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06.06.2009 Interview

Zebra-Interview mit Stefan Lövgren: Hej da, Löwe!

Aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", von living sports:

Stefan Lövgren: "Es werden jede Menge Emotionen im Spiel sein."
Klicken Sie für weitere Infos! Stefan Lövgren: "Es werden jede Menge Emotionen im Spiel sein."

Morgen wird beim THW Kiel nichts mehr so sein, wie es einmal war. Das Herz und der Kopf der Zebras hängt seine Handballschuhe für immer an den Nagel: Stefan Lövgren beendet seine einzigartige Karriere. Im ZEBRA-Interview spricht der Kapitän über seinen Abschied aus Kiel.
Noch nie war ein Abschiedsspiel in der Sparkassen-Arena so schnell ausverkauft wie das von Stefan Lövgren. Eine einzigartige Verbeugung der Fans, einer ganzen Stadt vor dem Mann, der das bisher erfolgreichste Jahrzehnt des THW Kiel komplett geprägt hat - keine Frage: Mit Stefan Lövgren verliert die Zebra-Herde ihren Kopf und ihr Herz.

Der 10. März 1999 war ein wichtiger Tag für den THW Kiel. Die Zebras hatten gerade in Wallau-Massenheim einen 25:23-Erfolg gefeiert, doch das war nicht die Meldung des Tages. "Der THW Kiel hat für die nächste Saison einen dicken Fisch an Land gezogen", vermeldete der Verein - damals eine Sensation - auf der eigenen Homepage. "Der 28-jährige Stefan Lövgren hat vom TV Niederwürzbach die Freigabe erhalten und wird ab der Saison 1999/2000 vier Jahre beim THW spielen. " Niederwürzbach war pleite, der Weg frei für Lövgren.

"Er ist einer von wenigen Spielern, die uns weiterhelfen werden", war sich der damalige THW-Manager Uwe Schwenker sicher - er behielt Recht. "Löwe" schlug seine Zelte in Melsdorf auf. Nicht nur für vier Jahre - mehr als zehn Jahre verbrachte der heute 38-Jährige an der Förde. "Wenn mir das damals jemand gesagt hätte, hätte ich ihn für verrückt erklärt", lacht Lövgren heute über die Anfangszeit, nach der er zügig in die großen Fußstapfen des "Jahrhunderthandballers" Wislander treten musste. Lövgren wurde zum Kapitän der Zebras ernannt. "Ich war immer der Typ, der sich gerne um andere gekümmert hat", erzählt der Schwede.

"Die Kommunikation auf dem Feld hat mit Wislander noch besser geklappt - aber Max war kein guter Kapitän. Stefan ist der beste, den ich je erlebt habe, er ist menschlich unantastbar", sagte der ehemalige THW-Trainer Noka Serdarusic über seinen "Schützling".

Aus dem ehemaligen Rückraumschützen ist mit der Zeit ein genialer Stratege geworden, der mit seinem Auge, seiner unglaublichen Passpräzision, unbändigem Willen und Einsatz die Fans zu begeistern weiß. Nikola Karabatic bezeichnete seinen Kapitän sogar als "Vorbild für uns alle". Dieses Vorbild tritt nun von der großen Handball-Bühne ab. Dem Sport bleibt er allerdings erhalten. Mit dem ehemaligen THW-Rechtsaußen Martin Schmidt hat er eine Agentur für Sport und Business gegründet, die unter anderem Spieler und Vereine beraten wird. Und in Schweden kümmert er sich um den Nachwuchs - als Handball-Lehrer an einem Sportgymnasium.

In Melsdorf wird er eine ähnlich große Lücke hinterlassen wie beim THW: Dort trainiert er eine Kinder-Handball-Mannschaft. "Beim ersten Spiel der 'Minis' flossen Tränen, weil die Kinder verworfen oder ins eigene Tor getroffen hatten", lacht Lövgren - gute Laune ist eines der Markenzeichen des Schweden, wenngleich er im ZEBRA-Interview zugibt, dass ihm am Sonnabend im Spiel gegen Flensburg ein schwerer Gang bevorsteht.

