22./23.02.2009 - Letzte Aktualisierung: 23.02.2009 | Champions League |
Update #2 | KN-Spielbericht, weitere Stimmen, Spielbericht, Fotos und Statistik ergänzt... |
Grenzenloser Jubel bei Zuschauern und Spielern: Kim Andersson und Dominik Klein feiern den Sieg über den Titelverteidiger. |
Beeindruckendes Bild: Die schwarzen und weißen Papptafeln bildeten vor dem Abpfiff Zebrastreifen in den unteren Rängen und einen "THW KIEL"-Schriftzug im vierten. |
Die erste personelle Hiobsbotschaft gab es für den THW dabei bereits am Samstag, denn Stefan Lövgren zog sich im Abschlusstraining einen Muskelfaserriss zu und wird den Zebras damit vermutlich zwei Wochen lang nicht zur Verfügung stehen. Da auch der Langzeitverletzte Börge Lund noch nicht wieder mitwirken konnte, mussten die Kieler hoffen, dass der angeschlagene Nikola Karabatic die 60 Minuten durchsteht.
In der ersten Halbzeit kaum zu stoppen: Nikola Karabatic erzielte fünf seiner sechs Treffer in den ersten zwanzig Minuten. |
Als Chema Rodriguez beim Stand von 9:8 für die Kieler einen Heber von außen versuchte, der eine leichte Beute für Omeyer wurde, gelang Andersson im Gegenzug die erste Zwei-Tore-Führung der Partie. Zwar verkürzte Stefansson per Siebenmeter, doch nach einem Strafwurf von Kavticnik, einem Ballverlust von Entrerrios, einem starken Kieler Block und zwei daraus resultierenden schnellen Gegenstößen durch Andersson war der THW Kiel plötzlich mit 13:9 vorne - die Halle tobte.
Dominik Klein erzielte vier Treffer. |
Aufatmen konnte man nach der Pause, denn nach dem Seitenwechsel konnte Karabatic wieder mitspielen. Thierry Omeyer kam nun mit den Würfen seines Nationalmannschaftskollegen Fernandez besser klar und parierte gleich zweimal, während Ahlm, zweimal Andersson, Karabatic und endlich auch Kavticnik mit seinem ersten Feldtor den Kieler Vorsprung auf 19:15 ausbauten. Ciudad Real aber ließ sich noch nicht abschütteln, Laen und Stefansson per Siebenmeter verkürzten wieder. Nach schönem Anspiel Jichas auf Klein sorgte der deutsche Linksaußen für das 20:17, und wenig später hätte der Tscheche per Gegenstoß eigentlich wieder auf vier Tore Vorsprung erhöhen müssen, doch scheiterte er ein weiteres Mal an Sterbik. So engagiert Jicha die Abwehr dirigierte, so unglücklich agierte er im Angriff - zumindest bislang.
Ein ums andere Mal setzte sich Kim Andersson gegen Siarhei Rutenka durch. |
Ciudad Real aber kämpfte weiter um den Anschluss, kam durch Entrerrios und Källman beim 24:23 (47.) wieder bedrohlich nahe - doch es sollte der letzte Gästetreffer für nahezu zehn Minuten bleiben. Die Kieler trumpften jetzt noch einmal groß auf: Weltklasse das Anspiel von Andersson auf Filip Jicha an den Kreis, der den Ball mit einem tollen Dreher an Sterbik zum 25:23 vorbeilegte. Sensationell, wie die Kieler nun in der Deckung standen, die Spanier zur Verzweiflung brachten, um dann die Fehler des Titelverteidigers durch Gegenstöße Kavticniks eiskalt bestraften. Begeisternd, als Dominik Klein den Ball von außen über den Hünen Sterbik hob, ehe das Leder von Pfosten zu Pfosten und letztlich ins Tor sprang. Wahnsinnig, wie Kim Andersson sich einen Wurf aus 11 Metern nahm und ihn mit 115 km/h in die Maschen schleuderte. Mindestens genau so wahnsinnig war aber auch die Reaktion des schwachen Rutenka auf den Treffer: Der ehemalige Weißrusse und Slowene ließ sich zu einer Tätlichkeit gegen den Torschützen hinreißen, welche von Hakansson/Nilsson allerdings nicht gesehen wurde. Das Pfeifkonzert der Kieler Zuschauer gegen Rutenka endete aber nur wenige Sekunden später, als der Rückraumspieler ein weiteres Mal an Omeyer scheiterte und nach einem vergleichsweise harmlosen Schubser gegen Karabatic plötzlich des Parketts verwiesen wurde - Konzessionsentscheidung der schwedischen Referees.
