Aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", von living sports:
Groß war die Erleichterung am Tag nach dem
letzten Heimspiel gegen die HSG Wetzlar:
Nicht nur die zwei hart erkämpften Punkte sorgten für Freude
auf der THW-Geschäftsstelle. Vielmehr versetzte die Unterschrift
von Trainer
Alfred Gislason unter die
Verlängerung seines Vertrages die Zebra-Verantwortlichen in
Hochstimmung.
Mit einem breiten Lächeln auf dem Gesicht setzte
Alfred Gislason schwungvoll seine
Unterschrift unter das Vertragswerk: Der Isländer verlängerte
seinen ursprünglich bis 2011 datierten Vertrag vorzeitig um
drei weitere Jahre bis zum 30. Juni 2014. Doch die Besiegelung
des neuen Kontraktes war für den THW Kiel mehr als nur die
Festlgeung auf nackte Zahlen: "Die Vertragsverlängerung sichert
uns Kontinuität", freute sich THW-Geschäftsführer
Uli Derad. "Dies ist ein ganz
wichtiger Schritt und ein Zeichen für den THW Kiel und die
Mannschaft, dass wir auch weiterhin erfolgreich sein werden",
fügte
Derad an. Und auch
Aufsichtsrats-Chef Klaus-Hinrich Vater konnte und wollte sich
ein Lächeln nicht verkneifen: "Wir sind froh, dass wir uns die
erfolgreiche Arbeit des Trainers weiter sichern konnten."
Dieser Schritt mache eine langfristige Planung deutlicher
einfacher. "Und die Vertragsverlängerung zeigt auch das
Vertrauen von
Alfred Gislason in die
Strukturen des THW." Der Verein, so Vater weiter, habe schon
früh den Wunsch geäußert,
Alfred Gislason
langfristig an den THW zu binden. "Es war nicht schwer, ihn
von diesem Schritt zu überzeugen", fügte der Aufsichtsratsvorsitzende
schmunzelnd an.
Tatsächlich hatte der Isländer, der im Juni 2008
vom VfL Gummersbach an die Förde wechselte, immer betont: "Ich
habe nie einen Hehl daraus gemacht, dass ich bleiben möchte. Der
THW ist ein außergewöhnlicher Club, zu dem es für mich keine
Alternative gibt." Und offenbar können sich auch die Fans nach
nur etwas mehr als einem Jahr Alfred Gislason
in Kiel keinen anderen Trainer mehr für ihre Zebras vorstellen.
Im Forum der offiziellen THW-Homepage unter archiv.thw-handball.de
drückten kurz nach Bekanntgabe viele Fans ihre Freude über die
Vertragsverlängerung aus. Die Anhänger der Zebras haben "ihren"
Trainer längst ins Herz geschlossen - was offenbar nicht nur an
zahlreichen Erfolgen Gislasons in seinem
ersten THW-Jahr liegt: Er holte das Double aus Meisterschaft und
Pokal, führte die Kieler ins Champions-League-Finale und ist auch
in der aktuellen Spielzeit mit den Zebras wieder auf Erfolgskurs.
Ungeschlagen führen die die Tabellen in der Königsklasse und der
TOYOTA Handball-Bundesliga an. Der 190-fache Nationalspieler, der
auch schon in Magdeburg und Gummersbach erfolgreich arbeitete,
scheint beim THW Kiel einfach seine Bestimmung gefunden zu haben
- das merken Spieler, Verantwortliche und natürlich auch die Fans
gleichermaßen. Und für eine "Ära Gislason"
ist auch noch genügend Zeit: Bis zum 60. Lebensjahr, so der 50-jährige
Gislason, möchte er Bundesliga-Trainer
bleiben. Da bleibt noch viel Zeit für Erfolge ...
- ZEBRA:
-
Herr Gislason, wie fühlt es sich an,
die Vertragsverlängerung gerade unterschrieben zu haben?
- Alfred Gislason:
-
Ich freue mich sehr, denn es gibt nichts Vergleichbares in der
Handballwelt. Ich habe schon viele Stationen bei einigen Topklubs
hinter mir - der THW Kiel ist national wie auch international
einzigartig, einen besseren Klub gibt es nicht. Ich bin sehr stolz,
weiterhin und langfristig mit dem THW Kiel arbeiten zu dürfen. Für
einen Handballfanatiker wie mich ist das traumhaft. Für mich war es
deshalb auch nie ein Thema, meinen Vertrag hier nicht zu verlängern.
