Aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", von living sports:
Im ZEBRA-Interview gibt
Christian Zeitz
einen besonderen Einblick in das Leben eines Handballprofis,
erzählt von Zukunftsgedanken und Wechselgerüchten. Er bezieht
klar Stellung zur Nationalmannschaftspause. Gleichzeitig zeigt
er aber auch eine Seite, die viele von dem 28-Jährigen nicht kennen.
- Zebra:
-
Christian, wie haben Sie die wenigen ruhigen Tage der WM-"Pause" verbracht?
- Christian Zeitz:
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Ich war bei meiner Familie und habe Silvester in Heidelberg mit
alten Freunden gefeiert, danach war ich ein paar Tage
Snowboardfahren. Und am 10. Januar begann ja auch schon
wieder das Training beim THW - allerdings ohne die Spieler,
die zur WM fuhren.
- Zebra:
-
Macht denn so eine Vorbereitung mit wenigen Spielern Spaß?
- Christian Zeitz:
-
Eine Vorbereitung macht nie Spaß. Aber wir waren selten in
der Halle, haben vielmehr im MARE in Schönkirchen und auf
der 400-Meter-Bahn trainiert. Da ist es nicht so wichtig,
wie viele Spieler beim Training sind...
- Zebra:
-
Wie ist es für Sie gewesen, der WM von zuhause aus zuschauen zu müssen?
- Christian Zeitz:
-
Entspannend! Ich weiß ja wie schwer es ist, zehn Spiele in
so kurzer Zeit zu spielen. Das geht an keinem Spieler spurlos
am Körper und am Kopf vorbei. Es ist wahnsinnig schwierig,
sich von Spiel zu Spiel aufs Neue zu konzentrieren und zu
motivieren. Da bin ich ehrlich gesagt froh, "nur" trainieren
zu müssen!
- Zebra:
-
Es war Ihr eigener Wunsch, die Nationalmannschaft vorerst "beiseite" zu legen?
- Christian Zeitz:
-
Ja, das ist richtig. Ich selbst, der Bundestrainer und die
Medien waren mit mir nicht mehr zufrieden. Eigentlich wollte
ich schon 2005 nach der Weltmeisterschaft in Tunesien
aufhören. Es war für mich einfach nicht mehr auszuhalten, von den
Medien so zerrissen zu werden. Nach jeder WM oder EM war ich
wieder froh, bei den Jungs vom THW zu sein. Während Olympia
und speziell nach dem Spiel gegen Island wäre ich am Liebsten
abgereist, weil ich keinen Sinn mehr sah, der Mannschaft zu helfen,
ohne schlecht auszusehen. Nach dem Spiel gegen Island habe ich dann
unter vier Augen mit Heiner Brand geredet und gesagt, dass nach
Olympia Schluss sei. Mit der Entscheidung kann ich sehr gut leben.
- Zebra:
-
Haben Sie die Spiele im Fernsehen verfolgt?
- Christian Zeitz:
-
Ich habe mir die Spiele angesehen. Traurig war ich aber auf
keinen Fall, nicht dabei gewesen zu sein.
- Zebra:
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Nachdem für Sie das Kapitel Nationalmannschaft abgeschlossen war, blühten Sie auf...
- Christian Zeitz:
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Ich glaube, mir ist eine Last von den Schultern gefallen, weil mich
das Thema Nationalmannschaft seit 2005 geplagt hat. Die Last wurde
größer und größer. Und irgendwann, bevor die Last mich erschlagen
hätte, musste sie weg. Jetzt kann ich mich voll auf die Aufgaben
beim THW konzentrieren.
- Zebra:
-
Auch Alfred Gislason scheint Ihnen
gut zu tun. Was hat sich unter ihm verändert?
- Christian Zeitz:
-
Es hat sich einiges verändert beim THW Kiel. Alfred versucht, jedem
Spieler seine Anteile zu geben. Unter Noka war es so, dass die erste
Sieben gesetzt war. Wenn das Spiel entschieden war, durften auch die
Reservespieler einmal ran. Alfred versucht, jedem von uns eine Pause
zu gönnen, um noch gefährlicher und unberechenbarer für den Gegner
zu sein. So können wir über 60 Minuten Vollgas geben, ohne dass ein
zu großer Bruch ins Spiel kommt.
Außerdem macht das Training, so hart es auch ist, viel mehr Spaß,
denn Alfred hat immer einen Spruch auf den Lippen, der jeden zum
Lachen bringt. Die so wichtige Kommunikation zwischen Spieler und
Trainier ist besser geworden.
- Zebra:
-
Wie begegnen Sie den Wechselgerüchten um Ihre Person?
- Christian Zeitz:
-
Ich glaube jeder Spieler war von den Wechselgerüchten betroffen,
es flogen viele Namen durch die Presse. Einer davon war natürlich
auch meiner. Es gab Gespräche meiner Managerin mit dem Manager der
Rhein-Neckar-Löwen, Thorsten Storm. Aber
ich werde bis 2011 beim THW bleiben und meinen Vertrag erfüllen -
auch wenn es nicht jedem passt.
- Zebra:
-
Fühlen Sie sich denn wohl in Kiel?