Sicher vom Punkt und insgesamt sieben Mal erfolgreich: Vid Kavticnik. |
(Sascha Krokowski)
Hier geht's zu weiteren Fotos vom Spiel...
Lesen Sie auch den Spielbericht der Kieler Nachrichten.
Ich bin sehr stolz auf die Mannschaft. Ich bin zufrieden, gerade weil wir im Vorfeld des Spieles mit dem Muskelfaserriss von Lövgren, aber auch während des Spiels mit dem angeschlagenen Karabatic Probleme hatten. Bei Karabatic wussten wir nicht, wie lange er durchhalten kann - gut, dass er bis zum Ende auf die Zähne gebissen hat. Die Abwehr stand heute sehr gut, und Titi war super. Im Angriff haben wir bis auf eine kurze Phase am Ende der ersten Hälfte überlegt gespielt. Auf der anderen Seite muss man aber auch sehen, dass Ciudad Real mit Didier Dinart der beste Abwehrspieler der Welt fehlte. Das ist auch für Ciudad ein großer Verlust. Heute bin ich beinahe rundum glücklich, aber in Ciudad Real erwartet uns noch ein schweres Rückspiel.[gegenüber den KN:]
Die Niederlagen aus dem Finale und von der Champions-Trophy in Veszprem lagen wie ein Trauma auf meinem Team. Das haben wir mit vielen Gesprächen und Videosequenzen ausgemerzt. Es ging um taktische Dinge, vor allem in der Abwehr. Über diesen Sieg bin ich sehr froh.
Ich bin enttäuscht von dem Ergebnis. Mit drei Toren Unterschied zu verlieren, wäre in Ordnung gewesen. Aber sieben Tore sind - egal gegen welche Mannschaft - zuviel. Wir haben nicht so gekämpft, wie ich es mir erhofft hätte. Kiel hingegen hat sechzig Minuten lang gut gearbeitet und gekämpft. Zudem hat Thierry Omeyer gezeigt, warum er neben Arpad Sterbik der weltbeste Torhüter ist. Uros Zorman hat nicht gespielt, weil wir zuviele Spieler haben. Dinart, Urios und Davis waren verletzt - also musste ich noch auf einen weiteren Spieler verzichten. Und das war heute eben Zorman.Zur Roten Karte für Rutenka: Das war eine Dummheit von seiner Seite. Allerdings war das Gerangel mit Nikola Karabatic höchstens eine Zwei-Minuten-Strafe und niemals eine Rote Karte. In jedem Spiel gibt es solche Situationen, wenn es dafür jedes mal "Rot" gibt... Vielleicht hat Siarhei überreagiert, weil es bei ihm nicht wie erhofft lief. Natürlich werden wir für solch eine unsportliche Kleinigkeit bestraft. Schlimm wäre es gewesen, wenn er in einem Viertel- oder Halbfinale Rot gesehen hätte.
Es war ein tolles Spiel. Ciudad Real zu schlagen, ist groß. Wir haben toll gekämpft und schnell nach vorn gespielt, in der Abwehr haben wir mit viel Aggressivität agiert. Ein verdienter Sieg - wir haben ein gutes Spiel abgeliefert.[gegenüber Eurosport:]
Wir haben sehr gut in der Abwehr gestanden und Aggressivität gezeigt. Wir haben sehr gut gespielt, auch vorne.[Frage: Ihr Freund Jerome Fernandez hat Sie ja mit einigen Aufsetzern geärgert...]
Er kennt mich sehr gut, aber ich habe auch einige gehalten, insgesamt ging es unentschieden aus. Jerome und ich sind gute Freunde, aber wenn wir uns in einem Spiel treffen, gibt es für eine Stunde keine Freundschaft. Hinterher ist wieder alles ok und wir trinken ein Bier. Der THW und Ciudad Real werden weiter kommen, ich hoffe, dass wir uns erneut im Finale treffen.
Ich bin enttäuscht, dass wir so hoch verloren haben. Kiel hat super gespielt, wenig Fehler im Angriff gemacht und konsequent in der Abwehr gespielt. Man hat gesehen, warum der THW die Nummer eins in Deutschland ist. Aber wir können uns noch steigern - wenn man es so will, ist das eine ähnliche Situation wie vor dem Finalrückspiel im Mai. Unser Team muss zeigen, wie stark wir wirklich sind.
Kompliment an die Mannschaft. Das war eine Energieleistung. Die Messe ist aber noch nicht gelesen. Uns erwartet ein super schweres Rückspiel bei Ciudad Real.
Wir haben super in der Deckung gestanden und verdient auch in der Höhe gewonnen.
