Aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", von living sports:
Peter Rauchfuß ist eigentlich ein gelassener Mann.
Doch nun schlägt der 62-jährige Ex-Referee Alarm: Den
deutschen Schiedsrichtern fehlt es an Nachwuchs.
Energisch wird Peter Rauchfuß immer dann, wenn es um die
Schiedsrichter geht. Kein Wunder, ist Rauchfuß - im Hauptberuf
PR- und Eventmanager einer Brauerei - doch seit 2002
DHB-Schiedsrichterwart. Mit der Erfahrung aus vier olympischen
Spielen und zehn Weltmeisterschaften an der Pfeife wacht er
über die deutschen Unparteiischen. Und er schlägt Alarm:
"Bedauerlicherweise gibt es keineswegs ausreichend Nachwuchs."
Dabei könne das deutsche Schiedsrichterwesen auf eine tolle
Saison zurückblicken. "Aber nach der aus deutscher Sicht
grandiosen
Weltmeisterschaft im Januar
und Februar standen die Schiedsrichter weit häufiger in der
Diskussion als uns lieb war. Leider blieben die
chiedsrichterleistungen oft im Verborgenen." Er wünsche sich,
so Rauchfuß, ein wenig mehr Anerkennung für die Zunft, die
Handball auf Spitzenebene überhaupt erst möglich mache.
Gleichwohl stünde die Gilde der Unparteiischen vor einer
ungewissen Zukunft. "Dadurch, dass durch den fehlenden
Nachwuchs die Quantität in Frage gestellt ist, besteht ständig
die Gefahr, dass auch die Qualität beeinträchtigt wird",
befürchtet der Schiedsrichterwart. Dieser Mangel an
"Fachpersonal" sei nicht nur im Ausbildungssystem begründet.
"Unser Problem ist, dass die jungen Leute kaum noch die Geduld
für eine lange Ausbildung mitbringen. Viele wollen schon nach
zwei oder drei Jahren in die Bundesliga. Das geht leider nur
in den seltensten Fällen." Denn auf die Ausbildung lege man
beim Deutschen Handball Bund großen Wert, so Rauchfuß. "Wir
laden unseren DHB-Kader und den Nachwuchskader zum so genannten
Stützpunkttraining ein. Das geschieht nun in den Monaten von
November bis Februar. Die Auswahlkriterien sind ebenso wie die
Regeln streng. Wer einmal fehlt, wird gerügt, wer dreimal nicht
anwesend ist, fliegt raus." Doch auch zu Hause müssten die
Schiedsrichter weiter hart trainieren, um sich für eine mögliche
Karriere zu rüsten: "Wir wünschen uns zum Beispiel, dass
Schiedsrichter regelmäßig an Trainingseinheiten von Erst-,
Zweit- oder Regionalligisten teilnehmen, damit sie ein
entsprechendes Spielverständnis entwickeln und in den
entscheidenden Momenten klarer entscheiden können."
Bis es erst einmal soweit sei, so Rauchfuß, habe man als
Nachwuchs-Schiedsrichter aber einen langen Weg zurück zu
legen. Dieser beginne natürlich in der Grundausbildung mit
dem Erlernen des kompletten Regelwerks. Dann gebe es
zahlreiche Weiterbildungen. "Und natürlich gehört auch
eine körperliche Fitness dazu, die in regelmäßigen
Abständen immer wieder überprüft wird." Mit 18 Jahren,
empfiehlt Rauchfuß, könne man als Schiedsrichter einsteigen.
Dabei nimmt der Schiedsrichterwart auch die Landesverbände
in die Pflicht, damit die jungen Kandidaten nach ersten
Misserfolgen nicht gleich wieder abspringen: "Die Betreuung
vor allem nach Spielen, die vielleicht nicht ganz so gut
gelaufen sind, ist extrem wichtig. Dann brauchen die jungen
Leute Beistand."
Rauchfuß' Stimme wird lauter, wenn er von einem ganz anderen
Problem der Schiedsrichter spricht. "Die jungen Referees haben
immer mehr mit mangelndem Respekt gegenüber ihren Personen zu
kämpfen. Das ist in den vergangenen Jahren immer schlimmer
geworden. Was sich Schiedsrichter bei Kinder- oder Jugendspielen
nicht selten auch von den Eltern der jungen Spieler anhören
müssen, ist schon bedenklich." Und das, obwohl die meisten
Unparteiischen nhezu ehrenamtlich pfeifen. "Mehr Geld wird es
für die Referees vorerst nicht geben." Rauchfuß fordert deshalb
die lokalen Vereine auf, für eine Gleichstellung der
Schiedsrichter mit den Spielern zu sorgen: "In Sachen Ausrüstung,
Trainingsanzüge oder anderen Sportutensilien dürfen sie nicht
hinter den Aktiven zurückstehen. Schließlich tragen die
Schiedsrichter auch Verantwortung."
(aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", von living sports)