31.05./02./03.06.2009 - Letzte Aktualisierung: 03.06.2009 | Champions League |
Update #3 | Spanische Pressestimmen, KN-Spielbericht, KN-Kommentar, Stimmen und Fotos ergänzt ... |
Drei Minuten fehlten zum großen Triumph: Leere Blicke auf der Bank des THW Kiel.
©
fotograf-kiel.de |
Am Rücken verletzt und vom Fieber geschwächt: Filip Jicha.
©
fotograf-kiel.de |
15 Paraden zeigte Thierry Omeyer in der ersten Hälfte. Am Ende konnte
auch er die Niederlage nicht verhindern.
©
fotograf-kiel.de |
Kein Durchkommen für Nikola Karabatic.
©
fotograf-kiel.de |
Ihm blieb der große Triumph zum Ende einer einzigartigen Karriere versagt: THW-Kapitän Stefan Lövgren.
©
fotograf-kiel.de |
Nun gilt es, sich wieder aufzurichten. Denn bereits am Mittwoch kann der THW mit einem Erfolg in Essen einen neuen Punkterekord in der TOYOTA Handball-Bundesliga aufstellen, ehe zum Saisonfinale am 6. Juni gegen die SG Flensburg-Handewitt die große Saisonabschlussfeier einer nahezu perfekten Spielzeit stattfindet. Dann ist es auch Zeit, danke zu sagen für eine denkwürdige Leistung in dieser Saison - schade, dass dabei der größte Pokal fehlen wird ...
(Christian Robohm)
Hier geht's zu weiteren Fotos vom Spiel...
Lesen Sie auch den Spielbericht der Kieler Nachrichten,
den KN-Kommentar von Reimer Plöhn,
den KN-Bericht
5500 Spanier wetterten gegen Thierry Omeyer sowie
KN-Artikel "Amigo wollte nicht mehr "amigo" sein".
Wir waren sehr nah dran. Wir waren die bessere Mannschaft. Leider haben wir eine klare Führung verworfen. Wir haben uns um den Lohn der eigenen Arbeit gebracht.
Wir haben am Ende unsere Linie verloren, nicht mehr den Zug zum Tor gehabt. So darf man hier nicht spielen. Das ist sehr bitter. Wenn man will, kann man die Zukunft beim THW negativ sehen, ich sehe sie positiv. Es kommt die Chance zum Neuanfang.
Ich habe die ganze Zeit daran gedacht, dass wir es schaffen werden. Auch am Ende noch. Wir haben zwei Titel gewonnen, aber diese Niederlage macht mich sehr traurig. Noch trauriger macht mich rückblickend aber, was alles im Umfeld des THW passiert ist.
Fantastisch dieser Sieg. Klar, tun mir die Kieler leid. Aber ich lebe und spiele noch hier, deshalb feier ich heute. So ist das nun mal im Sport.
Ich bin sehr traurig. Aber wir sind an dieser Niederlage auch selbst Schuld. In der zweiten Halbzeit haben wir uns das Spiel von den Spaniern aufzwängen lassen, nicht mehr unsere Stärken ausgespielt. Kein Tempospiel, keine schnelle Mitte. So konnten wir nicht mehr bestehen.
Ich bin sehr enttäuscht. Auch von mir selber. Ich habe der Mannschaft nicht helfen können, ich bin einer der Verlierer dieses Spieles. Es tut mir so Leid.
Das ist eine riesige Enttäuschung. Die Schiri-Entscheidungen am Ende fand ich etwas eigenartig.
Knapp ist die HSG Nordhorn-Lingen im Pokalsieger-Cup am spanischen Vertreter Pevafersa Valladolid gescheitert. Nach dem 31:30-Erfolg von Peter Gentzel und Co. verhinderte die knappe 23:24-(10:15)-Niederlage in Spanien den zweiten Europapokalerfolg des Bundesliga-Zwangsabsteigers in Folge. Nach zwei dramatischen Partien hatten die Spanier mit den mehr erzielten Auswärtstreffern das bessere Ende für sich. Verjans hatte kurz vor Schluss die Möglichkeit, den alles entscheidenden Treffer zu erzielen, er wurde jedoch abgedrängt. Der abschließende Freiwurf von Przybecki brachte nichts mehr ein.
