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14.10.2008 Interview

Zebra-Interview mit Filip Jicha: Weltenbummler

Aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", von living sports:

Filip Jicha: "Es macht wirklich wieder Spaß, Handball zu spielen!"
Klicken Sie für weitere Infos! Filip Jicha: "Es macht wirklich wieder Spaß, Handball zu spielen!"

Filip Jicha hat trotz seiner jungen Jahre schon viel von der Welt gesehen. Nun ist er an der Förde heimisch geworden. Im ZEBRA-Interview spricht der 27-Jährige über seine Pläne in Kiel, über seine Vergangenheit und eine erste Bilanz nach einem Jahr in der Landeshauptstadt.
Zebra:
Ihre Stationen: Pilsen, Prag, St. Gallen, Lemgo und Kiel, dazwischen Saudi Arabien und Katar - sind Sie ein Weltenbummler?
Filip Jicha:
Ich habe schon in vielen Städten gelebt und fühle mich ein bisschen als Europäer. Deutsch sollte eigentlich eine Fremdsprache für mich sein, doch da ich inzwischen schon sehr lange hier lebe, könnte man es fast als meine zweite Muttersprache bezeichnen. Ich habe in kurzer Zeit schon viel erleben dürfen, und ein kleiner Weltenbummler bin ich bestimmt.
Zebra:
Was war die bisher spannendste Station Ihrer Karriere?
Filip Jicha:
Momentan ist das der THW Kiel. Klammere ich dies aber aus, war mein Aufenthalt in der Schweiz bei St. Gallen das Spannendste. Als ich damals aus Prag wegging, dachte ich, der Spaß wäre vorbei und der Ernst des Lebens würde beginnen. Ich habe damals kein Wort Deutsch gesprochen und musste nicht nur die Sprache, sondern auch das Leben auf eigenen Beinen im Ausland lernen. Meine Mannschaft damals hat mich unglaublich gut aufgenommen und mir in der Zeit sehr geholfen. Die Erfahrungen, die ich in St. Gallen gemacht habe, sind einfach unbezahlbar.
Zebra:
Und bei den anderen Stationen?
Filip Jicha:
Meine Zeit in Katar hatte wenig mit Handball zu tun, aber dort hatte ich die Möglichkeit, eine ganz andere Mentalität kennenzulernen. In Lemgo war ich auch sehr zufrieden - eigentlich möchte ich zwischen den ganzen Stationen gar keinen so großen Unterschied machen. Das wäre nicht richtig. Aber der Schritt von Prag in die Schweiz war schon der größte von allen. Weniger sportlich, sondern erst einmal menschlich.
Zebra:
Haben Sie nie Heimweh verspürt?
Filip Jicha:
Wirklich Heimweh habe ich nicht. Man vermisst seine Freunde und Familie - aber Heimweh kann man das nicht nennen, denn unser Zuhause haben wir uns hier aufgebaut.
Zebra:
Hier lief es für Sie zuerst nicht wie geplant. Wie sieht es jetzt aus?
Filip Jicha:
Im letzten Jahr sind viele Dinge passiert. Alfred hat aber von Anfang an Vertrauen in mich gesetzt. Ich hatte in der letzten Saison einfach viel Pech mit der Verletzung, und es hat sehr lange gedauert, bis ich wieder in Fahrt kam. Ich habe das nun alles hinter mir gelassen. Es macht wirklich wieder Spaß, Handball zu spielen!
Zebra:
Das sah man zuletzt auch...
Filip Jicha:
Ich bin sehr zufrieden, wie die ersten Spiele gelaufen sind. Natürlich habe ich mich gefreut, dass ich die Möglichkeit bekommen habe, viel zu spielen. Die Zeit als "Alleinunterhalter" im linken Rückraum war keine Belastung für mich. Ich kann aber noch mehr zeigen, denn ich habe erst ein paar Mal an die Leistung angeklopft, die ich gerne zeigen möchte. Dafür muss ich aber einfach noch konstanter werden.
Zebra:
Inwiefern hilft Ihnen dabei der Trainer?
Filip Jicha:
Alfred Gislason versucht, durch die Wechsel jedem das Stück Vertrauen zu geben, das ihn in die Lage versetzt, nicht nur sportlich, sondern auch mental ein Spiel zu entscheiden oder wichtige Entscheidungen selbstbewusst auf dem Spielfeld zu treffen. In Kiel spiele ich in einer Spitzenmannschaft - jeder ist hier in der Lage, Verantwortung zu übernehmen und auf einer Position Regie zu führen. Es ist gut für den Trainer zu wissen, dass man sich auf alle Spieler verlassen kann. Handball ist noch immer ein Mannschaftssport, und es geht nicht um einen einzigen Spieler oder um eine Position. Viele Spieler entscheiden zusammen eine Partie und nicht nur ich im linken Rückraum.
Zebra:
Haben Sie jetzt mehr Sicherheit?
Filip Jicha:
Ganz bestimmt hat mir die erste Zeit in diesem Jahr - gerade nach den Ereignissen der letzten Saison - Selbstvertrauen gegeben. Ich kann aber noch besser werden und mich entwickeln, aber die letzten zwei Monate beim THW Kiel taten ohne Zweifel gut.
Zebra:
Ihre Bilanz nach einem Jahr Kiel?
Filip Jicha:
