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13.01.2010

Kieler Nachrichten: Schwenke will "Nebel lichten"

Ex-Handballer starker Mann bei Holstein

Aus den Kieler Nachrichten vom 13.01.2010:

Costa Ballena - Er ist eine stattliche Erscheinung, breitschultrig und blond. Blauäugig ist er zwar auch, aber nicht im übertragenen Sinne. Wolfgang Schwenke weiß genau, wohin er die KSV Holstein führen möchte. Der kaufmännische Geschäftsführer wirkt im Trainingslager des Fußball-Drittligisten in Andalusien wie der neue starke Mann der Kieler.
Diese Bezeichnung hört der 41-Jährige nicht gerne, doch sie passt zur aktuellen Situation bei den "Störchen", die ihre vor Weihnachten forcierte Suche nach einem Sportlichen Leiter auf Eis gelegt haben. Die Stelle soll zwar bis zum Frühjahr besetzt sein, doch Schwenke stuft den Findungsprozess als "nicht dringlich" ein: "Wir haben andere Baustellen zu bearbeiten."

Die erste hat der ehemalige Handballer, der nach seiner erfolgreichen Trainerstation beim Champions-League-Halbfinalisten Rhein-Neckar-Löwen am 4. August 2009 die Sportart und das Aufgabenfeld wechselte, zum Jahresende abgeschlossen. Den Transfer des Stürmers Massimo Cannizzaro von Erfurt nach Kiel wickelte Schwenke im Alleingang ab. Gut möglich, dass er in Absprache mit Trainer Christian Wück bis zum Ende der Wechselperiode am 31. Januar noch eine weitere Verstärkung holt. Dabei ist der Betriebswirt eingestellt worden, um kaufmännische Abläufe zu steuern und um im Marketingbereich Strukturen zu schaffen. Doch nun kümmert er sich halt auch noch mit der ihm eigenen Konsequenz um den Sport und behauptet: "Das macht mir Spaß."

Anderen womöglich weniger. Der Berater von Massimo Cannizzaro soll weitaus höhere finanzielle Vorstellungen für seinen Klienten gehabt haben. Wolfgang Schwenke bot jedoch nur einen leistungsbezogenen Vertrag an, er wollte einen ehrgeizigen Stürmer. Dazu passt eine Geschichte, die man ihm heute noch in Mannheim hoch anrechnet. Vor dem Champions-League-Heimspiel gegen Zagreb klagte Löwen-Kreisläufer Andrej Klimovets über Nackenprobleme und wies Schwenkes Bitte ab, die Schmerzen mit einer Spritze zu lindern. Am Tag darauf, das Bundesligaduell mit Stralsund vor Augen, meldete sich der Nationalspieler wieder fit, doch Schwenke strich ihn trotz der Fürsprache von Manager Thorsten Storm aus dem Kader. Klimovets wiederum hatte verstanden, fortan fehlte er nicht mehr.

"Ich will Ziele erreichen, dafür investiere ich viel", lautet Schwenkes Credo. Die Zweite Bundesliga ist so ein Ziel, daran hält er fest, obwohl er die sportliche Situation auf einem Abstiegsplatz als "gefährlich" einstuft. "Wir wissen aber, dass unser Kader die Qualität hat, um da unten raus zu kommen." Deshalb entwickelt er unverdrossen Projekte wie eine Mitgliedskarte, mit denen ihr Besitzer bei diversen Partnern Rabatte erhält, oder ein blinkendes Holstein-Herz zum Anstecken. Damit will er Emotionen verbinden. "Um die geht es doch im Fußball, die müssen wir in ganz Schleswig-Holstein wecken."

Fußball in der Handball-Stadt Kiel - das ist gemessen an seinen Vorstellungen noch eine Emotions-Wüste, und der ehemalige THW-Spieler weiß, dass alle noch so schönen Marketingmaßnahmen daraus keine blühende Landschaft machen. Die Mannschaft muss erst erstarken, bevor seine Ideen auf fruchtbaren Boden fallen können. "Holstein Kiel ist eine Marke, um die noch ein bisschen Nebel herum ist", sinniert Schwenke, "diesen Nebel will ich lichten."

(Von Gerhard Müller, aus den Kieler Nachrichten vom 13.01.2010)


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