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23.05.2008 Bundesliga

Zebra-Journal: Flensburg: "Trophäen-Vakuum"

Flensburg zeigt sich trotz titelloser Saison zufrieden

Aus dem Zebra-Journal der Kieler Nachrichten vom 23.05.2008:

Wenn die Handballer des ruhmreichen FC Barcelona etwas gewinnen, kommt es vor, dass sie im Stadion "Nou Camp" vor 100.000 Zuschauern eine Ehrenrunde drehen. Bei der SG Flensburg-Handewitt hatte man sich Ähnliches erträumt. Allerdings in einem kleineren Rahmen.
"Eigentlich wollten wir die Meisterschaft im Stadion feiern", sagte SG-Geschäftsführer Fynn Holpert. Für den Tag nach dem letzten Saisonspiel war ein Kick zum 100-jährigen Jubiläum von Flensburg 08 im Stadion terminiert. Das Match zwischen Handballern und Fußballern fand auf dem grünen Rasen statt, die SG gewann sogar 6:2. Die Meisterträume der SG hatten sich allerdings erledigt, das Nordlicht musste mit dem achten "Vize" vorliebnehmen.

Die Ballwerfer an der dänischen Grenze blieben überhaupt ohne Titel. Zum dritten Mal in Folge. Der letzte DHB-Pokal datiert von 2005, die einzige Meisterschaft von 2004, und der letzte internationale Erfolg, der Pokalsieger-Cup, liegt sogar schon sieben Jahre zurück. Trotz des wachsenden "Trophäen-Vakuums" zeigt man sich im Flensburger Lager nicht unzufrieden. "Die SG ist und bleibt eine Top-Adresse im deutschen und europäischen Handball", bilanziert Fynn Holpert. "Niemand hatte vor der Saison erwartet, dass wir Zweiter werden würden."

In der Tat stand der Vorjahres-Dritte bei den Buchmachern nicht hoch im Kurs. Torwart-Legende Jan Holpert hatte seine Karriere beendet, Angriffs-Motor Joachim Boldsen war nach Dänemark zurückgekehrt. Dann stürzten schwere Knieprobleme den langjährigen Kapitän Sören Stryger in die Sportinvalidität. Andere Akteure waren plötzlich gefordert. Dan Beutler mauserte sich zur unangefochtenen Nummer eins im Gehäuse, der schnelle Thomas Mogensen entpuppte sich als Glücksgriff und Linkshänder Alexander Petersson als die erwartete Verstärkung. Und über Michael Knudsen schwärmte SG-Trainer Kent-Harry Andersson regelrecht: "Er ist für uns so wichtig wie Nikola Karabatic für den THW Kiel." Unter dem Strich war Sportdirektor Anders Dahl-Nielsen mit dem sportlichen Niveau absolut einverstanden: "Die Bundesliga ist die stärkste Liga der Welt, und wir haben nur 14 Minuspunkte. Außerdem finde ich, dass wir den attraktivsten Handball in Deutschland spielen."

Ungewöhnlich war allerdings das frühe Ende des "Tanzes auf drei Hochzeiten". Im DHB-Pokal waren die Flensburger "meilenweit" vom Final Four entfernt, scheiterten schon Ende Oktober bei der HSG Nordhorn. Dieses frühe "Aus" ließ sich noch mit Lospech begründen. Für den teilweise kläglichen Auftritt in der Champions League gab es jedoch keine Ausreden. In der Vorrunde sahen die Flensburger nur die Fußsohlen des späteren Siegers Ciudad Real. In der Hauptrunde wurde es nicht besser. Auswärts war die SG nur Punktelieferant, gegen Hamburg und Portland San Antonio musste sie sich jeweils mit einem Unentschieden begnügen. "Zwei Unentschieden zu Hause, zwei Niederlagen auswärts - dann hat man das Semifinale auch nicht verdient", hakte SG-Linksaußen Lars Christiansen die Champions League vorzeitig ab.

Zumindest in der Bundesliga lief es zunächst reibungslos. Der THW Kiel wurde in der Campushalle teilweise demontiert, beim HSV Hamburg rettete "Siebenmeter-Killer" Dan Beutler in der letzten Sekunde einen wichtigen Auswärtssieg. Als der dunkle November heranrückte, rutschten die "Shooting-Stars" allerdings in eine tückische Delle. Gegen Nordhorn kassierten die Flensburger eine überraschende Heimniederlage, in Göppingen folgten gleich die nächsten Minuspunkte. "Im Moment ist es nicht einfach ein SG-Spieler zu sein", stöhnte Thomas Mogensen. "Es ist viel Unsicherheit in unseren Aktionen", rätselte Kapitän Ljubomir Vranjes.

Der Teamgeist stimmte allerdings. Die SG-Akteure zogen sich am eigenen Schopf aus der Krise. Sie eroberten die Tabellenspitze zurück und feierten sogar die inoffizielle "Herbstmeisterschaft". Erst das knappe 28:30 in der Sparkassen-Arena zerstörte die "Pole Position". Rechtsaußen Torge Johannsen hatte das Unentschieden in der Hand, ihm rutschte der Ball aus den Fingern. Ein überraschendes Heim-Remis gegen FA Göppingen leitete den endgültigen "Knockout" im Meisterkampf ein. "Das war eine mentale Geschichte", kritisierte Co-Trainer Jan Paulsen. "Die Vorbereitung auf ein Bundesliga-Spiel muss beim Frühstück beginnen."

Es fehlte die Konstanz, um bis zum Schluss dem THW Kiel ernsthaft im Nacken zu bleiben. Vielleicht auch die nötige Ruhe, um sich allein auf die sportlichen Ziele zu konzentrieren. "Acht Spielerverträge liefen aus, dann kaufte uns der HSV Marcin Lijewski und Blazenko Lackovic weg", klagte Fynn Holpert. "So wird man anfällig für Störfeuer von außen." Sehr nachdenklich stimmte auch die Formkurve im Mai. Drei Spiele, drei Niederlagen - vor allem das 28:29 zu Hause gegen Fast-Absteiger Minden war ein "schwarzer Fleck", hatte sogar unmittelbaren Einfluss auf die Klassenerhalt-Frage.

Manch' Experte glaubt, dass die SG in Zukunft nicht mehr im Konzert der Großen mitmischen kann. "Durch diese Transfers hat sich Hamburg eines ernsthaften Kontrahenten selbst entledigt", sagte der Füchse-Manager Bob Hanning. An der Flensburger Förde gab man jedoch nicht klein bei und verpflichtete mit Oscar Carlen, Lasse Boesen und vor allem dem montenegrinischen Goalgetter Alen Muratovic klangvolle Namen.

Leichter ist es an der dänischen Grenze allerdings nicht geworden. Trotz des neuen Hauptsponsors "Sparinvest" wähnt sich Fynn Holpert in der Finanzrangliste hinter Kiel, Hamburg, Mannheim und Lemgo nur an fünfter Stelle. Den Traum, einmal eine Meisterschaft im Fußball-Stadion zu feiern, hat er aber nicht aufgegeben.

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