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12.12.2009 Mannschaft

Kieler Nachrichten: Palickas Start in eine "zweite Karriere"

THW-Torhüter ist nach Verletzung zurück

Aus den Kieler Nachrichten vom 12.12.2009:

Feiert gegen Hannover sein Bundesliga-Comeback: Andreas Palicka.
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Kiel - Heute um 19 Uhr ist TSV-Hannover-Burgdorf THW-Gegner in Kiel (siehe Vorbericht). Eine Pflichtveranstaltung, von der jeder nur eines von den "Zebras" erwartet: einen klaren Sieg. Trotzdem sehnt Andreas Palicka diesen Abend herbei. Nach einer sehr schweren Verletzung und langer Pause soll die Rückkehr ins THW-Bundesligator ein Feiertag werden für den 23-jährigen Schweden.
Vor gut neun Monaten nämlich stand die Fortsetzung seiner Torhüterlaufbahn auf der Kippe. Begonnen hatte Palickas Leidensweg am 22. März in Norrköping. Beim Warmmachen vor dem EM-Qualifikationsspiel mit Schweden gegen Montenegro tauchte der junge Mann in die linke untere Ecke ab. Dabei fiel der Oberkörper übers Bein, begleitet von stechenden Schmerzen blieb Andreas Palicka mit einem "sehr schlechten Gefühl" liegen. Diesen furchtbaren Moment vergesse er nie, sagt er. "Ich kann mich sogar an die Hallenmusik erinnern, ein Technostück."

Die ersten Diagnosen klangen noch wenig dramatisch. Nach einer MRT-Untersuchung aber stand fest: Der große Bizepsmuskel, dazu ein kleiner, waren vom Sitzbein abgerissen worden. Erste Prognosen auf eine völlige Genesung taxierten Mediziner - wohlgemeint - auf 50 Prozent. Schwedens Nationaltorhüter, gerade erst in eine verheißungsvolle Zukunft gestartet, drohte das Karriereende - mit 22 Jahren.

Operiert wurde Palicka, der drei Tage vor dem Desaster seinen Vertrag in Kiel bis 2012 verlängert hatte, am 2. April in Malmö bei einem Spezialisten, Dr. Fredrik Nyqvist. Und: Die Hoffnung schimmerte heller. Der Arzt schätzte Palickas Heilungschancen auf 80 Prozent pro Leistungssport. Dennoch gerieten die ersten Wochen nach der OP zu einer einzigen Tortur, die er ohne seine Eltern in Schweden "und meine Freundin Sandra Meissner kaum gemeistert hätte. Ich konnte wochenlang nicht einmal allein die Toilette aufsuchen."

Zeit heilte die Wunden. In der Rehabilitation ging es langsam vorwärts. Das erste große Erfolgserlebnis stellte sich Anfang Juni ein, "da habe ich einen Fünfkilometerlauf schmerzfrei geschafft." Ansonsten bestimmte Monotonie den Trainingsalltag. Stundenlang Fahrrad fahren, Krafttraining, übers Sprungseil hüpfen. Häufig sei er nur noch traurig, müde und nachdenklich gewesen. "Außerdem saß ich auf der Tribüne und musste meiner Mannschaft zuschauen. Eine schwere Zeit für einen, der ein Testosteron-Mensch ist, der nur raus und spielen will."

Beim Zuschauen entwickelte sich aber auch eine Distanz zum Team, "die es erlaubt, Dinge genauer zu sehen und zu beurteilen". Nach dem Abschied von Kapitän Stefan Lövgren ("Ein toller Mensch und riesiger Handballer") habe sich in der Mannschaft etwas verändert, erkennt Palicka. "Ich vermisse Stefan, er hat unbemerkt so viel für uns getan, erst jetzt bekommen wir mit, was er alles erledigt hat." Nachfolger Marcus Ahlm, beeilt er sich zu sagen, sei ebenfalls ein prima Kapitän, "aber es dauert, bis man sich Respekt bei den anderen erworben hat, in diese Rolle muss man hineinwachsen".

Seinen ersten Testlauf hat Andreas Palicka gut überstanden. Zweimal stand er schon zwischen den Pfosten des THW-Junior-Teams in der Regionalliga. "Das war nicht einfach, hat aber sehr viel Spaß gemacht. Endlich war ich zurück im Tor." Fortan schnellte auch der Gute-Laune-Pegel steil nach oben. "Meine Freundin hat's sofort gespürt, sie ist wohl am glücklichsten."

Angst vor einer Wiederholung des Dramas hat der Schwede nicht. "Es gibt eine kleine Sperre, aber die muss ich Stück für Stück aus dem Kopf spielen." Defizite habe er noch im Konditionsbereich, daran wolle er in der Winterpause arbeiten. Danach möchte Andreas Palicka das neue Glücksgefühl mit in die wichtigen Spiele des kommenden Jahres nehmen. "Ich hoffe, dass ich Anteile bekomme, ein paar Bälle halte. Das gibt Selbstvertrauen." Und was ist mit seinem beim Amtsantritt in Kiel keck formuliertem Ziel, weltbester Handballtorwart werden zu wollen? "Natürlich", sagt er und wirft sich in seine während der Reha in die Breite gewachsenen Schultern. "Daran hat sich nichts geändert."

(von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 12.12.2009)


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