Im EHF-Pokal haben zwei Ex-Zebras den Titel gewonnen: Viktor Szilagyi, Adrian Wagner und Co. feierten nach dem 29:28-Erfolg im Hinspiel gegen den slowenischen Spitzenclub RK Velenje vor 12.000 Zuschauern in der Lanxess-Arena auch im Rückspiel einen Sieg. Durch das 26:22 (16:8) holte der VfL Gummersbach den zweiten EHF-Pokal-Sieg seiner Geschichte. Gleichzeitig war dies der sechste EHF-Pokaltriumph einer deutschen Mannschaft in Folge.
Aus den Kieler Nachrichten vom 02.06.2009:
Tränen statt Jubel, auch die mitgereisten rund 400 Fans waren lange fassungslos und emotionslose Zuschauer von Sektfontänen, Konfettiregen und spanischen Jubelorgien bei der abschließenden Siegesfeier in der Hölle "Quijote-Arena". Während Mäzen und Milliardär Domingo Diaz de Mera jeden "seiner" Spieler umarmte, bahnte sich Matchwinner Olafur Stefansson mit Trainer Talant Duschebajew den Weg zur abschließenden Pressekonferenz eine Etage über der Spielfläche. Dort wartete THW-Coach Alfred Gislason, den Blick starr auf die Spielstatistik gerichtet, bemüht seine Enttäuschung zu verbergen.
Dicke Tränen kullerten indes beim Sieger. Olafur Stefansson blickte hinüber zu seinem isländischen Landsmann und begann hemmungslos zu weinen. "Dieser Sieg ist das perfekte Ende einer sehr schönen Zeit in Spanien, ich habe in einer großartigen Mannschaft mit einem großartigen Trainer spielen dürfen. Das ist jetzt vorbei", schluchzte der 35-jährige Linkshänder, der ab Juli 2009 das Trikot der Rhein-Neckar Löwen tragen wird. Wieder einmal war Stefansson zum Schreckgespenst für die Kieler Abwehr geworden. 2008 hatte er die "Zebras" beim Sieg in Kiel mit zwölf Toren fast im Alleingang mürbe geworfen und Ciudad Real den zweiten Triumph in der Königsklasse gesichert. Sechs Tore steuerte Stefansson bei der Revanche 2009 in Kiel bei, achtmal traf er am Sonntag in eigener Halle. Dabei war er jedes Mal für die letzten, alles entscheidenden Tore verantwortlich. Seinen ersten Titel hatte der Isländer 2002 mit dem SC Magdeburg gewonnen, Trainer war Alfred Gislason, Landsmann und Freund aus Island. "Ich kann den Schmerz von Alfred nachempfinden, es tut weh", stammelte Stefansson, "und ich wünschte mir, dass auch die Kieler feiern könnten." Auch sie hätten den Pokal verdient gehabt, "alle 30 Spieler, die dabei gewesen sind, das waren zwei Spiele zwischen Mannschaften auf absolut gleichem Niveau." Alfred Gislason blickte die ganze Zeit in die Journalistenschar. Er habe sich nicht getraut, zu Olafur rüber zu schauen, sagte der THW-Coach. Später, als er die Quijote-Arena verließ sagte er noch: "Es ist nicht leicht, gegen jemanden zu spielen, den man liebt."
Auch die Kieler Spieler schämten sich ihrer Tränen nicht nach diesem denkwürdigen Spiel. Filip Jicha lag zwischen jubelnden Spaniern wie im Koma, Nikola Karabatic ebenfalls regungslos im leeren Tor, Dominik Klein wischte sich Tränen aus dem Gesicht, Stefan Lövgren tat es schon vor dem Abpfiff. Da waren noch 20 Sekunden zu spielen, bei Ciudad-Ballbesitz und deren 33:27-Führung. Alle Kieler hatten die Fassung verloren nach den unglaublichen Ereignissen, die in den letzten 20 Spielminuten über den THW hinweggefegt waren. 20:16 hieß es nach 39 Minuten - für Kiel, in der Gesamtrechnung lagen die "Zebras" mit neun Toren vorn. Doch die Publikumsbeschimpfungen, die unentwegten Provokationen von Trainer Talant Duschebajew, Störungen durch Papierschnipsel - die Spanier zogen jetzt alle Register.