Wir müssen zu Hause perfekt spielen, um Kiel zu schlagen. Heute haben wir zu viele Fehler im Angriff gemacht.
Das Ergebnis ist nicht realistisch. Jetzt wollen wir Barca und Kiel zu Hause schlagen.
Da kann man mal sehen, wie schnell ein hohes Ergebnis auch zwischen Spitzenteams zustande kommen kann. Kiels Sieg war verdient.
Heute waren wir von der ersten Sekunde an hellwach, außerdem hat Titi Omeyer überragend gehalten. Das war die erste gute Abwehrleistung seit der WM. Dieser Sieg hat uns viel fürs Selbstvertrauen gebracht.
Man bekommt nicht so oft die Gelegenheit, gegen ein Spitzenteam wie Ciudad Real zu spielen, das motiviert sehr. Heute haben wir alle eine sehr hohe Torquote erreicht, das ist gegen ein Klasseteam wie Ciudad notwendig, um zu bestehen.
Ebenfalls bereits am Mittwoch waren die Rhein-Neckar Löwen im Einsatz und kassierten dabei ihre allererste Niederlage in der Königsklasse: Beim französischen Spitzenclub Chambery Savoie HB unterlag man mit 23:25 (12:11), hat mit 4:4 Punkten und zwei noch ausstehenden Heimspielen das Weiterkommen in eigener Hand. Für den Gruppensieg benötigte man allerdings nun Schützenhilfe aus Zagreb, denn Chambery liegt mit 8:0 Zählern in der Gruppe 2 vorne.
Auch die SG Flensburg-Handewitt kann wieder auf die K.O-Runde hoffen. Im zweiten deutsch-spanischen Duell des Sonntags setzte sich der Vizemeister mit 31:26 (14:14) gegen Ademar Leon durch. Flensburg weist nun 4:4 Punkte in der sehr ausgeglichenen Gruppe 3 auf und wahrte damit die Chance auf den Viertelfinaleinzug.
Alle Ergebnisse des CL-Spieltages finden Sie hier.
Im Pokal der Pokalsieger hat die Mannschaft von EHF-Cupsieger HSG Nordhorn-Lingen trotz drohender Insolvenz bereits das Viertelfinale erreicht. Die Grafschafter kauften den Isländern das Heimrecht ab und spielten daher beide Partien bereits am vergangenen Wochenende: Das Hinspiel am Freitag in Lingen gewann die HSG mit 34:21 (18:12), beim Rückspiel am Sonntag in Nordhorn gewann man zum Abschied von Holger Glandorf mit 38:31 (15:18).
Glandorfs neuer Club, der TBV Lemgo, hat im EHF-Pokal hingegen denkbar knapp das Viertelfinale verpasst. Nach der 23:26-Auswörtsniederlage beim dänischen Club Bjerringbro-Silkeborg gewannen die Lipperländer am Mittwoch zwar das Rückspiel mit 28:25 (11:12), schied aufgrund der mehr kassierten Heimtore aber gegen den Club von Milutin Dragicevic aus.
Damit ist der VfL Gummersbach der einzige Bundesliga-Vertreter im Viertelfinale des EHF-Cups. Im rein deutschen Duell mit dem SC Magdeburg demontierte man die Bördestädter in ihrer eigenen Halle am Samstag mit 30:20 (10:8), nachdem man bereits das Hinspiel in der Vorwoche mit 26:24 für sich entscheiden konnte.
Aus den Kieler Nachrichten vom 23.02.2009:
So steht der THW nach beeindruckender Energieleistung und seinem wohl besten Saisonspiel als Viertelfinal-Teilnehmer der Champions League fest. Im Kampf um den Hauptrunden-Gruppensieg war es allerdings erst ein Etappenerfolg. Sieben Tore sind ein schönes Polster für das Rückspiel am 7. März in der spanischen Provinz. Aber der spanische Stier zeigte sich nach der Demütigung gereizt und angriffslustig. Die Niederlage habe sehr weh getan, presste Ciudad-Coach Talant Duschebajew aus schmalen Lippen und mit blitzenden Augen heraus. "Mal sehen, was in 14 Tagen alles möglich ist."
Während die "Zebras" nach kurzer Erfrischungspause zu ihren Fans zurückeilten, sperrte Duschebajew seine Crew in der Kabine ein. Eine gute Viertelstunde dröhnte seine Gardinenpredigt durch die Umkleiden. Mindestens dreimal fiel das Wort "cojones" (Eier). Am Ende des Vortrages schlichen geknickte Weltklasse-Handballer wortlos zu den Aufzügen Richtung VIP-Räume. Die Enttäuschung war riesig, "kein Kommentar" die monotonen Antworten.