Zebra:
Stefan, Welche Gedanken schießen Ihnen vor Ihrem letzten Pflichtspiel durch den Kopf?
Stefan Lövgren:
Oh, das sind schon eine ganze Menge Gedanken, und es wird mit Sicherheit ein ganz besonderes Gefühl sein, ein letztes Mal zu einem "richtigen" Spiel mit den Jungs in die Halle einzulaufen. Zum Glück sind wir schon vorzeitig Meister geworden, so hatte ich schon ein paar Wochen Zeit, mich mit diesem Tag zu beschäftigen. Aber wie es sich genau anfühlen wird, das vermag ich jetzt noch nicht zu sagen. Es werden in jedem Fall jede Menge Emotionen im Spiel sein.
Zebra:
Werden auch Tränen fließen?
Stefan Lövgren:
Das kann gut sein, aber damit habe ich kein Problem. Dafür muss man sich nicht schämen. Für meine Frau und mich geht schließlich ein ganz großer Abschnitt unseres Lebens zu Ende.
Zebra:
Wie hat sich Ihr Leben in diesen zehn Jahren verändert?
Stefan Lövgren:
Wir kamen allein nach Kiel, dann wurden unsere Kinder hier geboren, und wir sind zu einer vierköpfigen Familie geworden. Eltern zu werden, ist wohl die größte Umstellung überhaupt, die man im Leben erfahren kann.
Zebra:
Haben Sie dadurch neue Ansichten gewonnen?
Stefan Lövgren:
Das Leben verändert sich, wenn man Kinder hat. Außerdem bin ich älter geworden, da passiert einiges, und man betrachtet die Welt mit anderen Augen.
Zebra:
Haben Sie auch deutsche Eigenschaften angenommen?
Stefan Lövgren:
Ich war schon vor meiner Zeit in Kiel organisiert und pünktlich, um einmal die üblichen Klischees zu bedienen (lacht). Ich habe mich hier immer wohl gefühlt und hatte nie Heimweh. Vielleicht kann man deshalb behaupten, ich sei auch ein wenig deutsch geworden.
Zebra:
Werden Sie denn umgekehrt in Schweden ein wenig Heimweh nach Kiel verspüren?
Stefan Lövgren:
Das weiß ich natürlich noch nicht. Aber einige Dinge werden uns dann sicher fehlen. Vieles wird allerdings auch bleiben: Freundschaften, Kontakte und nicht zuletzt das schöne Gefühl, an diese tolle Zeit zurückzudenken.
Zebra:
Was waren die Highlights in Ihrem Jahrzehnt beim THW Kiel?
Stefan Lövgren:
So etwas zähle ich nicht in Titeln. Das absolut Größte für mich war es, dass wir mit dem THW Kiel in all den zehn Jahren auf diesem verdammt hohen Niveau gespielt haben. Das erfüllt mich mit Stolz und einer großen inneren Zufriedenheit.
Zebra:
Und gibt es dennoch einen besonderen Moment, der in Ihrem Gedächnis vor allen anderen haften bleiben wird?
Stefan Lövgren:
Ich glaube, dieser Moment wird noch kommen, denn das wird sicher am heutigen 6. Juni sein. Ich will diesen Tag, dieses Spiel und diese Atmosphäre unbedingt in vollen Zügen genießen. Und deswegen bin ich sehr dankbar, dass wir bereits vorzeitig Meister geworden sind - und mir so die Möglichkeit geboten wird, meine Konzentration nicht allein auf das Spiel fokussieren zu müssen.
Zebra:
Gab es dennoch Tiefpunkte?
Stefan Lövgren:
Die eine oder andere bittere Niederlage, einige Verletzungen. Aber davon möchte ich nichts mehr wissen, der Spaß und die Erfolge haben eindeutig überwogen!
Zebra:
Wie sehr wird Ihnen der THW Kiel fehlen?
Stefan Lövgren:
Die Antwort kenne ich noch nicht. Doch das ständige Messen mit den Besten der Zunft wird mir bestimmt fehlen, denn das ist es, was einen als Spitzensportler nach vorne treibt.
Zebra:
In Ihnen wird aber keine Leere entstehen?
Stefan Lövgren:
Wer kann da schon sicher sein. Doch ich habe noch immer das Gefühl, die richtige Entscheidung getroffen und den richtigen Zeitpunkt dafür gewählt zu haben. Ich bin froh, dass sich derzeit alles so wie geplant entwickelt.
Zebra:
Ihre neuen Aufgaben werden Sie auf Trab halten...
Stefan Lövgren:
Das werden sehr schöne und interessante Aufgaben, die mich ganz bestimmt ausfüllen werden. Und was mich besonders freut: So kann ich die Kontakte zum Handball aufrecht erhalten und weiter nutzen.
Zebra:
Ein paar Sätze noch zum Kieler Publikum...
Stefan Lövgren:
Diese Beziehung zwischen uns Spielern und unseren Fans ist nur schwer zu erklären. Die Halle ist permanent ausverkauft, das allein schon ist wohl einmalig. Zudem sucht die Stimmung weltweit ihresgleichen, und immer wenn es darauf ankommt, ist das Publikum in der Lage, noch eine Schippe obendrauf zu legen - und dann brennt die Halle wirklich. Das beflügelt einen als Spieler natürlich sehr, selbst wenn man eigentlich so sehr auf das Spiel fokussiert ist, dass man nicht immer alles andere mitbekommt. Auch dafür bin ich sehr dankbar, dass ich das so lange erleben durfte.
Zebra:
Was erwarten Sie von Ihrem Abschiedsspiel am 8. August?
Stefan Lövgren:
Ich freue mich sehr auf einen tollen Tag mit vielen verschiedenen großartigen Typen in netter Umgebung. Ich habe viele alte Weggefährten eingeladen, die einst Mitspieler oder auch Gegner waren. Uns alle einen aber viele gemeinsame Erlebnisse auf und neben dem Parkett. Viele dieser Handballer sind oder waren nicht nur auf dem Feld große Persönlichkeiten, sie sind es auch noch daneben. Ich denke, das wird ein perfekter Abschiedsabend werden!
(Das Gespräch führte Sascha Klahn, aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", von living sports)


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