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14.10.2008 Interview

Kieler Nachrichten: Keinen Vertrag unterschrieben und nirgendwo Zusage gegeben

Meistertrainer im Krankenstand über Gesundheit, Gerüchte und "seine Jungs" in der "Ostseehalle"

Aus den Kieler Nachrichten vom 14.10.2008:

Kiel - 111 Tage nach seiner Entlassung scheint es, als wünsche sich der ehemalige Trainer des THW Kiel, Noka Serdarusic, nichts sehnlicher als eine Rückkehr in die Sparkassen-Arena - als Zuschauer. Ein plötzlicher Bandscheibenvorfall, die damit verbundene Operation und ein geplanter Eingriff am Knie bestimmen derzeit den Gesundheitszustand des 58-Jährigen.
Was seine berufliche Zukunft angeht, will sich der Meistertrainer, der mit den "Zebras" seit 1993 insgesamt 25 Titel gewann, nicht festlegen. Er habe noch nirgendwo unterschrieben, entgegnet die Kieler Trainer-Legende aufblühenden Gerüchten, die ihn bereits mit den Füchsen Berlin, den Rhein-Neckar-Löwen, Tunesien und Norwegen in Verbindung brachten. "Darüber kann ich nur lachen", sagt der derzeit wohl prominenteste Handball-"Arbeitslose" der Welt.
Kieler Nachrichten:
Herr Serdarusic, wie geht es Ihnen?
Noka Serdarusic:
Ich bin Rekonvaleszent. Mein Bandscheibenvorfall und die damit verbundene Operation kamen sehr plötzlich. Im Moment erlauben mir die Ärzte nur zu den Mahlzeiten, zu sitzen.
Kieler Nachrichten:
In den vergangenen Wochen überschlugen sich die Gerüchte, was Ihre Zukunft als Trainer betrifft. Füchse Berlin, Rhein-Neckar-Löwen, Tunesien, Norwegen...
Noka Serdarusic:
Das habe ich auch alles gehört und kann darüber nur lachen. Wilde Gerüchte! Zum Beispiel Tunesien: Ich habe nie verhandelt und hatte das Angebot sofort abgelehnt, weil ich eine Knieoperation geplant hatte. Ich hatte auch nicht mit dem Präsidenten des Tunesischen Verbandes gesprochen, sondern mit einem Spielerberater. Und ich habe nicht wegen des Geldes abgelehnt. Wie gesagt, die OP war schon geplant, und darum hätte ich das Angebot für kein Geld der Welt angenommen. Ein besonders Schlauer wird am Ende Recht haben. Aber ich sage hier und jetzt: Ich habe keinen Vertrag unterschrieben und nirgendwo eine Zusage gegeben.
Kieler Nachrichten:
Also auch nicht dem HSV, bei dem der Trainerstuhl von Martin Schwalb bedrohlich wackelt?
Noka Serdarusic:
Der HSV wäre für jeden Trainer der Welt interessant. Für mich ist es die einzige Mannschaft der Liga, die dem THW Paroli bieten kann. Sie schafft es momentan zwar nicht, aber der HSV hat eine tolle Truppe. Aber: Mit dem HSV habe ich wirklich nicht einmal Gespräche geführt.
Kieler Nachrichten:
Die soll es jedoch mit den Rhein-Neckar-Löwen gegeben haben, bei denen Wolfgang Schwenke viele nur als Übergangslösung sehen.
Noka Serdarusic:
Wie soll denn das aussehen? Dass ich den "kleinen Wolle" bei den Ohren nehme, und nach einem Jahr komme ich dann nach Mannheim und werde dort Trainer?
Kieler Nachrichten:
Hat es Sie denn nicht überrascht, dass sich "Löwen"-Manager Thorsten Storm für den unerfahrenen Schwenke vom Zweitligisten TSV Altenholz entschieden hat?
Noka Serdarusic:
Andersherum: Ich habe mich gewundert, dass Schewzow rausgeschmissen wurde. So einen Trainer in dieser Situation zu feuern, ist keine gute Lösung. Es sei denn, die Mannschaft spielt gegen ihren Trainer. Aber nach dem, was ich erlebt habe, wundert mich im Sport gar nichts mehr.
Kieler Nachrichten:
Ärgern Sie sich über die vielen Spekulationen?
Noka Serdarusic:
Früher hätte ich mich geärgert. Heute denke ich, dass wohl jeder etwas zu tun haben muss. Also auch die Journalisten. Ich soll zum Beispiel einen Makler in Hamburg beauftragt haben, ein Haus in Mannheim zu suchen. Warum sollte ich das tun? Meine Frau und ich wollen überhaupt kein Riesen-Haus mehr? Und warum sollte ich einen Makler in Hamburg dafür beauftragen? Der Verein dort unten wäre doch sowieso bei der Haus-Suche behilflich. Richtig ist, dass ich einen Makler beauftragt habe, mein Haus in Kiel zu verkaufen, weil wir kein Haus mehr in Deutschland wollen.