Ich bin in eine äußerst professionelle Mannschaft gekommen, der Zusammenhalt in diesem Team ist unglaublich und nicht selbstverständlich. Kiel ist die eine der größten Handballstädte der Welt und jeder Handballer möchte wissen, wie es ist, hier zu spielen. Ich freue mich, Bestandteil dieser Mannschaft sein zu können. Meine Freundin Hana und ich fühlen uns hier sportlich und privat sehr wohl. Wir haben ein ruhiges Haus in der Nähe von Kiel gefunden, inzwischen sagen wir auch schon "wir fahren nach Hause". Wir haben uns gut eingelebt. So schlimm es klingt, aber ich bin mit der Zeit älter geworden. Als ich nach Lemgo ging, war ich 23 Jahre jung - da war es einfach ein großes Abenteuer. Inzwischen ist daraus ein Profileben geworden, was aber an der Einstellung zum Handball und dem Spaß am Sport nicht viel verändert hat.
Zebra:
Hat Sie etwas am Anfang überrascht?
Filip Jicha:
Bevor ich damals nach Deutschland kam, habe ich die Bundesliga schon immer beobachtet. Dann ging es zum TBV Lemgo. Doch ich wollte mit der Zeit wissen, wie es wäre, beim Klassenprimus THW zu spielen. Wirklich überrascht hat mich in Kiel vor allem die Begeisterung der Fans, das kann man sich gar nicht vorstellen, wenn man es nicht selbst erlebt hat. Das ist einfach fantastisch.
Zebra:
Jetzt planen Sie sogar, die Förde unsicher zu machen...
Filip Jicha:
Als ich klein war, habe ich schon viel Zeit am Ufer von Seen und Flüssen verbracht. In Kiel bin ich auch unglaublich gerne am Wasser. Dann kam mir die Idee, einen Bootsführerschein zu machen. Wenn nicht hier, wo denn dann? Eigentlich wollten wir - ein paar weitere Spieler und ich - damit schon im letzten Jahr anfangen. Dann habe ich mich jedoch verletzt, und die Jungs wollten das nicht ohne mich machen. Etwas später in der Saison waren wir viel zu viel unterwegs, so dass wir erst jetzt damit begonnen haben.
Zebra:
Sie bekommen richtigen Unterricht?
Filip Jicha:
Ja, es ist vergleichbar mit den Theoriestunden für einen Autoführerschein. Wir haben alle ein dickes Buch bekommen, in dem viel zu viel drin steht, und wir müssen richtig für unsere Prüfung lernen. Unser Lehrer kommt zu uns nach Hause und gibt uns Unterricht. In der letzten Stunde haben wir die verschiedenen Knoten geübt, die man so können muss. Nun sitzen wir alle daheim und üben immer fleißig diese Knoten. Ich sehe uns schon auf der nächsten Auswärtsfahrt im Bus sitzen und einen Knoten nach dem anderen machen (lacht).
Zebra:
Klingt nach viel Freizeit-Stress.
Filip Jicha:
Wenn alle bestehen, machen wir mal einen großen Mannschaftsausflug mit dem Boot. Doch ehrlich gesagt: Das wird ein langer Weg. Wir bekommen keine Sonderbehandlung. Nach der ersten Unterrichtsstunde waren wir alle nicht sehr optimistisch. Inzwischen macht es viel Spaß, und wir sehen ein Licht am Ende des Tunnels (lacht).
Zebra:
Kaufen Sie sich ein eigenes Boot?
Filip Jicha:
Nein. Doch im Urlaub möchte ich ein Boot mieten können und dann meine Zeit auf dem Wasser verbringen. Das wäre toll.
Zebra:
Was reizt Sie am Bootfahren?
Filip Jicha:
Jeder, der einmal auf einem Boot gestanden hat, wird mich verstehen: Auf einem Boot zu sein und aufs Meer hinaus zu fahren - das ist für mich ein Gefühl von Freiheit. Es macht unglaublich viel Spaß und bedeutet mir viel.
Zebra:
Sind Sie also eine richtige "Wasserratte"?
Filip Jicha:
Ja, Wasser ist mein Element. Ich gehe gerne Schwimmen, betreibe Wassersport und genieße die Freiheit, die einem das Meer bietet. Habe ich zu viel Handball im Kopf, ziehe ich mir etwas Warmes an und lasse mich einmal von der frischen Brise am Meer durchpusten - schon habe ich gute Laune. Selbst im Urlaub haben meine Freundin und ich nur das Wasser im Kopf und fahren ans Meer. Auch Tauchen haben wir schon ausprobiert. Es ist unglaublich, welche Impressionen man unter Wasser bekommt.
Zebra:
Haben Sie gerne das Steuer in der Hand?
Filip Jicha:
Klar. Ich stehe zu den Wegen, die ich einschlage, und treffe Entscheidungen. Dann muss ich aber auch mit den Konsequenzen leben. Ich glaube, jeder Mensch ist so. Besonders Sportler und diejenigen, die viel erreichen wollen, entscheiden sich für eine Richtung und haben ihr Steuer - ihr Leben - fest in der Hand.
Zebra:
Würden Sie heute etwas anders machen?
Filip Jicha:
Nein. Selbst die damals vielleicht für nicht so gut befundenen "schlechten" Entscheidungen, die ich einmal getroffen habe, haben mich dahin geführt, wo ich heute bin - und ich bin glücklich. Also habe ich alles in allem nichts falsch gemacht. So wie es ist, bin ich zufrieden.
(Das Gespräch führte Annika Stöllger, aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", von living sports)


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