Schließlich kommt in Kiel alles zusammen: der Verein, die Stadt, die
stets volle Halle. Handball ist in Kiel immer ein zentrales Thema.
- ZEBRA:
-
Sind Sie erleichtert über diese frühzeitige Weichenstellung für Ihre Zukunft?
- Alfred Gislason:
-
Ich habe diese Vertragsverlängerung immer locker gesehen, aber
erleichtert bin ich insofern, dass es jetzt keine Unsicherheiten mehr
gibt. Aber ich hätte auf diese Unterschrift auch gut noch ein Jahr
warten können, und die Verantwortlichen hätten darauf vertrauen können,
dass ich mit keinem anderen Verein verhandelt hätte. Ich habe von
Anfang an immer gesagt: Ich möchte hier so lange wie möglich meine
Leistungen bringen und Erfolg haben - dafür gebe ich immer einhundert
Prozent. Aber ich brauche keinen langfristigen Vertrag. Ich würde immer
alles dafür geben, die Erfolgsgeschichte des THW Kiel fortzuschreiben.
- ZEBRA:
-
Was hat Sie dann doch zu diesem Schritt bewogen?
- Alfred Gislason:
-
Für alle Spieler ist es wichtig, wer zukünftig ihr Trainer sein wird
und mit wem sie zusammen arbeiten werden, wenn sie sich langfristig an
einen Verein binden. Der Klub, die Spieler und letztlich auch ich brauchen
Planungssicherheit. Wenn ich mit einem potentiellen Neuzugang spreche, ist
es immer seine erste Frage, ob ich auch in den kommenden Jahren seines
möglichen Vertrages beim THW Kiel sein Trainer sein werde. Für die Spieler
macht es einen großen Unterschied, ob es der Trainer ist, der sie einst
haben wollte, oder nicht.
- ZEBRA:
-
Wie fällt Ihr erstes sportliches Zwischenfazit bis zum heutigen Tage aus?
- Alfred Gislason:
-
Das zurückliegende erste Jahr war durch viele Umstände kein leichtes,
aber doch ein sehr erfolgreiches. Im Sommer ist ein Umbruch eingeläutet
worden, mit Lövgren, Karabatic
und Kavticnik haben wir drei ganz wichtige
Spieler verloren, im Gegenzug aber auch ein paar klasse Jungs dazu gewonnen.
Bislang haben wir diesen Umbruch gut gemeistert, allerdings ist er noch
immer nicht abgeschlossen. Das wird wohl auch noch die gesamte nächste
Saison dauern. Dass immer ein, zwei Leute kommen und gehen, ist dabei eine
kontinuierliche Sache. Aber alle Spieler auf der wichtigen Mittelposition
auf einen Schlag auszutauschen, ist schon heftig - zumal wir zunächst auf
den verletzten Börge Lund verzichten mussten,
Daniel Narcisse ohne Vorbereitung zu uns kam
und Aron Palmarsson zwar ein Riesentalent ist,
aber sich mit seinen jungen 19 Jahren erst in der Bundesliga beweisen muss.
Wir sind noch nicht so stabil wie im vergangenen Jahr, aber trotzdem schon
ziemlich stabil. Ich bin sehr stolz, mit dieser Mannschaft zu arbeiten, ein
tolles Team. Ich hoffe, ich kann ihr dieses in mich gesetzte Vertrauen
zurückgeben.
- ZEBRA:
-
Wie stehen die Aussichten?
- Alfred Gislason:
-
Es stehen schöne, aber auch schwere Zeiten vor uns. Denn die Konkurrenz
rüstet natürlich auch auf. Aber durch die Neustrukturierungen und nicht
zuletzt durch unser Personal sind wir gut aufgestellt. Perspektivisch
betrachtet haben wir eine relativ junge Mannschaft, wahrscheinlich die
jüngste aller Spitzenmannschaften - setzt man Peter Gentzel
auf die Tribüne, dann sinkt das Durchschnittsalter sogar noch um
mindestens ein Jahr ... (lacht)
Erfolg ist von so vielen Faktoren abhängig. Verletzungen von
Schlüsselpersonen können entscheidend sein. Ich denke deshalb nur von
Spiel zu Spiel und will jedes einzelne gewinnen - und so wird es
vermutlich endlos weitergehen.
