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05.09.2009 Bundesliga / TV

KN-Abpfiff: Handball im TV auf Biergarten-Niveau

Aus den Kieler Nachrichten vom 05.09.2009:

Die Handball-Bundesliga hat begonnen und mit dem Startschuss am Mittwoch auch ein neues mediales Zeitalter. Eines, das mit Superlativen protzt, dessen Kompetenz aber fraglich ist.
Das Positive: Das Deutsche Sport-Fernsehen (DSF) bietet mehr Live-Handball als je zuvor. 91 Spiele werden im Free-TV zu sehen sein, weitere 85 im Internet. Das Debüt als Live-Stream gibt es heute zu sehen, wenn Melsungen den THW Kiel empfängt. Die Anmeldung (www.dsf.de) ist einfach, die Preise (2,99 Euro/Spiel, 10 Euro/Monat oder 40 Euro/Saison) sind moderat. Zudem sollen aus dem DSF-Vertrag rund 1,5 Millionen Euro in die Kassen der 18 Erstligisten fließen. Aus der Vermarktung wird jeder Club nun rund 140 000 Euro erhalten und damit 50 000 mehr als zuvor. Mindestens zwei Spiele pro Woche sollen im Free-TV übertragen werden, dazu wird vor dem Dienstags- und dem neuen Sonntagsspiel jeweils ein Magazin ausgestrahlt.

Das Negative: Wenn die Magazine das bisherige Niveau behalten, wäre der Titel "Alles rund ums Auto" passender. So servierten die DSF-Macher vor dem Saisonauftakt mit der SG Flensburg ein Vater-Sohn-Interview mit den Carlens. Innovativ war nur, dass es am Hafen stattfand. Zudem wurden die wenigen Fakten mit Werbespots zerhackt. Gleiches galt für den Beitrag, der dem Supercup am Dienstag vorgeschaltet wurde. Ein laues Gespräch mit Stefan Kretzschmar aus einem Biergarten, mehr nicht. Was der neue DSF-Experte dort mit "persönlichen Projekten" nebulös formulierte, erfuhr der Handballfan erst am nächsten Tag aus der "Sportbild": Spielerberater wolle er werden. Jene Sorte Mensch also, die er zuletzt noch als "Parasiten" gegeißelt hatte. In seiner neuen Rolle beim DSF, für das er auch morgen das Spiel der Hamburger in Großwallstadt kommentieren wird, hat diese Tätigkeit einen faden Beigeschmack. Wie will er seinen Klienten Christian Sprenger (THW Kiel) objektiv beurteilen. Oder die Leistungen von Silvio Heinevetter (Berlin)? Der Nationaltorhüter ist gar doppelt abgesichert, gehört doch auch Füchse-Manager Bob Hanning zum DSF-Team. Spannend auch, was Hanning einmal zum Rechtevermarkter IMG sagen wird, den er in Berlin bereits "als Versicherung gegen die Weltwirtschaftskrise" gefeiert hat. In Gummersbach wird IMG inzwischen mit ganz anderen Augen gesehen, gilt der Sponsorenfinder doch als einer der Gründe für die Notlage. 500 000 Euro Provision soll IMG bereits vor Saisonbeginn kassiert haben. Die Gegenleistungen sind gering, die Konten nun leer. Die Spieler warten noch auf das Juli-Gehalt und sollen auf 20 Prozent ihrer Bezüge gar ganz verzichten.

Abgesehen von den nervigen Querverweisen zu seinen Füchsen, kommt Hanning zumindest als Co-Kommentator gut an. Das lässt sich von "Kretsche" nicht behaupten. Der ehemalige Nationalspieler war beim Supercup mit seinem Kaugummi-Deutsch nur schwer verständlich und erreichte lediglich Stammtischniveau. So wusste er, dass HSV-Kreisläufer Igor Vori schon in einem Testspiel "einem eins aufs Maul gehauen" hatte. Melsungen? Total abhängig von einer "launischen Griechenfraktion". Fazit: Das Engagement des DSF in allen Ehren, aber ohne diese Experten und mit mehr Inhalt wäre es eine runde Sache geworden.

(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 05.09.2009)


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