Stefan Lövgren mit Muskelfaserriss aus dem Abschlusstraining nur Zuschauer auf der Ersatzbank, Nikola Karabatic mit Kniebeschwerden und einer Knöchelverstauchung angeschlagen: Die Voraussetzungen für den späteren THW-Triumph waren zunächst nicht rosig. Er sei sehr erleichtert gewesen, dass Karabatic in der zweiten Halbzeit auf die Zähne gebissen und durchgehalten habe, sagte THW-Trainer Alfred Gislason, "sonst hätte ich in der Kürze der Zeit keine Alternative für die Mittelposition auf die Beine bekommen."
Für negatives Denken war indes kein Platz im THW-Team. Die "Zebras" stürmten entschlossen auf das Parkett, ihre Körpersprache ließ keinerlei Zweifel Raum. In der Abwehr packten sie von der ersten Sekunde an fest zu, schlossen auf schnellen Beine Lücken und wussten hinter sich einen Thierry Omeyer im Tor, der stark begann und nach kurzer Schwächephase in den Schlussminuten zum Matchwinner avancierte. Gestern entschied der französische Olympiasieger das direkte Duell gegen Arpad Sterbik, "Zebra"-Schreckgespenst in den vergangenen Spielen, deutlich für sich.
Entscheidend aber war der Wille zum Sieg, die Bereitschaft, alles dafür zu tun, von der knüppelharten Gangart der Spanier ließen sich die Kieler keine Sekunde beeindrucken. Marcus Ahlm, der gestern für den verletzten Lövgren die Kapitänsbinde trug, kämpfte am Kreis mit Pajovic, Morros und Fernandez um jeden Zentimeter. Der Rückraum mit Nikola Karabatic, Kim Andersson und Filip Jicha agierte druckvoll, zugleich aber geduldig, produzierte nur wenige Fehler und erledigte das Torewerfen praktisch als Staffellauf. Karabatic (6 Tore) startete, Andersson (7) übernahm den Mittelteil und Jicha (6) führte sein Team in der Schlussphase mit wuchtigen und wichtigen Toren ins Ziel. Dominik Klein (5) von der linken Seite und Vid Kavticnik (7/3) mit Tempogegenstößen und sicher verwandelten Strafwürfen rundeten das starke Kieler Angriffsspiel ab.
Und die Spanier? Ohne ihren verletzten Abwehrchef Didier Dinart fehlte der Abwehr der wichtigste Halt, vorne erreichten nur Källman (5), Fernandez (4) und Stefansson (5) Normalform. Kopfschütteln erntete gar Weltstar Siarhei Rutenka. Als den Spaniern das Spiel aus den Händen glitt, reagierte der Weißrusse mit blanker Gewalt, verpasste Kim Andersson per Faustschlag eine blutige Nase und sah nach einem versuchten Ellenbogencheck gegen Karabatic verdient "Rot".
(von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 23.02.2009)
Aus den Kieler Nachrichten vom 23.02.2009:
Das Pech des Schweden war das Glück von THW-Youngster Tim-Philip Jurgeleit. "Eigentlich wollte ich mir das Spiel in zivil von der Tribüne aus anschauen", erzählte der wie Moritz Weltgen und Daniel Wessig mit einem Zweitspielrecht für den TSV Altenholz ausgestattete 19-Jährige. Dann erreichte ihn gestern jedoch um 14 Uhr telefonisch das Kommando mit "Sack und Pack" am Treffpunkt zu erscheinen. "Obwohl ich wusste, dass ich nicht spielen werde, schlug mein Herz höher", verriet er. In der Bundesliga durfte er bei den "Zebras" schon gegen Minden ran. In der Champions-League wartet er noch auf seine ersten Spielminuten.
Am Sonnabend war Jurgeleit noch mit acht Treffern gegen Hannover-Burgdorf erfolgreich gewesen. Gestern erlebte er das "Duell der Giganten" um Stars wie Stefansson, Karabatic & Co. aus nächster Nähe. "Selbst vom Zuschauen lernt man von solchen Spielern immer etwas", sagte Jurgeleit nach seinem 60-minütigen Anschauungsunterricht. Als Mannschaftsmitglied stand ihm so dann auch ein Fazit zu, das er folgendermaßen formulierte: "Der Sieg war verdient, wenn am Ende auch ein bisschen zu hoch." Dann musste Tim-Philip Jurgeleit zum Auslaufen. Das gehört beim THW dazu. Auch ohne Einsatz.
(von Frank Molter, aus den Kieler Nachrichten vom 23.02.2009)
(22./23.02.2009) | Ihre Meinung im Fan-Forum? |