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16.09.2008 Interview

Zebra-Interview mit Alfred Gislason: "Eine Super-Truppe"

Aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", von living sports:

Alfred Gislason: "Kiel ist eine spannende Aufgabe."
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Gegen Dormagen feierte Alfred Gislason seine Bundesliga-Premiere als Trainer des THW Kiel. Im ZEBRA-Interview sprach der sympathische Isländer über seine ersten Wochen in der Landeshauptstadt, seine Gefühle vor dem Saison-Start und die Ziele der Zebras.
Zebra:
Wie heimisch sind Sie inzwischen geworden?
Alfred Gislason:
Das ist schwierig. Ich habe ja eine lange Zeit im Maritim-Hotel gewohnt, erst vor wenigen Tagen meine neue Bleibe bezogen. Das Hotelleben war hart, aber nun habe ich ja einen Ort, wo ich zu Hause bin.
Zebra:
Und wie gefällt Ihnen Kiel als Stadt?
Alfred Gislason:
Bisher kannte ich eigentlich nur die Anfahrt zur Sparkassen-Arena. In meinen ersten Wochen hier habe ich festgestellt: Kiel ist toll! Als Isländer fühle ich mich mit der Nähe zum Wasser und den kurzen Wegen aufs Land einfach zu Hause. Viel gesehen habe ich von Kiel allerdings noch nicht, der Handball steht deutlich im Vordergrund.
Zebra:
Haben Sie gezögert, das Angebot aus Kiel anzunehmen?
Alfred Gislason:
Handball ist nicht nur mein Job, sondern auch mein Hobby und meine Leidenschaft. Das Angebot, als Trainer der besten Mannschaft der Welt zu arbeiten, bekommt man nicht alle Tage. Das hat auch meine Frau erkannt. Sie sagte sofort zu mir: "Alfred, das musst Du machen!"
Zebra:
Und Sie?
Alfred Gislason:
Natürlich wollte ich unbedingt nach Kiel. Aber zuvor mussten sich die Vereine noch einig werden. Dann ging jedoch alles sehr schnell.
Zebra:
Was ist in Kiel anders als bei Ihren bisherigen Stationen?
Alfred Gislason:
Ich habe schon in den ersten Tagen gemerkt, dass Handball ein sehr zentrales Thema in der öffentlichen Wahrnehmung ist. So etwas habe ich bisher vielleicht nur in Magdeburg erlebt. In Kiel stehen alle hinter dem THW, die Rahmenbedingungen sind besser als überall sonst im Handball. Man merkt, dass der THW Kiel einer der ganz großen Vereine der Welt ist. Gummersbach hat auch eine lange Tradition, ist aber nicht mit Kiel vergleichbar.
Zebra:
Wie hat Ihr "altes Team" in Gummersbach die Nachricht von Ihrem Weggang aufgenommen?
Alfred Gislason:
Anfangs hatte ich schon ein bisschen ein schlechtes Gewissen, glaubte, die Jungs im Stich zu lassen. Dann habe ich aber mit ihnen gesprochen, und alle hatten Verständnis für meine Entscheidung.
Zebra:
Auch Viktor Szilagyi, den Sie nach Gummersbach holten?
Alfred Gislason:
Ja, auch er. Wenngleich das natürlich eine komische Konstellation ist. Ich wollte ihn immer haben, in dem Moment, wo er beim VfL seinen Dienst antritt, bekomme ich aus Kiel das Angebot . Wir sind uns ja beinahe auf der Autobahn begegnet.
Zebra:
Wie war der Empfang in Kiel?
Alfred Gislason:
Natürlich war das eine komische Situation. Ich kannte die THW-Spieler bisher ja nur als Gegner. Aber alle haben positiv reagiert, die Jungs sind Profi-Handballer und möchten wie ich nur Erfolg.
Zebra:
Ihr Eindruck von den Zebras?
Alfred Gislason:
Ich habe das gesamte Team vor Olympia nur ein paar Stunden während des offiziellen Foto-Shootings gesehen. Aber schon in dieser kurzen Zeit habe ich gespürt: Das ist eine homogene Truppe.
Zebra:
Was macht diese aus?
Alfred Gislason:
Ich wusste schon vorher, dass mich eine Super-Mannschaft erwarten würde. Aber dies dann auch zu erleben, ist dann noch etwas anderes. Die Jungs trainieren wie die Besessenen. Und sie gehen miteinander um, als wären sie beste Freunde. Das erlebt man sonst nur in Nationalmannschaften, aber ganz selten in einem Team, das sich aus so vielen Nationalitäten zusammensetzt. Das liegt natürlich auch an einer Integrationsfigur wie der eines Stefan Lövgren.
Zebra:
Der Ihr Team nach dieser Saison verlassen wird .
Alfred Gislason:
Dass er einmal aufhören würde, war unvermeidlich. Natürlich ist es schade, dass Stefan nicht noch länger ein Zebra bleibt. Aber es ist sein Leben, da haben wir seine Entscheidung zu akzeptieren.
