03.12.2009 | Mannschaft |
Als Flügelflitzer auf der rechten THW-Angriffsseite hatte sich Menzel von 1994 bis Februar 2000 bundesweit einen wohlklingenden Namen erworben. Vom Nordrivalen SG Flensburg-Handewitt nach Kiel gewechselt, wurde der in Kamen geborene Linkshänder bei Noka Serdarusic Stammspieler, fünfmal Meister. Seine Karriere krönte Menzel 1999 mit der WM-Teilnahme in Ägypten. Ein Jahr später, gerade 32 geworden, ging nichts mehr. Stoppschild war jener Knorpelschaden, der sich seit einer Meniskusverletzung 1994 schleichend zur persönlichen Katastrophe entwickelt hatte.
Als es vorbei war mit dem Sport, folgte für Menzel ein Marathon durch Gerichtssäle und Paragrafen-Dschungel. Klagen gegen die Berufsgenossenschaft (BG), die den Schaden nicht als Berufsunfall akzeptieren wollte, verliefen erfolglos. Gutachter stritten, Menzel verzweifelte. Erst 2007 kam die "Anerkennung als Berufskrankheit". Beendet sind die Auseinandersetzungen nicht. Menzel wurde mit 15 Prozent Minderung eingestuft, Rentenanspruch gibt es erst ab 20 Prozent. "Eine neue Klage läuft" sagt er.
Bei seinem zweiten THW-Engagement aber blüht Michael Menzel wieder auf. "Ich fühle mich sehr wohl und bin dem THW sehr dankbar", betont der 41-Jährige. "Das ist der beste Verein der Welt, nicht jeder Club kümmert sich nach der aktiven Zeit so rührig um seine Spieler." An der Seite von Leiterin Sabine Holdorf-Schust durchläuft der Auszubildende alle Abteilungen über Ticketing, Verwaltung, Marketing oder Trainingsbetrieb.
Die Schatten der Vergangenheit sind trotzdem nicht vollends verflogen. Als die Hintergründe des Freitodes von Nationaltorhüter Robert Enke bekannt wurden, fiel Menzel in ein Loch. "Ich konnte nachempfinden, wie Robert gelitten haben muss", verrät er. Er selbst sei nach seinem erzwungenen Karriereende ebenfalls depressiv geworden. "Man sitzt zu Hause, ist antriebslos, mutlos und glaubt, dass man gar nichts mehr kann." Er habe geheult wie ein Schlosshund, als die Berichte über Enkes Leiden öffentlich gemacht worden seien. "Als es mir schlecht ging, bin ich nur mit der Hilfe meiner Frau Silvia aus dem Dunkel zurückgekommen."
Zweimal die Woche besucht der THW-"Azubi" die Berufsschule in Schleswig. Dort drückt er mit 17-, 18-jährigen Mitschülern die Schulbank. "Die haben mich gleich zum Klassensprecher gewählt", berichtet er. Und: "Natürlich fällt mir das Lernen schwerer als meinen jungen Mitstreitern. Aber ich habe Biss. Da kämpfe ich mich durch."
Bezahlt wird die Ausbildung von der Berufsgenossenschaft, Menzel bezieht ein Übergangsgeld. Lob gibt es von der Geschäftsstellenleiterin. "Michael macht das alles sehr gut, er ist ein sehr positiver Typ, passt prima in unser Team und kommt bei der Kundschaft an", sagt Sabine Holdorf-Schust.
(von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 03.12.2009)
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