- Christian Zeitz:
-
Ich fühle mich wohl im Verein, was aber noch lange nicht heißen muss,
dass ich mich auch in der Stadt wohlfühle. In Kiel steht der THW an
der ersten Stelle, und der Bekanntheitsgrad der Handballer steigt da
ungemein. Für mich ist das so eine Sache. Ich bin jemand, der eher
seine Ruhe will und nicht beim Einkaufen von 20 Leuten angesprochen
werden möchte. Bekanntheit ist schön und gut, aber die Privatsphäre
sollte doch ein wenig gewahrt werden.
- Zebra:
-
Wo halten Sie sich in Kiel denn am liebsten auf?
- Christian Zeitz:
-
Am meisten halte ich mich wahrscheinlich in der Sporthalle und in meinen
eigenen vier Wänden auf. Wo ich sonst noch anzutreffen bin, möchte ich
aus den oben genannten Gründen lieber für mich behalten.
- Zebra:
-
Wie und mit welchen Gefühlen schauen Sie in die Zukunft?
- Christian Zeitz:
-
Mit gemischten Gefühlen, denn die letzten drei bis vier Jahre sind doch
recht schnell vergangen. Manchmal möchte ich, dass die Zeit im richtigen
Moment stehen bleibt oder ich Dinge länger und intensiver genießen kann.
- Zebra:
-
Haben Sie auch manchmal Angst vor dem was kommt?
- Christian Zeitz:
-
Angst habe ich keine. Aber ich bin inzwischen 28 Jahre alt und muss doch
schon mal mit einem Auge auf die Zukunft schauen und mir Gedanken machen,
wie es weiter geht.
- Zebra:
-
Was wären Sie heute, wenn Sie sich nicht Profi-Handballer geworden wären?
- Christian Zeitz:
-
Ich würde sicherlich noch in Heidelberg wohnen. Aber der Prozess zum
Profi-Handballer hat sich ja nicht erst seit ich in Kiel bin entwickelt.
Ich habe schon als Kind und Jugendlicher viel Freizeit geopfert, um mein
Ziel - den Profisport - zu erreichen. Aus diesem Grund kann ich gar
nicht so genau auf die Frage antworten. Sport war auf jeden Fall schon
immer meine Leidenschaft, vielleicht wäre ich in einer anderen Sportart
genauso erfolgreich oder würde in irgendeinem Büro sitzen.
- Zebra:
-
Haben Sie Träume?
- Christian Zeitz:
-
Ja. Jeder hat Träume und Ziele, aber die möchte ich nicht preisgeben.
- Zebra:
-
Sie gelten als jemand, der polarisiert. Die Stimmung ist Ihnen gegenüber oft nicht fair...
- Christian Zeitz:
-
Mittlerweile kann ich mit der Stimmung zum Beispiel in der Flensburger
Campushalle ganz gut leben. Ich weiß, was da abgeht. Wenn ich dann aber
auf der Bank sitze und hinter mir Leute mich aufs Übelste beleidigen,
muss ich mich natürlich auch mal umdrehen und einen Spruch zurück bringen.
Es kann sogar in fremden Hallen öfter vorkommen, dass ich 60 Minuten
ausgepfiffen werde und dann die Leute nach dem Spiel ein Autogramm von
mir wollen. Da muss ich dann schon schmunzeln. Man sollte schon zwischen
Sport und dem Privaten unterscheiden können.
- Zebra:
-
Nehmen Sie die Stimmung in der Sparkassen-Arena noch wahr?
- Christian Zeitz:
-
Na klar! Beim Einlaufen in die Halle, wenn die Fans während des Spiels
rufen oder frenetisch applaudieren - das bekomme ich schon mit.
- Zebra:
-
Wie gut tun solche Anfeuerungen aus dem Publikum?
- Christian Zeitz:
-
Wenn die Anfeuerungen und Rufe ernst gemeint sind, freue ich mich
natürlich darüber. Aber mir ist zu Ohren gekommen, dass die Anfeuerungsrufe
für mich teilweise ironisch gemeint gewesen sein sollen. In diesem Fall
sollten die Zuschauer es dann doch lieber ganz unterlassen (lacht).
- Zebra:
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Welche Seite des Christian Zeitz kennen viele Menschen noch nicht?
- Christian Zeitz:
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Die menschliche Seite! Viele sehen nur den Christian auf dem Spielfeld,
der mit ernster Miene, kaum lächelnd und ohne Emotionen über das Parkett
läuft. Die meisten haben dann schnell das Vorurteil, dass ich arrogant
und eingebildet sei. Viele merken erst wenn sie mich persönlich kennengelernt
haben, dass ich nicht so bin. Dann fällt häufig der Satz: "Du kannst ja
doch lachen!"
- Zebra:
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Menschen urteilen vorschnell - deshalb sind Sie auf den Hund gekommen?
- Christian Zeitz:
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Der Hund ist der beste Freund des Menschen. Ich wollte schon als kleines
Kind einen Hund haben. Ich habe mir schon damals fest vorgenommen, mir
einen Hund zuzulegen, wenn ich "groß" bin. Ich hatte früher einen
Kanarienvogel, mein Vater hat hunderte von Brieftauben. Aber leider
kann man zu denen nicht so eine Beziehung aufbauen wie zu einem Hund.
(Das Gespräch führte Annika Stöllger, aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", von living sports)