Zebra:
Auch Lövgren durfte Ihre neuen Methoden kennenlernen. Wie kamen Sie auf Ihre Ideen?
Alfred Gislason:
Ich bin seit 17 Jahren Trainer, und ich habe in jedem dieser Jahre etwas dazu gelernt. Wenn ich mich in einem Thema nicht auskannte, habe ich soviel gelesen und Experten befragt, bis ich mich in dem Thema auskannte. Und so halte ich es auch heute noch. Für die Spieler war es ungewohnt, auch von externen Spezialisten untersucht zu werden. Die Kraft- und Ausdauermethoden waren ihnen neu, ebenfalls die Leistungsdiagnostik. Aber mit diesen Methoden kann man einfach genauer arbeiten. So musste jeder Spieler ein Laufprogramm absolvieren, das exakt auf seine Voraussetzungen und Bedürfnisse abgestimmt war.
Zebra:
Wie kamen diese Methoden an?
Alfred Gislason:
Natürlich schüttelten einige Spieler zunächst den Kopf. Als ich ihnen aber erklärt habe, warum man dies oder jenes so machen sollte, waren sie schnell davon überzeugt. Schließlich ist die Leistungsdiagnostik für sie auch so etwas wie eine Selbstkontrolle: Werden die Werte besser, ist dies ein Erfolgserlebnis. Werden Sie schlechter, müssen sie eben noch härter arbeiten. Das Ziel ist, das Team möglichst fit zu bekommen.
Zebra:
Wie sehen die Ziele für die Saison aus?
Alfred Gislason:
Ich will die Mannschaft weiter verbessern und um alle Titel mitspielen. Natürlich braucht man dafür auch ein bisschen Glück, vor allem müssen wir aber von Verletzungen verschont bleiben.
Zebra:
Verspüren Sie einen größeren Druck in Kiel als anderswo?
Alfred Gislason:
Der Druck war auch in Magdeburg und Gummersbach groß. Aber diesen Druck von Außen verspürst Du als Trainer nicht so sehr. Die Spieler und ich selbst machen uns den größten Druck, den man sich vorstellen kann. Klar ist: Der THW kämpft um viel, und natürlich muss ich als Trainer auch Erfolge vorweisen können. Aber das ist deutlich komfortabler, als bei anderen Vereinen, bei denen es beispielsweise um den Klassenerhalt geht. Drinbleiben zu müssen, um die Existenz zu sichern, ist negativer Druck. Erfolgsdruck ist viel, viel schöner. Deshalb wollen auch so viele Spieler unbedingt bei einem Spitzenklub spielen, deshalb bin ich hier beim THW Kiel (lacht).
Zebra:
Das Startprogramm mit dem Heimspiel gegen Magdeburg, den Auswärtspartien bei den Rhein-Neckar Löwen und dem VfL Gummersbach sowie der Champions Trophy hat es in sich, oder?
Alfred Gislason:
Ja, das ist harter Tobak. Zumal die französischen Goldmedaillengewinner erst kurz vor dem Supercup zu uns gestoßen sind. Aber die Vier kennen sich gut aus und werden die Neuerungen schnell verstehen. Wir müssen überall gut spielen und uns entsprechend auf die Gegner vorbereiten. Natürlich ist die Champions Trophy dabei eine Mehrbelastung. Sich mit Ciudad in dieser frühen Phase der Saison zu messen, hat aber auch seinen Reiz.
Zebra:
Werden wir Sie ähnlich lebhaft wie zuletzt in Kiel an der Seitenlinie erleben?
Alfred Gislason:
Ich denke ja. Ich bin total fixiert auf das Spiel, wenn der Anpfiff ertönt, lebe ich das Spiel. Ich bekomme dann nicht mehr viel von der Außenwelt mit. Sehe ich mich später im TV, schäme ich mich manchmal für mich. Aber ich kann einfach nichts dafür!
Zebra:
Haben Sie einen Wunsch an die Zuschauer?
Alfred Gislason:
Ich habe mich bei den Auswärtsspielen in der Sparkassen-Arena oft gefragt, wie es wäre, mit diesen fantastischen Fans im Rücken zu spielen. Ich hoffe, dass diese Stimmung so toll bleibt und die Zuschauer das Team weiterhin so nach vorn peitschen. Kiel und die Halle sind etwas ganz Besonderes. Und es ist etwas ganz Besonderes, wenn Du das beste Team der Welt trainieren darfst. Ich bin gespannt, wie es läuft!
Zebra:
Ihre persönlichen Ziele?
Alfred Gislason:
Ich bin optimistisch und hoffe, dass Uwe mit seiner Aussage, am Ende der Saison würden wir auf dem Rathausbalkon feiern, Recht behalten wird. Ich freue mich auf die Spiele, auf die ganze Saison! Und ich freue mich auf die Fans und die Spieler. Kiel ist eine spannende Aufgabe!
(Das Gespräch führte Christian Robohm, aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", von living sports)


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