Trotzdem, was sollte noch geschehen? Thierry Omeyer hatte den Spaniern in der ersten Halbzeit mit unglaublichen Reflexen und 16 Bällen den Zahn gezogen, vorne agierten seine Mitspieler ordentlich, mehr nicht. Hätten sie ihre Chancen besser verwertet, wäre mehr herausgekommen als der 14:13-Halbzeitvorsprung. Das klappte zu Beginn der zweiten Hälfte besser: 20:16. Dann geschah das Unfassbare. Kein Druck aus dem Rückraum, Kim Andersson und Christian Zeitz auf der rechten Seite fast ohne Wirkung, Filip Jicha links ein Ausfall. Stefan Lövgren konnte nicht helfen, Nikola Karabatic, einziger Spieler von dem Gefahr ausging, wurde kurzgedeckt. Ciudad Real führte 27:24, Hoffnung kam noch einmal durch zwei Karabatic- Tore zum 27:26 auf, doch am Ende brachen alle Dämme. 6:1 gewann Ciudad die Schlussphase, in ohrenbetäubendem Lärm.
Seit gestern lassen Lövgren und Co ihre müden Beine auf Mallorca baumeln: Frustbewältigung und Abschiedsparty für Lövgren, Karabatic und Kavticnik. Morgen wartet TuSEM Essen in der Bundesliga, und am Sonnabend wollen die "Zebras" doch noch feiern: Gemeinsam mit ihren Fans das Double und eine denkwürdige Saison 2008/2009.
(Von Reimer Plöhn und Frank Molter, aus den Kieler Nachrichten vom 02.06.2009)
Aus den Kieler Nachrichten vom 02.06.2009:
Wie der Sieg ist auch die Niederlage untrennbar mit dem Wesen des Sports verbunden. Diese Erkenntnis wird Spieler und Fans nicht trösten. Jene Mannschaft, die so nahe dran war am Triple, die auf dem Parkett als "Leuchtturm" mit großartigem Spiel ablenkte vom Manipulationsskandal, kam ausgerechnet auf der Zielgeraden ins Stolpern.
Es fehlten Kleinigkeiten, aber zum Scheitern trugen auch Fisimatenten des Gastgebers bei: Provokationen, Beschimpfungen, Unfairness. Zustände, die in der Bundesliga unvorstellbar wären. Irgendwann brachen die "Zebras" unter diesem Druck zusammen. Schlechte Manieren setzten sich durch.
Noch bitterer ist, dass diese Mannschaft auseinanderfällt. Stefan Lövgren, Nikola Karabatic und Vid Kavticnik werden fehlen. Drei prägende Figuren, die den Stil bildeten und das Sieger-Gen in sich tragen. Der THW wird sich mit seinen Zugängen neu finden müssen - Geduld ist jetzt gefragt.
Keine Geduld lässt das Schiedsrichterproblem zu. Mittelpunkt aller Fan-Diskussionen in Ciudad Real war die Ansetzung: "Wer pfeift das Spiel?" Kein Wort über den Gegner, kein Wort über Taktik oder Chancen. Der Sport nur als Randgeschehen. Wird das Schiedsrichterproblem nicht schnell grundlegend beseitigt, verliert der gesamte Handball.
(Von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 02.06.2009)
Eine Aufholjagd für die Ewigkeit! Kiel hatte am Ende keine Lösung mehr parat. In der Offensive erblindete es gegen Sterbik, in der Abwehr zerbrach es gegen spanische Hagelschauer aus Hoffnung.
Nichts ist unmöglich, wenn Hoffnung den Weg weist. Die unvergessliche Aufholjagd verwirklichte einen scheinbar unmöglichen Traum. Beim 16:20 schien dieser zu verpuffen. Duschebajew und Co haben trotzdem nicht den Glauben an sich verloren. Dabei hatte Kiel den Pott doch schon in der Hand.
Der König bleibt der König. Noch nie brüllte die Arena so wie am Sonnabend. Omeyer hat Team und Fans erschreckt und damit den Zorn auf sich gezogen. Dass er nicht für seine ungeheuerliche Leistung belohnt wurde, lag daran, dass Kiel den Titel nicht verdient hatte. Ciudad Real ist nicht nur die eingeschworenere, sondern auch bessere Mannschaft.
Es gibt noch Wunder, zumindest in der Quijote Arena. Omeyer hat gezeigt, dass er der beste Torwart der Welt ist. Dann wurde er wieder menschlich und seine Paraden waren nur noch Ausnahmen. Einzig Karabatic konnte am Ende dagegenhalten.
(31.05./02./03.06.2009) | Ihre Meinung im Fan-Forum? |