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03.06.2009 Interview

KN-Interview mit Alfred Gislason: "Wir erleben beim THW Kiel eine echte Zäsur"

Alfred Gislason zieht nach der Niederlage in Ciudad Real eine Saison-Bilanz

Aus den Kieler Nachrichten vom 03.06.2009):

Alfred Gislason
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Kiel - Mallorca sollte die Tränen der THW-Spieler nach der 27:33-Last-Minute-Niederlage im Champions-League-Finale bei BM Ciudad Real trocknen. Trainer Alfred Gislason flog mit Frau Kara am Montag nach Kiel zurück, um Abstand von der bitteren Stunde in der Quijote-Arena zu suchen. Gislason zog in den Kieler Nachrichten ein Saisonfazit.
Mit THW-Trainer Alfred Gislason sprach Reimer Plöhn.
Kieler Nachrichten:
Herr Gislason, wenn es geklappt hätte mit dem Champions-League-Sieg, wären sie gleich in Ihrem ersten THW-Jahr mit dem Gewinn des Triples zur Legende geworden. Sind sie jetzt sehr enttäuscht?
Alfred Gislason:
Natürlich ist es bitter, so zu verlieren. Die Enttäuschung ist groß, aber es war kein Versagen. Sportlich haben wir trotzdem eine erfolgreiche Saison gespielt, stellen vermutlich einen neuen Punkte-Rekord auf. Trotzdem, das Triple hätte mir ganz sicher noch viel besser gefallen.
Kieler Nachrichten:
Wie kam es zu diesem eklatanten Einbruch nach der 20:16-Führung?
Alfred Gislason:
Omeyer hat in der ersten Halbzeit großartig gehalten, dann haben wir den Vorsprung zu schnell aus der Hand gegeben. Wir haben einfach nicht die Chancen genutzt, haben auch keine doppelte Besetzung wie Ciudad Real. Es kam kein Druck mehr aus dem Rückraum. Man muss aber auch besser spielen. Hinzu kamen die unsportlichen Dinge, die Verzögerungen, Konfettiwürfe, Provokationen. Das alles war kein Zufall. Ich will Talant Duschebajew nicht für seine Ausfälle kritisieren. Aber wenn man das zulässt, passiert es eben.
Kieler Nachrichten:
Die Niederlage ist für den THW nicht leicht, aber fällt der Weggang des Trios Stefan Lövgren, Nikola Karabatic und Vid Kavticnik nicht noch schwerer ins Gewicht?
Alfred Gislason:
Richtig, alle drei sind Weltklasseleute, nicht zu ersetzen. Wir erleben in Kiel eine echte Zäsur. Mit Ilic, Sprenger und Palmarsson kommen aber neue Leute. Es geht weiter. Ich kann keine Prognose abgeben, aber es wird eine gewisse Zeit dauern, um die Standards zu erhalten. Wichtig wird auch sein, dass unsere erfahrenen Spieler deutlich mehr Verantwortung übernehmen. Leute wie Filip Jicha oder Kim Andersson zum Beispiel. Es hätte übrigens keinen Zweck gehabt, Nikola mit Gewalt in Kiel zu halten, hätte er bleiben müssen, wäre er künftig nicht mit 100 Prozent bei der Sache gewesen. Wir haben alles versucht, aber er wollte unbedingt weg. So war es besser, sich zu trennen.
Kieler Nachrichten:
Welcher Weggang trifft den THW am schwersten?
Alfred Gislason:
Alle drei sind hart. Aber aus meiner Sicht trifft es den THW am stärksten, dass Uwe Schwenker nicht mehr Manager sein wird. Das hat ausdrücklich nichts mit Uli Derad zu tun, der am 1. Juli das Amt übernimmt.
Kieler Nachrichten:
Wer wird Karabatic oder Lövgren auf der Mittelposition ersetzen?
Alfred Gislason:
Drei Spieler kommen in Frage. Börge Lund, Filip Jicha und Aron Palmarsson, unser 18-jähriger Neuzugang aus Island. Er gilt als eines der weltbesten Talente. Allerdings wird auch Aron seine Zeit benötigen, um sich an die Bundesliga zu gewöhnen. Er hat tolle Spiele in der Nationalmannschaft gemacht, aber es ist ein großer Schritt.
Kieler Nachrichten:
Hat es bei Ihnen Momente gegeben, in denen Sie nach dem Personalwechsel über Ihre eigene Zukunft beim THW nachgedacht haben?
Alfred Gislason:
Nein, überhaupt nicht. Ich habe zwar unter anderen Voraussetzungen in Kiel angefangen, aber mir noch keine Gedanken über meine Zukunft gemacht. Ich bin und bleib' Trainer in Kiel.
Kieler Nachrichten:
Heute spielt der THW in der Bundesliga bei TuSEM Essen. Ihre Spieler kommen direkt von einem Kurzurlaub aus Mallorca. Wie fit erwarten Sie die Jungs?
Alfred Gislason:
Frisch werden sie wohl nicht sein, aber ich rechne damit, dass sie sich Mühe geben und gewinnen werden. Dann ist der neue Punkterekord der Liga perfekt. Ich selbst komme alleine aus Köln. Dort habe ich noch eine Wohnung aus Gummersbacher Zeiten. Ich zahle noch bis zum August Miete und will schauen, ob da nicht schon ein anderer wohnt (Gislason schmunzelt).
Kieler Nachrichten:
Wie sieht Ihr Saisonfazit aus?
Alfred Gislason:
Natürlich bin ich im Moment noch sehr enttäuscht. Aber hätte mir jemand im August 2008 gesagt, dass wir das Double und den Supercup gewinnen, außerdem ins Finale der Champions League einziehen: Ich wäre sehr zufrieden gewesen.
(Das Gespräch führte Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 03.06.2009)


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