Wochen ohne einen längeren Urlaub durchhalten." Im Alltag als Mannschaftsbetreuer sei ihm in den letzten Jahren die Häufigkeit von schweren Verletzungen aufgefallen.
Kein Wunder, geht der Leistungsdruck für die Handball-Stars doch direkt nach einem großen Turnier in unverminderter Heftigkeit weiter. So mussten die THW-Recken fünf Tage nach dem letzten EM-Spiel beim SC Magdeburg antreten. Von Anfang Februar bis zum 16. März bestritten und bestreiten Nikola Karabatic, Thierry Omeyer und Co. in knapp sechs Wochen 13 Spiele - darunter in der Bundesliga die Top-Partien gegen die Rhein-Neckar Löwen, gegen die SG Flensburg-Handewitt und gegen den VfL Gummersbach. Hinzu kommen die Champions-League-Spiele in Paris, Moskau und Leon mit jeweils mehrstündigen Flugreisen. "Ich weiß nicht, wie lange das so weitergehen soll. Das ist unmenschlich. Am Ende sind alle verletzt und wir können nicht das zeigen, was unser Sport eigentlich zu bieten hat", beklagte sich Nikola Karabatic schon direkt nach der EM.
Er und Thierry Omeyer waren in Trondheim mit von der Partie, als sich zum ersten Mal in der Geschichte des Handballsports die Spieler organisierten. Eine Spielergewerkschaft soll ihnen nun größeres Gehör in den Vereinen und Verbänden verschaffen. Vorbild ist die Gewerkschaft in Spanien, in der 90 Prozent der Handballer der Liga Asobal organisiert sind. Für Deutschland arbeitet Christian Schwarzer von den Rhein-Neckar Löwen aktiv in der Interessenvertretung "European Players Handball Union" (EPHU) mit, die vom ehemaligen Weltklasse-Torhüter Jaume Fort Mauri geführt wird und bereits 60 zum Teil sehr prominente Mitglieder hat. "Unser Ziel ist unter anderem die Entzerrung des Spielplans", berichtet Schwarzer von der ersten Zusammenkunft, "wir möchten uns an dem Vorbild der Fußballer orientieren, die große Turniere nur alle zwei Jahre ansetzen." Mit dieser Haltung geht Schwarzer sogar in Opposition zu Bundestrainer Heiner Brand, der das jährliche Schaufenster Welt- und Europameisterschaft unlängst für wichtig erklärte. "Was machen wir? Wir spielen nach der Saison auch noch Qualifikationsturniere für Olympia", zürnte Schwarzer, der neben der Belastung für die Spieler auch eine Übersättigung des Handball-Publikums fürchtet. "Wir spielen jetzt eine EM, im August sind die Olympischen Spiele, im Januar 2009 die WM in Kroatien. Wenn so oft Handball angeboten wird, picken sich die Fans die besten Stücke raus. Zudem ist die Verfallszeit eines Titels zu groß." Um das zu ändern, engagiere er sich in der Gewerkschaft, die zunächst eine Unterschriftenaktion unter den Spielern startete, um zu dokumentieren, dass die Sorgen und Nöte der Hauptakteure in jedem Verband die gleichen sind. Die Liste soll später den Verbänden vorgelegt werden...
Doch das Mitspracherecht braucht Zeit. "Bisher wurden wir ja nie gefragt", weiß Schwarzer, dass es bis zu einschneidenden Veränderungen ein langer Weg sein kann. Doch der erste Schritt ist getan.
(Aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", von living sports)
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