Aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", von living sports:
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Filip Jicha: "Es macht wirklich wieder Spaß, Handball zu spielen!"
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Filip Jicha hat trotz seiner jungen 
Jahre schon viel von der Welt gesehen. Nun ist er an der Förde 
heimisch geworden. Im ZEBRA-Interview spricht der 27-Jährige 
über seine Pläne in Kiel, über seine Vergangenheit und eine 
erste Bilanz nach einem Jahr in der Landeshauptstadt.
 
- Zebra:
 - 
Ihre Stationen: Pilsen, Prag, St. Gallen, Lemgo und Kiel, 
dazwischen Saudi Arabien und Katar - sind Sie ein Weltenbummler?
 - Filip Jicha:
 - 
Ich habe schon in vielen Städten gelebt und fühle mich ein 
bisschen als Europäer. Deutsch sollte eigentlich eine Fremdsprache 
für mich sein, doch da ich inzwischen schon sehr lange hier lebe, 
könnte man es fast als meine zweite Muttersprache bezeichnen. Ich 
habe in kurzer Zeit schon viel erleben dürfen, und ein kleiner 
Weltenbummler bin ich bestimmt. 
 - Zebra:
 - 
Was war die bisher spannendste Station Ihrer Karriere?
 - Filip Jicha:
 - 
Momentan ist das der THW Kiel. Klammere ich dies aber aus, war 
mein Aufenthalt in der Schweiz bei St. Gallen das Spannendste. 
Als ich damals aus Prag wegging, dachte ich, der Spaß wäre vorbei 
und der Ernst des Lebens würde beginnen. Ich habe damals kein Wort 
Deutsch gesprochen und musste nicht nur die Sprache, sondern auch 
das Leben auf eigenen Beinen im Ausland lernen. Meine Mannschaft 
damals hat mich unglaublich gut aufgenommen und mir in der Zeit 
sehr geholfen. Die Erfahrungen, die ich in St. Gallen gemacht 
habe, sind einfach unbezahlbar. 
 - Zebra:
 - 
Und bei den anderen Stationen?
 - Filip Jicha:
 - 
Meine Zeit in Katar hatte wenig mit Handball zu tun, aber dort 
hatte ich die Möglichkeit, eine ganz andere Mentalität kennenzulernen. 
In Lemgo war ich auch sehr zufrieden - eigentlich möchte ich zwischen 
den ganzen Stationen gar keinen so großen Unterschied machen. Das wäre 
nicht richtig. Aber der Schritt von Prag in die Schweiz war schon der 
größte von allen. Weniger sportlich, sondern erst einmal menschlich.
 - Zebra:
 - 
Haben Sie nie Heimweh verspürt?
 - Filip Jicha:
 - 
Wirklich Heimweh habe ich nicht. Man vermisst seine Freunde und Familie 
- aber Heimweh kann man das nicht nennen, denn unser Zuhause haben wir 
uns hier aufgebaut.
 - Zebra:
 - 
Hier lief es für Sie zuerst nicht wie geplant. Wie sieht es jetzt aus?
 - Filip Jicha:
 - 
Im letzten Jahr sind viele Dinge passiert. Alfred 
hat aber von Anfang an Vertrauen in mich gesetzt. Ich hatte in der 
letzten Saison einfach viel Pech mit der Verletzung, und es hat sehr 
lange gedauert, bis ich wieder in Fahrt kam. Ich habe das nun alles 
hinter mir gelassen. Es macht wirklich wieder Spaß, Handball zu spielen!
 - Zebra:
 - 
Das sah man zuletzt auch...
 - Filip Jicha:
 - 
Ich bin sehr zufrieden, wie die ersten Spiele gelaufen sind. Natürlich 
habe ich mich gefreut, dass ich die Möglichkeit bekommen habe, viel 
zu spielen. Die Zeit als "Alleinunterhalter" im linken Rückraum war 
keine Belastung für mich. Ich kann aber noch mehr zeigen, denn ich 
habe erst ein paar Mal an die Leistung angeklopft, die ich gerne 
zeigen möchte. Dafür muss ich aber einfach noch konstanter werden. 