- ZEBRA:
-
Woher kommt die Konkurrenz?
- Alfred Gislason:
-
Jeder von uns will immer alles gewinnen, so geht es allen von uns -
auch der Konkurrenz. Der THW Kiel hat in den vergangenen Jahren
Kontinuität beispielhaft vorgelebt und wurde dafür mit Titeln belohnt.
Aber Titel einkalkulieren kann man nicht. Wir kämpfen nach wie vor
gegen Klubs mit großen privaten Geldgebern im Rücken. So konnte der
HSV im Sommer ohne große Transfererlöse zwei weitere Weltklasseleute
verpflichten, die Rhein-Neckar Löwen haben auch sehr viel investiert,
ebenso Lemgo. Allerdings hat der TBV sich noch nicht gefunden. Unsere
Aussichten sind gut, aber die Konkurrenz ist riesig.
- ZEBRA:
-
Schweift der Blick nicht insgeheim schon nach Europa?
- Alfred Gislason:
-
Natürlich. Ciudad Real hat eine super Mannschaft, hängt aber natürlich
sehr von einem Milliardär ab. Barcelona scheint mit sehr viel Geld im
Rücken mächtig und um jeden Preis aufrüsten zu wollen. Sie sind nahezu
an jedem Spieler dran, der nur mit einem Bein auf dem Markt ist. Was
mich ärgert: Im vergangenen Jahr steckte sehr viel Unfaires in den
medialen Attacken auf den THW Kiel - und das hat noch kein wirkliches
Ende genommen. So werden oftmals auch Einzelpersonen stark beeinflusst.
So haben wir kein anderes Mittel, als mit guter Arbeit und guten
Ergebnissen zu überzeugen. Doch das ist im vergangenen Jahr in der
Presse leider untergegangen. So hatte Daniel Narcisse
beispielsweise finanziell deutlich höher dotierte Angebote und hat sich
trotzdem für den THW Kiel entschieden - nicht ohne Grund. Die Summen,
die in diesem Zusammenhang in der Öffentlichkeit herumgeisterten, entbehrten
jeder Grundlage und waren reine Spekulation, das nervt schon. Unsere
Stärke ist es, dass wir nicht von Einzelpersonen abhängig sind, die
irgendwann keine Lust mehr auf uns haben. Natürlich werden Jahre kommen,
in denen andere Mannschaften Meister werden und Titel holen, doch der
THW Kiel wird immer mit in der Spitze sein.
- ZEBRA:
-
Haben Sie Ihre Wunschspieler beisammen?
- Alfred Gislason:
-
Es ist nicht einfach, darauf zu antworten. Denn Interpretationen werden
immer als Unzufriedenheit ausgelegt. Um weiter erfolgreich zu sein, werden
wir natürlich immer versuchen, frühzeitig an den größten Talenten dran zu
sein und wichtige Spieler mit Weltklasseformat an uns zu binden. Ich bin
jedoch sehr zufrieden mit dem aktuellen Kader. Wir sind gut besetzt,
andere Mannschaften aber auch, schließlich ist die Bundesliga eine Art
Weltliga.
- ZEBRA:
-
Wie steht es um Vertragsverlängerungen und Neuzugänge?
- Alfred Gislason:
-
Natürlich gehen wir mit wachen Augen durch die Welt, aber noch ist es
zu früh, um darüber zu sprechen.
- ZEBRA:
-
Wie muss die Saison weiter verlaufen,
damit Sie am Ende genauso zufrieden sind wie heute?
- Alfred Gislason:
-
Tja ... zufrieden ist man letztlich nur, wenn man den Titel hat. Wir
sind alle professionelle Sportler und wollen unsere Spiele immer
gewinnen. Noch besser wäre es natürlich, wenn wir auf dem Weg dahin
guten Handball zelebrieren. Ohne wird es keine Zufriedenheit geben.
(Das Gespräch führte Sascha Klahn, aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", von living sports)