Aus den Kieler Nachrichten vom 13.09.2008:
Nach dem
WM-Triumph von 2007 war Heiner Brand
der König von Deutschland und galt als unantastbar.
Allenfalls kleine Nadelstiche aus dem Norden hatte
der Gummersbacher zu ertragen. THW-Manager
Uwe Schwenker wehrte
sich stets gegen die Dauer-Vorwürfe Brands, die Bundesliga
sei mit ihrem hohen Ausländeranteil nur ein schlechter
Spieler-Lieferant der Nationalmannschaft.
Mittlerweile überzieht Patina die goldene Krone
des Handball-Bundestrainers. Nach Platz vier bei
der
EM 2008, erst recht
nach dem enttäuschenden Vorrunden-Aus in
Peking.
Die entscheidende Niederlage gegen Dänemark war
noch keine zehn Minuten Geschichte, da schwang
sich Brand erneut auf sein Lieblings-Steckenpferd.
Die Ausländerquote müsse endlich her, polterte der
Bundestrainer, der deutsche Nachwuchs erhalte in
der Bundesliga keine faire Chance. Als Beispiel nennt
Brand die spanische Liga, die sich einer freiwilligen
Ausländerregelung unterworfen habe. Er vergaß, darauf
hinzuweisen, dass seitdem nur noch vier Mannschaften
höchsten europäischen Ansprüchen genügen,
der große Rest der Liga Asobal hat kaum Bundesliga-Format.
Grund: Nur reiche Klubs sind in der Lage,
Spitzen-Ausländer zu beschäftigen, einheimische
Spieler besitzen in der Regel keine internationale
Klasse. Handball ist in Spanien Nischensport. Außerdem
ist die Freiwilligkeit, das weiß auch Brand, die einzige
Chance, zu einer "spanischen" Regelung zu kommen.
EU-Recht verbietet (siehe Bosman-Urteil) nämlich eine
Ausländerbegrenzung.
Heiner Brand ist seit 1997 Bundestrainer, der Ausländeranteil
betrug zu dieser Zeit 35 Prozent, 1998 wurde Deutschland
EM-Bronzemedaillengewinner, 2002 Vize-Europameister, 2003
Vize-Weltmeister (Ausländeranteil 44,2 %), 2004 Europameister
und Olympia-Zweiter, 2007 Weltmeister - der Ausländeranteil war
mit 47,7 Prozent zu diesem Zeitpunkt am höchsten.
Und vor der Ära Heiner Brand? 1978 gab es den WM-Triumph in Dänemark,
danach folgte die rasante Talfahrt in die internationale
Bedeutungslosigkeit. Waldmeister statt Weltmeister. Der Ausländeranteil
in den 80er und Anfang der 90er Jahre? "Satte" zwölf Prozent! Die
Statistik ist also nicht der Freund des Bundestrainers.
Und die Bundesliga seit kurzem auch nicht mehr.
HSV-Manager Peter Krebs ("Das ist sehr ermüdend")
hob die Stimme, Löwen-Manager Thorsten Storm
wehrt sich und verweist auf Kosten für Nachwuchsarbeit
in Höhe von 500 000 Euro. Flensburgs Geschäftsführer
Fynn Holpert gar "hört da schon gar nicht
mehr hin." Schließlich seien die Ausländer das Salz
in der Suppe. Vielleicht, so mischte sich zuletzt auch
THW-Trainer Alfred Gislason
ein, "hat Heiner Brand auch einfach nicht die richtigen
Spieler nominiert." Sicher ist: Die Bundesliga
kuscht nicht mehr.
(von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 13.09.2008)