Kieler Nachrichten:
Sie sind jemand mit klaren Vorstellungen. Wie stellen Sie sich Ihre sportliche Zukunft vor?
Noka Serdarusic:
Interessant ist für mich jeder Verein, in dem leistungsorientiert gearbeitet wird. Die Tabellen-Mitte interessiert mich nicht. Entscheidend ist jetzt im Moment aber ausschließlich, was ich will. Und ich will erst einmal richtig gesund werden. Und was das angeht, wurde ich zurückgeworfen.
Kieler Nachrichten:
Warum?
Noka Serdarusic:
Geplant war eine Operation im November, bei der ich ein neues Kniegelenk bekomme. Durch den Bandscheibenvorfall wird daraus nun eher Januar. Und anstatt Anfang März gesund zu sein, werde ich es wohl erst im April sein. Ich muss mit der Knieoperation jetzt warten, weil die Umstellung für die Wirbelsäule momentan zu groß wäre.
Kieler Nachrichten:
Werden Sie sich in Kiel operieren lassen?
Noka Serdarusic:
Ich bin Laie, was dieses Thema betrifft, und muss mich erst einmal beraten lassen über die verschiedenen Prothesen. Ich hatte Glück, ein super Arzt hat meine Bandscheibe operiert. Im Moment kann ich jedoch manchmal weder sitzen noch stehen.
Kieler Nachrichten:
Und dabei gehört "Nichtstun" wahrscheinlich nicht zu Ihren Stärken, oder?
Noka Serdarusic:
Nein, ich werde wahnsinnig, wenn ich nichts tue.
Kieler Nachrichten:
Welche Faktoren stehen für Sie bei der Suche nach einer neuen Aufgabe im Vordergrund?
Noka Serdarusic:
Es geht mir nicht nur ums Geld. Das Geld kann stimmen, aber wenn eine Mannschaft keine Chance hat, nach oben zu kommen, würde ich den Job trotzdem nicht annehmen.
Kieler Nachrichten:
Nikola Karabatic erzählte, dass er Sie im Krankenhaus besucht hat und Sie gemeinsam bei Ihnen gegessen haben. Haben Sie auch Kontakt zu Ihrem Nachfolger Alfred Gislason?
Noka Serdarusic:
Ja, wir waren auch gemeinsam essen, haben ein Bier vor meinem Urlaub getrunken. Vor ein paar Tagen hat Alfred mir eine SMS geschickt. In den letzten zehn, zwölf Jahren hatten wir immer Kontakt.
Kieler Nachrichten:
Wann wollen Sie wieder einmal in die Sparkassen-Arena zurückkehren?
Noka Serdarusic:
Am liebsten heute. Wenn die Ärzte mir erlauben, eine halbe Stunde oder eine Stunde zu sitzen, bin ich sofort da.
Kieler Nachrichten:
Also hält Sie kein Zorn oder keine Enttäuschung über die überraschende Trennung davon ab, an Ihre alte Wirkungsstätte zurückzukehren?
Noka Serdarusic:
Nein, meine Jungs - Entschuldigung, das "meine" ist noch so drin bei mir - also die Spieler können ja nichts dafür. Die würde ich gern endlich einmal wieder sehen. Die Leute in der Ostseehalle können auch nichts dafür.
Kieler Nachrichten:
Sie sagen, dass Sie nichts mehr wundert nach Ihren jüngsten Erfahrungen. Wie kam es denn zur Trennung von Ihnen und THW-Manager Uwe Schwenker und damit von Ihnen und dem THW?
Noka Serdarusic:
Es gab eine offizielle Pressemitteilung des Vereins. In der stand, dass über Details nicht gesprochen wird. Ich halte mich daran, denn ich will bald in die Ostseehalle, will meine Spieler sehen. Was alles andere betrifft - man muss sich nur gedulden. Mehr will ich jetzt nicht sagen.
Kieler Nachrichten:
Wozu ist der THW am Beginn der Post-Serdarusic-Ära fähig?
Noka Serdarusic:
Es wäre unfair, wenn ich jetzt etwas dazu sagen würde. Ich weiß, wie gut meine Jungs sind. Und ich habe die anderen Mannschaften gesehen. Den Rest kann sich jeder denken. An diesem THW muss man erst einmal vorbei kommen.
(Das Gespräch führte Tamo Schwarz, aus den Kieler Nachrichten vom 14.10.2008)


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