 - Zebra:
 - 
Inwiefern hilft Ihnen dabei der Trainer?
 - Filip Jicha:
 - 
Alfred Gislason versucht, durch die Wechsel 
jedem das Stück Vertrauen zu geben, das ihn in die Lage versetzt, nicht 
nur sportlich, sondern auch mental ein Spiel zu entscheiden oder wichtige 
Entscheidungen selbstbewusst auf dem Spielfeld zu treffen. In Kiel spiele 
ich in einer Spitzenmannschaft - jeder ist hier in der Lage, 
Verantwortung zu übernehmen und auf einer Position Regie zu führen. Es 
ist gut für den Trainer zu wissen, dass man sich auf alle Spieler 
verlassen kann. Handball ist noch immer ein Mannschaftssport, und es 
geht nicht um einen einzigen Spieler oder um eine Position. Viele 
Spieler entscheiden zusammen eine Partie und nicht nur ich im linken 
Rückraum.
 - Zebra:
 - 
Haben Sie jetzt mehr Sicherheit? 
 - Filip Jicha:
 - 
Ganz bestimmt hat mir die erste Zeit in diesem Jahr - gerade nach den 
Ereignissen der letzten Saison - Selbstvertrauen gegeben. Ich kann aber 
noch besser werden und mich entwickeln, aber die letzten zwei Monate 
beim THW Kiel taten ohne Zweifel gut.
 - Zebra:
 - 
Ihre Bilanz nach einem Jahr Kiel?
 - Filip Jicha:
 - 
Ich bin in eine äußerst professionelle Mannschaft gekommen, der 
Zusammenhalt in diesem Team ist unglaublich und nicht selbstverständlich. 
Kiel ist die eine der größten Handballstädte der Welt und jeder 
Handballer möchte wissen, wie es ist, hier zu spielen. Ich freue mich, 
Bestandteil dieser Mannschaft sein zu können. Meine Freundin Hana und 
ich fühlen uns hier sportlich und privat sehr wohl. Wir haben ein 
ruhiges Haus in der Nähe von Kiel gefunden, inzwischen sagen wir auch 
schon "wir fahren nach Hause". Wir haben uns gut eingelebt. So schlimm
es klingt, aber ich bin mit der Zeit älter geworden. Als ich nach 
Lemgo ging, war ich 23 Jahre jung - da war es einfach ein großes 
Abenteuer. Inzwischen ist daraus ein Profileben geworden, was aber 
an der Einstellung zum Handball und dem Spaß am Sport nicht viel 
verändert hat.
 - Zebra:
 - 
Hat Sie etwas am Anfang überrascht?
 - Filip Jicha:
 - 
Bevor ich damals nach Deutschland kam, habe ich die Bundesliga schon 
immer beobachtet. Dann ging es zum TBV Lemgo. Doch ich wollte mit 
der Zeit wissen, wie es wäre, beim Klassenprimus THW zu spielen. 
Wirklich überrascht hat mich in Kiel vor allem die Begeisterung der 
Fans, das kann man sich gar nicht vorstellen, wenn man es nicht 
selbst erlebt hat. Das ist einfach fantastisch. 
 - Zebra:
 - 
Jetzt planen Sie sogar, die Förde unsicher zu machen...
 - Filip Jicha:
 - 
Als ich klein war, habe ich schon viel Zeit am Ufer von Seen und 
Flüssen verbracht. In Kiel bin ich auch unglaublich gerne am Wasser. 
Dann kam mir die Idee, einen Bootsführerschein zu machen. Wenn nicht 
hier, wo denn dann? Eigentlich wollten wir - ein paar weitere Spieler 
und ich - damit schon im letzten Jahr anfangen. Dann habe ich mich 
jedoch verletzt, und die Jungs wollten das nicht ohne mich machen. 
Etwas später in der Saison waren wir viel zu viel unterwegs, so 
dass wir erst jetzt damit begonnen haben.
 - Zebra:
 - 
Sie bekommen richtigen Unterricht?
 - Filip Jicha:
 - 
Ja, es ist vergleichbar mit den Theoriestunden für einen 
Autoführerschein. Wir haben alle ein dickes Buch bekommen, in dem 
viel zu viel drin steht, und wir müssen richtig für unsere Prüfung 
lernen. Unser Lehrer kommt zu uns nach Hause und gibt uns Unterricht. 
In der letzten Stunde haben wir die verschiedenen Knoten geübt, die 
man so können muss. Nun sitzen wir alle daheim und üben immer fleißig 
diese Knoten. Ich sehe uns schon auf der nächsten Auswärtsfahrt im 
Bus sitzen und einen Knoten nach dem anderen machen (lacht).
 - Zebra:
 - 
Klingt nach viel Freizeit-Stress.
 - Filip Jicha:
 - 
Wenn alle bestehen, machen wir mal einen großen Mannschaftsausflug
mit dem Boot. Doch ehrlich gesagt: Das wird ein langer Weg. Wir 
bekommen keine Sonderbehandlung. Nach der ersten Unterrichtsstunde 
waren wir alle nicht sehr optimistisch. Inzwischen macht es viel 
Spaß, und wir sehen ein Licht am Ende des Tunnels (lacht).
 - Zebra:
 - 
Kaufen Sie sich ein eigenes Boot?
 - Filip Jicha:
 - 
Nein. Doch im Urlaub möchte ich ein Boot mieten können und dann 
meine Zeit auf dem Wasser verbringen. Das wäre toll.
 - Zebra:
 - 
Was reizt Sie am Bootfahren?
 - Filip Jicha:
 - 
Jeder, der einmal auf einem Boot gestanden hat, wird mich verstehen: 
Auf einem Boot zu sein und aufs Meer hinaus zu fahren - das ist 
für mich ein Gefühl von Freiheit. Es macht unglaublich viel Spaß 
und bedeutet mir viel. 
 - Zebra:
 - 
Sind Sie also eine richtige "Wasserratte"?
 - Filip Jicha:
 - 
Ja, Wasser ist mein Element. Ich gehe gerne Schwimmen, betreibe 
Wassersport und genieße die Freiheit, die einem das Meer bietet. 
Habe ich zu viel Handball im Kopf, ziehe ich mir etwas Warmes an 
und lasse mich einmal von der frischen Brise am Meer durchpusten 
- schon habe ich gute Laune. Selbst im Urlaub haben meine Freundin 
und ich nur das Wasser im Kopf und fahren ans Meer. Auch Tauchen 
haben wir schon ausprobiert. Es ist unglaublich, welche 
Impressionen man unter Wasser bekommt. 
 - Zebra:
 - 
Haben Sie gerne das Steuer in der Hand?
 - Filip Jicha:
 - 
Klar. Ich stehe zu den Wegen, die ich einschlage, und treffe 
Entscheidungen. Dann muss ich aber auch mit den Konsequenzen 
leben. Ich glaube, jeder Mensch ist so. Besonders Sportler und 
diejenigen, die viel erreichen wollen, entscheiden sich für 
eine Richtung und haben ihr Steuer - ihr Leben - fest in der Hand.
 - Zebra:
 - 
Würden Sie heute etwas anders machen?
 - Filip Jicha:
 - 
Nein. Selbst die damals vielleicht für nicht so gut befundenen 
"schlechten" Entscheidungen, die ich einmal getroffen habe, haben 
mich dahin geführt, wo ich heute bin - und ich bin glücklich. 
Also habe ich alles in allem nichts falsch gemacht. So wie es 
ist, bin ich zufrieden.
 
(Das Gespräch führte Annika Stöllger, aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", von living sports)